Waldhof Mannheim:Ohne Hopp nix los

Der traditionsreiche SV Waldhof überlebt nur dank der finanziellen Hilfe des Hoffenheimer Mäzens. Nun stehen schwere Vorwürfe im Raum.

Tobias Schächter

Bei "Dimi" im Klubhaus des SV Waldhof Mannheim kostet das Mittagessen vier Euro, hinter dem Grill steht Dimitrios Tsionanis, den alle nur "Dimi" nennen. Hier erinnert alles an die guten, alten Zeiten des SV Waldhof. Überall hängen Bilder aus den Bundesligatagen des Klubs zwischen 1983 und 1990. Auf einem grätscht Tsionanis seinem Gegenspieler Rudi Völler gerade den Ball weg. "Der köpft sogar eine Kiste Cola aus dem Strafraum", hat Max Merkel einst über den eisenharten Verteidiger gesagt.

Dietmar Hopp

Dietmar Hopp unterstützt nicht nur die TSG Hoffenheim, sondern auch Waldhof Mannheim.

(Foto: Foto: dpa)

Die Position des Vorstoppers wurde am Alsenweg zwar nicht erfunden, aber der ehemalige Waldhof-Trainer Klaus Schlappner brachte gleich fünf davon heraus, die auch in der deutschen Nationalmannschaft Karriere machten: die Förster-Brüder Bernd und Karl-Heinz, Paul Steiner, Jürgen Kohler und Christian Wörns. Und hinter all diesen Vorstoppern stand Günther "Sam" Sebert, der ewige Libero des SV Waldhof. Vorstopper und Liberos gibt es mittlerweile selbst auf dem Waldhof nicht mehr. Den "Sam" aber schon.

Vergangenen Freitag erlebte er im Mannheimer Carl-Benz-Stadion ein 0:0 gegen die zweite Mannschaft von Greuther Fürth. Es regnete in Strömen, aber dennoch kamen 2767 Zuschauer zum ersten Heimspiel der Rückrunde in der Regionalliga Süd. Am Ende applaudierten sie, trotz des enttäuschenden Ergebnisses. Sebert hat 592 Spiele für den SVW gemacht und man tritt ihm nicht zu nahe, wenn man sagt, er sieht aus wie sein eigenes Denkmal. Sebert ist 60 Jahre alt und seit Januar gibt er wieder den Libero beim SV Waldhof. Er ist Sportlicher Leiter, unentgeltlich. "Ich habe immer noch Hoffnung, dass der Aufstieg gelingt", sagt er.

Derzeit ist die Mannschaft Tabellenfünfter. Aber egal in welcher Liga - in der nächsten Saison wird gespart. Der Etat von rund drei Millionen wird mindestens halbiert. "Was hier in den letzten Jahren finanziell gelaufen ist, ist nicht normal", sagt Sebert. Derzeit drücken Altschulden von rund zwei Millionen Euro. Wie hoch am Saisonende die Etatunterdeckung sein wird, kann noch niemand sagen - ein oder doch zwei Millionen Euro? "Ohne Dietmar Hopp", sagt Sebert "wäre es hier schon lange vorbei."

Immer wieder hat Hopp, der SAP-Mitgründer und Mäzen des Bundesligisten 1899 Hoffenheim, "dem Waldhof" geholfen. Schon 2007 fehlten 300.000 Euro im Etat, die Lücke glich Hopp aus. Auch bezahlte Hopp jüngst 120.000 Euro, die im Jugendetat fehlten. Als er vergangenen Dezember 220.000 Euro eines 720.000 Euro großen Darlehns sperren ließ , kam es zum Eklat. Der damalige Präsident Mario Nöll verkündete, er wolle Hopp verklagen. Nöll behauptete, der Mäzen wünsche keine Konkurrenz zu seinen Hoffenheimern in der Region. Nöll ist mittlerweile zurückgetreten, mit ihm an der Spitze hätte Hopp die fehlende Summe nicht freigegeben, der Klub wäre zahlungsunfähig gewesen.

Überhöhte Rechnungen

Nun stehen schwere Vorwürfe im Raum. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue. Beim Bau des von Hopp mit 2,4 Millionen Euro finanzierten Jugendförderprojekts am Alsenweg soll es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Die Baufirma, die später Sponsor des Klubs wurde, soll Leistungen nur in Höhe von 1,8 Millionen Euro erbracht haben.

Überhöhte Rechnungen soll auch die Firma des mittlerweile zurückgetretenen Vizepräsidenten Volker Kürner gestellt haben, der die Vorwürfe bestreitet. Verschwendungssucht und Größenwahn zeigten sich in allen Bereichen. So ließ Nöll ohne schriftliche Zusagen von Sponsoren die Premier-Lounge im Carl-Benz-Stadion für 200 000 Euro herrichten. Noch unter dem Berater Rüdiger Lamm und dem Vorgänger-Präsidium wurden viertklassige Kicker mit fünfstelligen Monatsgehältern ausgestattet.

Derzeit ist der Klub führungslos, einen neuen Präsidenten zu finden ist schwierig. Aber der Sanierungsausschuss, dem auch Sebert angehört, legte Hopp ein akzeptables Konzept vor. Der Rest des Darlehns wurde ausbezahlt. Die Spieler bekamen ihre ausstehenden Gehälter, und Mittelstürmer Kai Herdling wurde nach Hoffenheim transferiert. Mit "junge Leit aus de Region", sagt Günter Sebert, soll es nun nach oben gehen. Die teuren Spieler müssen allesamt gehen. "Wir haben Potential", glaubt Sebert: "Fast 3000 Zuschauer bei dem Wetter, wo gibt es so etwas noch?" Auf seine Anhänger kann sich der Klub verlassen, die Sponsoren der Region sind längst in Hoffenheim engagiert. Doch die treuen Waldhof-Anhänger veranstalten Spendenmärsche in ihrem Stadtteil. Dort, wo die Straßen "Zäher Weg" oder "Neues Leben" heißen, und wo es "Bei Dimi" Essen und Erinnerungen an bessere Zeiten gibt.

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