Weltmeister transferiert:Von Borussia zu Borussia

Spielervorstellung bei Borussia Mönchengladbach

Mit vereinten Kräften: Mönchengladbachs Manager Max Eberl (links) und Trainer Dieter Hecking (rechts) ist es gelungen, den Weltmeister Matthias Ginter zu engagieren

(Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Innenverteidiger Matthias Ginter wechselt für 17 Millionen Euro Ablöse von Dortmund nach Mönchengladbach.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Bei Borussia Mönchengladbach sammeln sie neuerdings Weltmeister. Gut, die Sammlung steht noch am Anfang, aber zwei aktuelle Titelträger haben sie schon. Nach der Akquise des Mittelfeldspielers Christoph Kramer aus Leverkusen vor einem Jahr haben die Borussen am Dienstag den Innenverteidiger Matthias Ginter von Borussia Dortmund verpflichtet. Damit bekommt die Gladbacher Defensive einen weiteren weltmeisterlichen Anstrich; nur Neider würden bemängeln, dass Kramer und Ginter beim WM-Triumph 2014 bloß untergeordnete Rollen gespielt haben. Kramer wurde im Endspiel nach einer halben Stunde mit einer Gehirnerschütterung ausgewechselt, nachdem er im Turnier zuvor nur zwölf Minuten mitgewirkt hatte - und Ginter hat in Brasilien gar keine Minute gespielt. Aber Weltmeister sind sie trotzdem, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Ginter ist sogar noch mehr: Olympiazweiter von 2016, in diesem Jahr DFB-Pokalsieger mit Dortmund sowie seit Sonntagabend Confed-Cup-Gewinner mit der Nationalmannschaft. Zwischen dem Abpfiff in St. Petersburg und Ginters Präsentation in Mönchengladbach lagen bloß 40 Stunden. In der Nacht zum Montag hat die Nationalmannschaft in St. Petersburg intern und ausgiebig gefeiert, Ginter hat nur eine Stunde geschlafen. Am Vormittag ging der Rückflug nach Frankfurt, anschließend fuhr er direkt nach Mönchengladbach, um sich Immobilien anzuschauen. Am späten Nachmittag war die erste sportmedizinische Untersuchung, am Abend kam es beim Dinner mit dem Trainer Dieter Hecking zu einer ausführlichen Besprechung. Am Dienstag folgte noch eine internistische Untersuchung und dann die Unterschrift. Ereignisreiche 40 Stunden für den 23-Jährigen.

Dreimal bereits hatten Sportchef Eberl und Trainer Hecking unabhängig voneinander versucht, Ginter zu verpflichten: 2014 hätte Eberl ihn gern aus Freiburg akquiriert, 2016 wollte er ihn dann aus Dortmund holen, genauso wie Hecking als damaliger VfL-Trainer nach Wolfsburg - aber erst jetzt, sozusagen mit vereinten Kräften, hat es geklappt. "Wir waren hartnäckig", sagt Eberl, "jetzt sind wir stolz, dass sich ein Dortmunder Nationalspieler mit Champions-League-Erfahrung für uns entschieden hat."

Der 23-Jährige ist der teuerste Einkauf in der Vereinshistorie

Ginter, dessen Vertrag beim BVB bis 2019 gültig war, wechselt dem Vernehmen nach für 17 Millionen Euro plus möglicher Nachzahlungen von bis zu drei Millionen nach Mönchengladbach und erhält einen Vertrag bis 2021. Damit ist er der teuerste Gladbacher Einkauf der Historie. "Wir haben ein bisschen Geld zur Seite gelegt für genau so einen Moment", sagt Eberl.

An der bislang zusammengestellten Formation ist zu erkennen, wie sich die Gladbacher in der kommenden Saison zu stabilisieren gedenken: vor allem defensiv. In Ginter, Jannik Vestergaard, Thimothee Kolodziejczak, Mamadou Doucouré und der West-Ham-Ausleihe Reece Oxford haben sie jetzt fünf Innenverteidiger, und mit Christoph Kramer, Tobias Strobl, Laszlo Benes, Tony Jantschke und dem aus Bern kommenden Denis Zakaria haben sie auch fünf defensive Mittelfeldmänner, die für die sogenannte Doppelsechs infrage kommen. Auch auf den Flügeln sind sie mit Ibrahima Traoré, Patrick Herrmann, Fabian Johnson, Jonas Hofmann, Thorgan Hazard und dem Zugang aus Freiburg, Vincenzo Grifo, weiter bestens besetzt - bloß die zentrale Offensive war und bleibt vielleicht dünn. Da muss man abwarten, ob der 17 Jahre alte Franzose Mickael Cuisance aus Nancy aufschließen kann zum Sturmduo Raffael und Lars Stindl.

Als überbesetzt empfindet der Trainer Hecking seine Abwehrkette keineswegs. "Ich bin immer froh über eine große Auswahl", sagt er, das erhöhe den Konkurrenzkampf und damit das Niveau. Kolodziejczak und Doucouré haben bislang keine Rolle gespielt, Oxford ist neu - insofern ist die Innenverteidigung mit Vestergaard und Ginter wohl zunächst gesetzt. Ginter fällt es verständlicherweise "ein bisschen schwer", dass er mit den Gladbachern in der kommenden Saison in keinem Europapokal-Wettbewerb spielt, aber genau das erklärt er zur Ambition seiner Tätigkeit: "Natürlich ist es unser Ziel, wieder international zu spielen."

Es ist vier Jahrzehnte her, dass die Gladbacher zuletzt aktuelle Weltmeister hatten. 1974 wurden gleich fünf Borussen Weltmeister - Wolfgang Kleff, Rainer Bonhof, Berti Vogts, Jupp Heynckes und Herbert Wimmer. Aber die Siebziger waren ganz andere Zeiten für diesen Verein. Also macht Manager Eberl auch Spaß, wenn er über die neuerlich begonnene Weltmeister-Sammlung sagt: "Jogi Löwe favorisiert ja Blockbildung - vielleicht bringen wir Matze Ginter und Chris Kramer nächstes Jahr so zusammen zur WM nach Russland."

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