Werder Bremen:Die Rache der Ehefrau

Weil in Peru eine Liebe erlosch, geraten Werder Bremen, der einstige Aufsichtsrat Jürgen Born und Stürmer Claudio Pizarro in Erklärungsnot.

Javier Cáceres

Vor ein paar Jahren noch schwärmte Fiorella Faré in den Klatschmagazinen ihrer peruanischen Heimat von den romantischen Ausflügen mit ihrem Gatten, dem Fußballunternehmer Carlos Delgado. 1996 hatten sie einander kennengelernt. Er war Juror bei der Miss-Peru-Wahl. Sie nahm hin, dass sie bloß Zweite wurde, denn sie eroberte Delgados Gunst. Briefchen flogen hin und her, man traf sich zum Eisessen, nach einem Jahr folgte die Hochzeit und eine verträumte Reise nach Europa. Engumschlungen ließ man sich vor den Gondeln in Venedig fotografieren.

Claudio Pizarro

Claudio Pizarro nach seinem Treffer gegen den VfB Stuttgart.

(Foto: Foto: dpa)

Doch seit die Liebe erkaltet ist sorgt Farés erbitterter Kampf um angemessene Alimente in Peru täglich für Erschütterungen. Und die Ausläufer sind besonders im fernen Norddeutschland, in Bremen, zu spüren. Aufmerksam wurde in Lima verfolgt, dass Werders Vorstandsvorsitzender Jürgen Born, 68, am Freitag zurückgetreten war, belastet vom Vorwurf rätselhafte Geldtransfers mit Delgado. Born soll beim Wechsel des Peruaners Roberto Silva (2001), sein Sohn Maximilian bei der Vertragsverlängerung des Paraguayers Nelson Valdez (2003) begünstigt worden sein. Beide bestreiten die Vorwürfe.

Unter verstärkten Druck ist auch Werders peruanischer Stürmer Claudio Pizarro geraten. Untersucht wird, ob sich Pizarro an die Regularien des Fußball-Weltverbands Fifa gehalten hat, wonach ein aktiver Profi - bei Androhung hoher Strafen - nicht als Spielerberater tätig werden darf. Untersucht wird in Peru aber besonders, ob sich Pizarro in seiner Heimat wegen Beteiligung an Delikten wie Geldwäsche und Steuerhinterziehung von mindestens zehn Millionen Dollar strafbar gemacht hat.

Denn wie sich im Laufe der Ermittlungen herausstellte, ist Pizarro nicht nur der Paradeklient von Delgados Spielervermarktungsfirma Image, sondern auch deren Teilhaber. Frau Faré wiederum will der Justiz in Peru brisante Dokumente übergeben: Sie belegen angeblich, dass Delgado/Image einige Transfers über eine panamesische Briefkastenfirma abgewickelt und so Teile der Einnahmen an Perus Fiskus vorbeigeschleust hat. Faré erhebt Anspruch auf ihren Anteil.

Mittlerweile hat sich Perus oberster Anti-Korruptions-Staatsanwalt, Jorge Luis Caldas, der Sache angenommen. Er will das Delgado-Imperium durchleuchten und auch Pizarro vernehmen - in Lima. Caldas' Fragen sind offenbar zu umfangreich, als dass eine Befragung durch Konsularbeamte in Deutschland in Frage käme. Nachvollziehbar ist das, Pizarros Beziehung zu Delgado ist komplex. Sie unterhalten nicht nur Image gemeinsam, sondern auch Gastronomiebetriebe, eine Disco und Rennpferde.

Überhaupt drängt sich in Peru der Eindruck auf, dass Pizarro nur schrittweise mit der Wahrheit herausrückt. Dass er stiller Teilhaber von Image ist, sorgte in Peru für Verblüffung. Brisant ist deshalb ein Dokument, das Bild am Sonntag veröffentlichte. Demnach übernahm Pizarro am 18. Juli 2001 einen 30prozentigen Anteil an den Rechten an Landsmann Silva. Image hält auch die Rechte an anderen Nationalspielern - unterlag Pizarro also in der Vergangenheit einem massiven Interessenkonflikt, als er Kapitän der Nationalelf war?

"Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung gebeten, bei der Fifa zu überprüfen, wie genau die Regularien sind", sagt Willi Lemke, Aufsichtsratsvorsitzender des SV Werder. Längst ist fraglich, ob der vom FC Chelsea ausgeliehene Stürmer Pizarro über das Saisonende gehalten werden kann. Bisher schien das Werders feste Absicht zu sein. "Wenn er sich strafbar gemacht haben sollte, wäre das etwas anderes", so Klubmanager Klaus Allofs.

Dass die Sorgen bei Werder eher größer werden, ist nachvollziehbar. Doña Fiorella sitzt nach eigenen Angaben auf Tausenden Dokumenten, die Delgado kompromittieren. "Dieser Fall ist mein neuer Beruf, mein Lebensinhalt: Ich stehe auf Kriegsfuß", sagte sie der Zeitschrift Caretas. Und so werden scheibchenweise trübe Geschichten publik. Am Wochenende schrieb die Zeitung Perú21, dass der Provinzklub Cienciano del Cusco beim Transfer des Image-Klienten Santiago Acasiete zum spanischen Erstligisten Almería bloß 140000 Dollar kassierte. Bemerkenswert deshalb, weil die Spanier 640.000 Dollar angewiesen haben wollen. Wo blieben 500.000 Dollar?

Zur Erinnerung: Schon rund um den Silva-Transfer hatte es geheißen, dass die Kontoeingänge in Peru und die Kontoausgänge in Bremen nicht deckungsgleich waren. Sporting Cristal Lima erklärte, für Silva eine Einnahme von nur 250.000 Dollar verbucht zu haben. In Bremen gingen angeblich 1,6 Millionen Dollar heraus (1,3 Millionen Euro). Ins Zwielicht geriet darob ein Geschäft des damaligen Sporting-Cristal-Präsidenten Francisco Lombardi. Einem Pressebericht zufolge verkaufte er in der Zeit rund um den Silva-Transfer eine Immobilie an Pizarro - für 315.000 Dollar. Ein Jahr zuvor hatte Lombardi für das gleiche Gebäude 240.000 Dollar hingelegt. 31 Prozent Wertsteigerung in zwölf Monaten? "Ein öffentliches und legales Geschäft", empörte sich Lombardi.

Auch Perus Nationaltrainer José Del Solar geriet zwischenzeitlich in Bedrängnis, Claudio Pizarro überwies ihm 10.000 Dollar. "Für die Pflege eines 2001 gemeinsam erworbenen Pferdes", sagte Del Solar. Er immerhin kann darauf verweisen, dass er mit Pizarro verkracht ist. Im November 2007 war Pizarro am Rande eines Länderspiels mit einem Gelage aufgefallen, anschließend hat Del Solar ihn nie wieder berufen. Auch für die anstehenden WM-Qualifikationsspiele gegen Chile und Brasilien wurde Pizarro von Del Solar ausdrücklich nicht eingeladen - trotz der Tore, die er jüngst für Werder erzielte. Vermutlich aber wird er doch bald in die Heimat müssen.

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