Werder Bremen:Buxtehuder Bauchmensch

Werder Bremen stellt Interimscoach Alexander Nouri vor

Werder-Raute auf dem Pullover und im Herzen: Alexander Nouri betreut vorerst das kriselnde Bundesliga-Team.

(Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Bremens Interimstrainer Nouri will "die Herzen der Spieler" erreichen. Vor dem Heimspiel gegen Mainz stehen vor allem Gespräche auf dem Programm.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Was ist das Wichtigste, wenn man eine Mannschaft übernimmt, die in den vergangenen Wochen die schlechtesten Auftritte aller Bundesligisten geliefert hat? Alexander Nouri, 37, seit einem Jahr Besitzer der Trainer-Lizenz und seit 2014 Chef des Drittliga-Teams von Werder Bremen II (auch dabei als Nachfolger von Viktor Skripnik), sagt: "Ich muss in die Herzen der Spieler reinkommen." Nouri will daher bis Mittwoch, wenn das verunsicherte Bremer Bundesligateam daheim gegen Mainz 05 erneut die ersten Punkte gewinnen möchte, viele Gespräche führen. Er will mit den Profis zusammen die Strategie festlegen: "Jeder ist eingeladen, alles rauszuhauen", sagt der in Buxtehude aufgewachsene Deutsch-Iraner, der daran glaubt, dass Profis mit Eigenverantwortung zu besseren Leistungen fähig sind.

Mainz könnte das einzige Spiel mit Nouri als Chefcoach sein

Jedes Mal, wenn er die Fans rund um das Weserstadion sehe, sei er ergriffen, wie die Menschen in der Stadt diesen Verein lieben, sagt Nouri bei seiner Vorstellung am Montag. Man müsse auf dem Platz "eine klare Botschaft an die Menschen senden, dass wir unseren Job als starkes Team machen". Auch Nouri besitzt - wie sein glückloser Vorgänger Skripnik - das Werder-Gen. Seit er 15 Jahre alt ist, hat er das Fußballspielen bei Werder gelernt. Ganz hat es zum Sprung in die erste Mannschaft nicht gereicht, aber mit dem VfL Osnabrück hat er immerhin mal in der zweiten Liga gespielt. Nun will er, der nach eigener Einschätzung ein "Träumer und Bauchmensch" ist, den Moment genießen, auch wenn einiges dafür spricht, dass Geschäftsführer Frank Baumann schon vor dem nächsten Heimspiel am Samstag gegen den VfL Wolfsburg einen neuen prominenten Chefcoach präsentiert.

Vielleicht erreicht der Bauchmensch Nouri zuvor auch wieder die Köpfe der Spieler, die seinem am Sonntag, eine Nacht nach dem 1:4 in Mönchengladbach entlassenen Vorgänger zuletzt verschlossen blieben. Denn im Vergleich mit Skripnik, der ein recht kurioses, zuweilen missverständliches Kauderwelsch sprach, ist Nouri rhetorisch begabt. Eines seiner Lieblingswörter ist "Inspiration". Er will, dass sich die Mannschaft "durch Handeln inspiriert".

Doch auch für Nouri wird es schwer, allein mit einer neuen Gemütslage die Mainzer zu besiegen. Die Hälfte der potenziellen Stammspieler fallen weiterhin aus, darunter die verletzten Top-Stürmer Claudio Pizarro und Max Kruse. Der kürzlich genesene Aron Johannsson sah in Gladbach die Rote Karte, selbst der Einsatz des neuen Hoffnungsträgers Serge Gnabry ist wegen einer Oberschenkelblessur ungewiss.

Auch das Torwart-Problem muss Nouri noch lösen, nachdem Skripnik gerade Stammkeeper Felix Wiedwald gegen Jaroslav Drobny ausgetauscht hatte. Auch da will der Interimstrainer auf Gespräche setzen, ehe er sich entscheidet, ob er den Wechsel rückgängig macht.

Die Frage nach dem künftigen Cheftrainer bleibt aktuell, aber vorerst unerledigt. Glaubt man Baumann, ist er gerade dabei, Erkundigungen über Kandidaten einzuholen. Selbst die Frage, ob aus der Zwischenlösung Nouri eine dauerhafte werden könnte, ließ der Geschäftsführer Sport offen: "Ich kann und will nichts ausschließen." Ob die vier Namen, die besonders die Runde machen, realistisch sind, ist unklar: Alt-Trainer Thomas Schaaf und Andreas Herzog (derzeit Co-Trainer von Jürgen Klinsmann beim USA-Team) hätten das Werder-Gen, André Breitenreiter und Markus Gisdol nicht. Das Anforderungsprofil umreißt Baumann so: "Es soll einer sein, der eine eigene Spielweise hat, der einer Mannschaft seine Handschrift geben kann und der schon etwas vorzuweisen hat."

Die Variante Schaaf, der von 1999 bis 2013 Werders Gesicht war, kann man vermutlich ausschließen. Er wisse nicht, wie es Schaaf gehe und was er mache, sagte Baumann. Wahrscheinlicher ist, dass die mit Skripnik beurlaubten Assistenten Torsten Frings und Florian Kohfeldt bald wieder einen Job erhalten - vielleicht sogar in der gleichen Position mit neuem Chef. Das schloss Baumann ("die haben gute Arbeit gemacht und sind mit vollem Herzen Werderaner") nicht aus. Ebenso übrigens wie die Rückkehr von Skripnik, eventuell als Nachwuchstrainer.

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