Werder gewinnt 3:1 beim FSV:Der Sechs-Minuten-Schock

1. FSV Mainz 05 - SV Werder Bremen

Bremens Doppeltorschütze Anthony Ujah (39., 44.) auf dem Durchmarsch Richtung Mainzer Tor.

(Foto: Torsten Silz/dpa)

Drei schnelle Tore bringen Mainz aus der Fassung. Bei den Bremern dagegen ist durch den Auswärtssieg die Position von Trainer Viktor Skripnik wieder gestärkt.

Von Tobias Schächter, Mainz

Als die drei Alphornbläser aus dem Wallis in der Halbzeitpause bereit für ihren Auftritt waren, herrschte in der Arena große Ungläubigkeit. Sechs Minuten, bevor die Landsleute des Schweizer Trainers Martin Schmidt den Rasen betraten, hatte es ja noch 0:0 gestanden zwischen Mainz und Werder Bremen. Doch zwischen der 39. und 45. Minute erlebten die Gastgeber eine der bittersten Phasen ihrer Bundesliga-Geschichte: Zwei Tore durch den ehemaligen Nullfünfer Anthony Ujah (39., 44.) - jeweils nach Flanke von Santiago Garcia - und einen Treffer von Fin Bartels (45.). Plötzlich hatte sich ein langweiliger, trüber Kick in ein turbulentes 3:0 für Werder verwandelt. Und die Töne aus dem Wallis klangen schon in der Pause wie ein Abgesang.

Die zweite Halbzeit hatte dann auch nicht mehr viel zu bieten, zu mehr als zum 1:3-Endstand durch den Japaner Yoshinori Muto (89.) kam es nicht. Immerhin habe seine Elf den Charaktertest nach Wiederanpfiff bestanden, so das Schmidts Fazit. Da habe sein Team gezeigt, dass es nicht so schlecht sei wie beim Kurz-vor-der-Halbzeit-Schock. "Wir haben heute in sechs Minuten so viele Fehler gemacht wie es eigentlich nicht mal möglich ist, wenn man die Fehler extra machen will", sinnierte Schmidt.

Präsident Strutz will um Manager Heidel kämpfen

Ein Bruch ins Mainzer Spiel kam sicher durch die Auswechslung von Mittelfeldterrier Danny Latza, der mit Verdacht auf Bruch des linken Unterarms ausgewechselt wurde (35.). Die Diagnose wurde später korrigiert: Es ist eine Verstauchung. Den Bruch gab es nur im Mainzer Spiel. "Unsere Umstellungen haben einfach nicht gut geklappt", klagte Schmidt.

Mainz verlor ein wichtiges Spiel und muss nun mit zwölf Zählern aus zehn Spielen wieder nach unten in der Tabelle schauen. Zudem fällt die Niederlage in eine Führungskrise des Klubs, nachdem ein Angebot für Manager Christian Heidel vom FC Schalke öffentlich wurde. Am Rande des Spiels erklärte FSV-Präsident Harald Strutz erstmals, dass er und seine Vorstandskollegen alles daran setzen wollen, um Heidel zu halten. Heidel wiederum sagte, dass er dem Klub nie Schaden zufügen werde und seinen Vertrag bis 2017 respektieren wolle. Er habe auch nie um die Freigabe aus dem Kontrakt gebeten. Ohnehin, so Heidel, würde er den Klub, den er in den letzten 23 Jahren federführend zu einem etablierten Erstligisten entwickeln konnte, nur verlassen, wenn er das Gefühl habe, es sei beim FSV alles geordnet. Dies sei im Moment nicht der Fall, musste Heidel am Samstagnachmittag erkennen.

Torschütze Ujah fällt seinem Trainer um den Hals

Das ist eine Geschichte, die den Bremern weitgehend egal sein konnte. Sie gewannen erstmals nach fünf Niederlagen ein Spiel. "Jetzt heißt es durchpusten", so Werder-Manager Thomas Eichin. Mit dem Erfolg ist zunächst einmal etwas Druck aus der Trainerdebatte um Viktor Skripnik raus. Druck, den er jüngst mit einer Wutrede nach dem 0:1 gegen den FC Bayern selbst entwickelt hatte. "Jetzt war der Sieg in Mainz wichtig für uns alle", so der Ukrainer: "Werder Bremen ist mein Verein seit 20 Jahren." Eichin erklärte in Mainz beruhigend, er wisse um das gute Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer. Dazu brauche es keine großen Gesten. Ujah war nach dem 1:0 seinem Trainer wild um den Hals gefallen.

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Weil seine Auswahl den Bayern lange Paroli geboten hatte, griff Skripnik auf die selbe taktische Formation zurück. Mit dem auf Balleroberung ausgelegten 4-1-4-1 kamen die Mainzer nicht zurecht. Heute habe man wieder gesehen, was es ausmache, wenn man auf Zweikampfstärke und Leidenschaft setze, sagte der starke Kapitän Clemens Fritz.

Auch die Mainzer müssen nun schnell wieder Spannung aufbauen, am Dienstag kommt Zweitligist 1860 München zum Pokalspiel in die Arena. "Wir dürfen nicht zu viel in die sechs Minuten hineininterpretieren. Wir werden das kurz analysieren, dann geht es weiter", sagte Schmidt und gab zu: "Viktors Plan ist heute besser aufgegangen als meiner." Er klang ein bisschen deprimiert. Es waren schwere Töne wie aus einem Alphorn.

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