Werder Bremen:Denkmalpflege

Gelsenkirchen 24 01 2016 Veltins Arena Fußball Clemens Fritz Werder FC Schalke 04 Werder Brem

Läuft viel, flankt oft - und trifft jetzt sogar das Tor: Clemens Fritz.

(Foto: Moritz Müller/imago)

Der 35 Jahre alte Clemens Fritz und der noch zwei Jahre ältere Claudio Pizarro spenden dem SV Werder Bremen neue Hoffnungen im Abstiegskampf der Bundesliga.

Von Philipp Selldorf

Erhellender Dialog im Keller des Schalker Stadions, am Sonntag um viertel vor acht. Reporter: "Clemens Fritz, nach langer Zeit haben Sie mal wieder ein Tor erzielt . . ." Fritz: "August 2011." Reporter: "Gegen Freiburg." Fritz: "Kopfballtor."

Ja, es war schon ein besonderes Tor, das Clemens Fritz am Sonntag in Gelsenkirchen zum ziemlich unvermuteten 1:1 vor der Pause gelungen war: Es war besonders schön, aus 17 Metern ins rechte Toreck, unhaltbar. Es war besonders wichtig, und es war eines von besonders seltener Art. 115 Partien sind seit seinem letzten Treffer vergangen. Das Besondere im Besonderen lag aber darin, dass Fritz, 35, nicht nur selber traf, sondern auch die beiden anderen Treffer einleitete, die Führung durch Claudio Pizarro und das 3:1 durch Anthony Ujah, die eine Flanke schlug er gefühlvoll vom rechten, die andere vom linken Flügel.

In so einem Fall spricht der distinguierte Fachmann von Omnipräsenz, Bremens Trainer Viktor Skripnik begnügte sich jedoch mit freudigem Staunen: "Clemens hat sich entschieden, am Saisonende aufzuhören. Vielleicht genießt er es jetzt, dass er mal ohne Druck spielen kann." Weniger gestaunt hat der Coach über den anderen auffälligen Oldie in seinem Team: Auch Pizarro, 37, hatte ja auf seiner verkappten Spielmacherposition eine erlesene und geistreiche Leistung geboten. Was immer er tat - es war das Richtige. Skripnik bemerkte dazu lediglich dies: "Pizarro ist Pizarro".

Clemens Fritz ist natürlich nicht nur danach gefragt worden, wie ihm dieses Tor gelungen war ("Keine Ahnung - offensichtlich hat der Schuss heute irgendwie gepasst"), sondern auch nach seinem Beschluss, die Karriere im Sommer zu beenden. Eine Revision der Entscheidung ist jedoch nicht zu erwarten, Fritz will bei guter Gesundheit abtreten und sich dem Bremer Publikum nicht als Altlast präsentieren. Seine Vorgesetzten planen auch nicht, ihm diesen Vorsatz noch mal auszureden. "Clemens ist für sein hohes Alter wirklich enorm fit, aber er hat eben seine Entscheidung getroffen, und dann ist das halt so", sagte Manager Thomas Eichin.

Noch hat der SV Werder im Übrigen andere Sorgen als Aspekte der Denkmalpflege. Der Abstiegskampf sei mit dem Sieg in Schalke nämlich keineswegs beendet, ließ Eichin treffend wissen. Dass dieser Tag auch deutlich weniger glamourös hätte enden können, das wollte auch Clemens Fritz, der Held des Tages, nicht bestreiten: "Wir hatten heute sicherlich das Glück des Tüchtigen - wobei die Tüchtigkeit erst später hinzukam." Erst sein Ausgleichstor machte den Weg zur Wende frei.

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