Vorfreude bei Bayer:Barça genießen

Nach dem lockeren Sieg richtet sich Leverkusens Fokus auf Barcelona. Die Losung lautet: mutig sein. Damit es nicht so endet wie beim letzten Mal.

Von Frank Hellmann, Bremen

Lars Bender neigte kurz den Kopf zur Seite. Um noch einmal nachzuhorchen, ob die Nachricht wirklich stimme. Lionel Messi könne nicht spielen? Gerade hatte der Kapitän von Bayer Leverkusen zwei, drei kurze Erklärungen zum recht lockeren 3:0 (1:0)-Bundesliga-Erfolg beim SV Werder erteilt, da drehte sich im Erdgeschoss der Ostkurve des Bremer Weserstadions bereits alles um das bevorstehende Champions-League-Spiel beim FC Barcelona (Dienstag 20.45 Uhr). Camp Nou ist eben ein magischer Ort, der auch gestandene Bundesliga-Profis elektrisiert. "Wir müssen es auch genießen. Wir dürfen nicht zu nervös sein", sagte Bender. "Wir müssen jetzt versuchen, dort noch mutiger zu sein und dort mehr als 100 Prozent abrufen."

Ein guter Rat eingedenk der Vorgeschichte. Im März 2012 bezog die Werkself bei den Katalanen im Achtelfinale eine Abreibung von historischem Ausmaße. 1:7 kam Leverkusen - nach einem 1:3 zu Hause - im Rückspiel unter die Räder. Der Imageschaden war gewaltig, auch wenn sich jeder vor dem Fünferpack des Ausnahmekönners Messi verneigte. "Daraus haben wir unsere Lehren gezogen. Unsere Mannschaft von damals ist mit der heute nicht zu vergleichen", glaubt Bender, der tatsächlich mit Torwart Bernd Leno, Stefan Kießling und Karim Bellarabi nur einen von vier verbliebenen Akteuren darstellt, der damals in Barcelona eingesetzt wurde.

Am Samstag bildete Bender gemeinsam mit Christoph Kramer schon mal ein sehr überzeugendes Mittelfeld-Gespann; insbesondere diese beiden sollen am Dienstag in der Königsklasse die Angriffswellen des Titelverteidigers aufhalten. Dass aus dem Barça-Gebilde nun ausgerechnet der am Innenband verletzte Messi herausbricht, kann Bayer helfen, muss es aber nicht. Auf jeden Fall hat der über die Playoff-Spiele nachgerückte Bundesligist mit Siegen gegen Mainz und Bremen rechtzeitig wieder in die Spur gefunden.

Kevin Kampl schießt sein erstes Bundesliga-Tor - und klaut den Ball

"Wir wissen doch, was wir können", meinte Sportchef Rudi Völler, der seine "Dornröschenschlaf"-Ansage vom vergangenen Sonntag aber nicht explizit als Weckruf verstanden haben wollte. "Dass wir gewinnen, wenn wir so stark rotieren, freut mich besonders." Roger Schmidt hatte Ramalho, Wendell, Kampl, Calhanoglu und Chicharito auf die Bank gesetzt - der Personaltausch ging ohne größeren Qualitätsverlust vonstatten, weil Admir Mehmedi mit einem von Assani Lukimya unglücklich abgefälschten Schuss die wichtige 1:0-Führung besorgte (31.).

Sehenswert war dann auch, wie ausgerechnet der in Bremen geborene Julian Brandt die Kugel aus 17 Metern über die Mauer zum 2:0 ins Tor hob (58.). Ein Kunstschuss, den beim ruhenden Ball eigentlich in dieser Ausführung nur Hakan Calhanoglu beherrscht. "Ich freue mich für Julian besonders, er kann das auch", lobte der türkische Nationalspieler, der erst in der 72. Minute für Brandt eingewechselt wurde. Den wiederum nahm Schmidt nicht nur in den Arm, sondern sprach dem erst 19-jährigen Toptalent in der Pressekonferenz ein Sonderlob aus. "Er entwickelt sich in schnellem Tempo. Er hat ein hohes Spielverständnis, eine entsprechende Dynamik und hervorragende Mentalität. Seine Entwicklung ist noch nicht zu Ende."

Während Brandt seine starke Darbietung nicht kommentieren wollte und kopfschüttelnd in den Kabinen verschwand, redete in Kevin Kampl der Leverkusener Torschütze zum 3:0 (65.) darüber, warum er sich demonstrativ den Spielball in die Armbeuge geklemmt hatte. "Ich hoffe, ich bekomme deswegen keinen Ärger. Aber es war mein erstes Bundesligator, deswegen möchte ich den Ball als Andenken behalten." Natürlich hatte die Last-Minute-Verpflichtung aus Dortmund auch noch etwas zum FC Barcelona zu sagen: "Von einem solchen Match träumt jeder Fußballer. Wir wissen um die Stärke des Gegners, aber wir wollen einfach unser Spiel auf den Platz bringen."

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