Wahlen beim 1. FC Nürnberg:Der Meerrettich-König plant die Revolution

1. FC Nürnberg - Fortuna Düsseldorf

Auch am Montag gegen Düsseldorf gab es eine Heimniederlage: Spieler des 1. FC Nürnberg

(Foto: dpa)

Beim Zweitligisten 1. FC Nürnberg stehen Wahlen an. Hanns-Thomas Schamel trat erst vor wenigen Tagen als Aufsichtsrat zurück, nun will er eine Opposition um sich bilden - und strebt einen Umsturz an.

Von Markus Schäflein

Hanns-Thomas Schamel wäre nie Meerrettich-König geworden, wenn sein Meerrettich nicht gut schmecken würde. Diese naheliegende Vermutung führt dazu, dass sich der Unternehmer aus Baiersdorf nicht nur mit den Bilanzen seiner Firma beschäftigt, sondern auch gerne mal selbst am Kren nascht. Und so, sagt Schamel, verhält sich das auch mit dem Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg: Den Vorständen dürfe es nicht nur um Einnahmen und Ausgaben gehen, sondern auch ums Produkt. Und das Produkt soll attraktiver Fußball sein. "Die Zahlen eines Profivereins sind ja ein Resultat eines erfolgreichen Spielbetriebs", sagt er, und damit hat er einen seiner Vorwürfe an die Vorstände Ralf Woy und Martin Bader schon einmal zusammengefasst.

Schamel, der erst Ende August aus dem Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg zurückgetreten war, wird bei der Mitgliederversammlung am 30. September erneut kandidieren. "Der Aufsichtsrat gibt laut Satzung die strategischen Leitlinien vor, an die der Vorstand im operativen Geschäft gebunden ist. Doch plötzlich gab es im Aufsichtsrat keine Mehrheit mehr für beschlossene Leitlinien", sagt Schamel, "daher musste ich ein Zeichen setzen." Er habe nach dem Rücktritt "interessanterweise viel Zuspruch bekommen von Fans, Sponsoren und Mitarbeitern des Vereins".

"Ich habe zwei, drei Kandidaten jetzt schon, und noch sehr gute Leute in der Hinterhand."

Fünf von neun Mitgliedern des Gremiums werden neu gewählt - nicht weniger als ein wahrhaftiger Umsturz ist also möglich. 18 Kandidaten gibt es laut Bild-Zeitung, der Verein veröffentlichte die Liste trotz Ablauf der Bewerbungsfrist am Mittwoch nicht; der Wahlausschuss prüfe die Kandidaten noch, hieß es aus der Pressestelle. Zwar wird eine Einzelwahl durchgeführt, eine Blockbildung ist nicht möglich; doch Schamel will die Mitglieder noch informieren, welche Kandidaten zu seinem Projekt "Pro Club 2020" zählen - in der Hoffnung, dass sie dann gemeinsam als Oppositionspartei wahrgenommen werden. "Ich habe zwei, drei Kandidaten jetzt schon, und es werden noch einige dazukommen", kündigt Schamel an, "ich habe noch sehr gute Köpfe in der Hinterhand." Und, siehe da: "Auch was den Vorstand anbetrifft, haben wir Kandidaten, die uns gut zu Gesicht stehen würden."

Eine weitere Zusammenarbeit mit Woy und Bader sei für ihn zwar auch nicht gänzlich ausgeschlossen, aber es seien "in der Vergangenheit viele Dinge am reinen Machterhalt des Vorstands orientiert gewesen", meint er: "Sollte sich das ändern, könnte man auch mit diesem Vorstand weitermachen, allein mir fehlt der Glaube." Klingt danach, als sei es doch relativ ausgeschlossen.

"Eine potentielle Megamarke"

Um die Namen seiner Mitstreiter macht Schamel noch ein Geheimnis; in dem ehemaligen Radioreporter Günther Koch, der über die Versammlung hinaus im Gremium bleiben wird, hat er einen sicheren Unterstützer. Der frühere Präsident Gerd Schmelzer, der im Gespräch gewesen war, kandidiert nun gar nicht. Und der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Schramm, der mit 75 Jahren erneut antreten wird, wird "mit Sicherheit nicht dazu gehören", sagt Schamel: "Er hat große Verdienste, aber ich glaube nicht, dass er sich einen Gefallen damit tut, noch einmal anzutreten."

Im Aufsichtrat sitzen bereits zwei Fan-Vertreter aus dem "Bündnis aktiver Clubmitglieder"

Die große Zahl an Bewerbern dürfte einer geschlossen auftretenden Gruppe in die Karten spielen. Um die Revolution zu schaffen, werde er "alles probieren", kündigt Schamel an: "Dann muss ich mir keine Vorwürfe machen, wenn der Club in die Abhängigkeit von Gruppierungen kommt, die ein Feindbild statt ein Leitbild anstreben." Was er damit meint, ist offenkundig: Sportvorstand Bader gilt als von den Fanvereinigungen und den Ultras gut gelitten, weil er verschiedene Ideen gemeinsam mit ihnen umgesetzt hat: etwa die Kampagne "Ich bereue diese Liebe nicht" mit dem passenden Rap-Song und die Abschaffung der Torhymne (die noch nicht besonders aufgefallen ist, weil sie mit der Abschaffung von Toren einherging).

Im Aufsichtsrat sitzen in Rechtsanwalt Ralf Peisl, der im Amt bleiben wird, und Marketing-Kaufmann Christian Ehrenberg, der neu gewählt werden muss, derzeit zwei Vertreter aus dem "Bündnis aktiver Clubmitglieder" (BAC); bei den Wahlen könnten es noch mehr Vertreter der Nordkurve werden, die Fangruppen wissen, wie man Werbung macht und Konzepte entwickelt und präsentiert.

Das sind allerdings auch die Qualitäten Schamels, und er setzt darauf, viele der Mitglieder für sich zu gewinnen, die mit der Fanszene nichts am Hut haben. Er betont zwar: "Pro Club heißt auch pro Nordkurve", doch die Fronten sind schon klar: In Anspielung auf Schamels Mitstreiter hieß es am Montag gegen Düsseldorf (0:2) auf einem Plakat in der Kurve: "Viele Köche verderben den Brei, beim Glubb langt einer!"

Schamels Meinung nach gibt es "in Franken viele große Unternehmen, die dem Club wohlgesonnen sind", aber derzeit nicht zum Sponsoring bereit sind. "Die müssen spüren, dass ein frischer Wind weht. Vertrauen ist das A und O bei einer Markenführung, deswegen geht es um ein langfristiges Konzept." Schamel wäre ja nicht mit einem banalen Lebensmittel wie dem Meerrettich zum König geworden, wenn er nicht ab und an Visionen hätte, also sagt er: "Ich sehe den Club nach wie vor als eine potenzielle Megamarke."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: