Weltverband:Blatter und Platini bleiben gesperrt

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Berufung abgelehnt: Sepp Blatter bleibt weiterhin gesperrt.

(Foto: Fabrice Coffrini/AFP)

Fifa-Ethiker weisen Einsprüche zurück und wollen bald Urteil fällen.

Von Thomas Kistner, Zürich/München

Sepp Blatter und Michael Platini bleiben gesperrt. Die Berufungskommission des Weltfußballverbandes Fifa hat am Mittwoch die Einsprüche der langjährigen Chefs von Fifa und Europa-Union Uefa gegen ihre 90-Tage-Suspendierung abgelehnt. Erwartet wird, dass Blatter und Platini vor den obersten Sportgerichtshof Cas ziehen. Als ebenso gewiss gilt aber, dass das Fifa-Ethikkomitee den vorläufigen Ausschluss der zwei Topfunktionäre binnen der nächsten vier Wochen in mehrjährige Sperren umwandeln wird.

Das Scheitern des Einspruchs zeigt Platini an, dass seine Chancen auf eine Kandidatur für die Fifa-Präsidentenwahl am 26. Februar im Schwinden sind. Nach SZ-Informationen gilt eine Verurteilung des 60-jährigen Franzosen sowie des langjährigen Schweizer Amtsinhabers Blatter, 79, als unausweichlich. Noch im November soll die Schrift der Anklagekammer unter dem Schweizer Cornel Borbely fertig sein. Die Ethik-Spruchkammer unter Richter Hans-Joachim Eckert (München) hat dann drei Wochen Zeit, um gegebenenfalls die zwei Beschuldigten erneut anzuhören und, wie angestrebt, noch vor Weihnachten Urteile zu fällen. In Fifa-Kreisen wird, im Hinblick auf Urteile in ähnlichem Kontext, mit Sperren von fünf bis sieben Jahren gerechnet.

Die Ermittler prüfen auch den Korruptionsverdacht

Das könnte sogar die glimpflichere Variante sein. Während sich am Kernvorwurf der Untreue gegen die einst engen Verbündeten, aber mittlerweile zerstrittenen Blatter und Platini seit Verhängung der Suspendierung substantiell nichts geändert hat, gehen die Ermittler noch dem Korruptionsverdacht nach, der ebenfalls über der Causa hängt. Zum Verhängnis wurde dem Duo eine Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken der Fifa an Platini im Februar 2011. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte über beteiligte Banken Kenntnis von der Zahlung erhalten und Ende September ein Strafverfahren gegen Blatter eingeleitet, unter anderem wegen des Verdachts der "ungetreuen Geschäftsbesorgung". Platini gilt in dem Kontext als Auskunftsperson, der Status liegt zwischen Zeuge und Beschuldigtem. Zwei Wochen später suspendierten die Fifa-Ethiker die beiden Funktionäre auf dieser Grundlage.

Platini hat die Vorwürfe seitdem stets zurückgewiesen; er stellt den Millionenzufluss als Nachzahlung für seine Fifa-Beratertätigkeit in den Jahren 1999 bis 2002 dar, die in Absprache mit Blatter erfolgt sei. Damit haben die zwei nach Schweizer Recht einen mündlichen Vertrag geschlossen, der - per Zahlung 2011 - auch bedient wurde. Allerdings wurde diese angeblich ausstehende Millionen-Forderung von Platini über all die Jahre nie in den Fifa-Bilanzen vermerkt. Zudem wäre der Anspruch nach fünf Jahren ohne Geltendmachung erloschen gewesen, also um das Jahr 2007 herum. Tatsächlich war Platini die Summe erst neun Jahre nach Ende seiner Tätigkeit als Fifa-Berater überwiesen worden.

Blatters Zahlung an Platini fällt in eine hochsensible Zeit

Allerdings war jenes Jahr 2011 eine sportpolitisch hochsensible Zeit. Deshalb klären die Fifa-Ethiker auch den Korruptionsverdacht ab, der über dem Vorgang liegt. Damals steckte Blatter in einem hitzigen Wahlkampf, sein Herausforderer Mohamed bin Hammam war einflussreicher Fifa-Vize, zudem führte der schwerreiche Katarer den Asien-Verband AFC an. Zufall oder nicht: Kurz nach dem Zwei-Millionen-Segen schwor Platini seine Uefa-Mitglieder auf einen strikten Kurs pro Blatter ein.

Insofern deutet die Untersuchungsdauer in der Causa Blattini weniger auf die Möglichkeit von Freisprüchen hin als darauf, dass beiden auch eine lebenslange Verbannung drohen könnte. Dann nämlich, falls sich der Geldfluss mit hinreichender Gewissheit als Korruptionszahlung darstellen lässt. Gelingt den Ermittlern dies nicht, bliebe es bei der von den Betroffenen selbst vorgetragenen Version der stillen Vertragsabsprache - und damit um Delikte wie Untreue und Bilanzfälschung. Für so einen Umgang mit Fußballmitteln sind mehrere Jahre Sperre vorgesehen.

Nach diesem Fall will sich das Ethikkomitee mit der WM-Affäre 2006 befassen, auf Basis der vom Deutschen Fußball-Bund veranlassten Untersuchung durch die Kanzlei Freshfields. Weil auch da Bilanztricks und Korruptionsvorwürfe im Raum stehen, dürfte das Verdikt der Ethiker in Sachen Blatter/Platini Fingerzeige für eine mögliche Untersuchung gegen deutsche Fußballvertreter wie Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach liefern. Niersbach gehört noch den Fifa- und Uefa-Vorständen an.

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