Vor den NBA-Playoffs:Nowitzki sucht das Wurfgefühl

Vor den NBA-Playoffs: Gegen die Lakers reichte es, immerhin: Dirk Nowitzki im Spiel vom vergangenen Sonntag.

Gegen die Lakers reichte es, immerhin: Dirk Nowitzki im Spiel vom vergangenen Sonntag.

(Foto: AFP)
  • In den prägenden Wochen der regulären Saison erlebt Dirk Nowitzki gerade einen Durchhänger: Er trifft einfach nicht mehr.
  • "Ich lege derzeit sehr viele Extraschichten ein, um der bestmögliche Spieler zu sein, wenn die Playoffs beginnen."
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Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Wenn Dirk Nowitzki über Basketball spricht, klingt er bisweilen wie ein Kumpel-Typ vom Freiplatz. Ein paar lockere Sprüche, etwas Slang, eine Packung Salzstangen-Humor: staubtrocken, sehr oft garniert mit herrlicher Selbstironie. So auch nach dem Spiel in Los Angeles. Er sollte die Aufholjagd seiner Dallas Mavericks gegen die Lakers erklären - die zum großen Teil ohne ihn stattgefunden hatte. Entscheidende Momente für die "Mavs" ohne den langen Würzburger? Das ist eher untypisch.

Trotzdem versteckte sich Nowitzki nicht hinter Sportlerfloskeln wie "nie aufgeben" oder "immer dranbleiben" oder "110 Prozent geben" - er sagte stattdessen: "Das bedeutet, dass ich auf der Bank hocke, was für uns derzeit ein Plus ist." Und er sagte: "Ich kam dann ja gerade rechtzeitig aufs Feld, um diesen Airball vom linken Flügel zu werfen." Nach seinem Fehlwurf sei er lieber mal wieder auf die Ersatzbank zurückgekehrt.

Die Trefferquoten sinken

Die humoristische Selbstkritik nach dem 100:93-Erfolg transportiert freilich eine durchaus ernste Botschaft, die sich auch statistisch belegen lässt: In den prägenden Wochen der regulären Saison erlebt Nowitzki gerade einen Durchhänger: Er trifft einfach nicht mehr. In den zehn Partien seit dem All-Star-Spiel vor drei Wochen in New York erzielte er 12,6 Punkte pro Partie (davor 18,3), er verwandelte nur 40,3 Prozent seiner Würfe aus dem Feld (davor 46,7) und seine Effizienz-Quote - also die Marge, die sein Team besser ist als der Gegner, wenn er auf dem Feld ist - betrug minus 3,8 (davor plus 4,5).

Erklärungsversuche. "Ich lege derzeit sehr viele Extraschichten ein, um der bestmögliche Spieler zu sein, wenn die Playoffs beginnen. Auch wenn das vielleicht bedeutet, dass ich mich derzeit deshalb in einem kleinen Loch befinde", sagt Nowitzki. Es geht also um die Fitness, es geht um Kraft, Präzision und Wurfgefühl.

"Wenn meine Würfe nicht fallen, dann muss ich den Ball weitergeben, Blocks stellen, Pick & Rolls initiieren und meinen Mitspielern zu Gelegenheiten verhelfen - und ihnen dann dabei zusehen, wie sie ihre Würfe versenken. Aber ich hoffe, dass ich mich besser fühle, sobald die Playoffs losgehen." Das gute Gefühl in Hand und Arm - für Nowitzki ist das der entscheidende Faktor. Derzeit sucht er es ein wenig.

Die Mavericks belegen mit einer Bilanz von 41:24-Siegen Platz sechs in der starken Western Conference, sie spielen um die Teilnahme an den Playoffs und einen möglichst hohen Platz in der Setzliste. Nur: Sie müssen noch gegen viele Spitzenteams antreten und da taten sich die Mavericks bislang extrem schwer. Nowitzki findet: "Wenn wir nicht aufpassen und noch ein paar Spiele verlieren, dann können wir auch noch rausrutschen. Wir müssen den Fuß schon auf dem Gas lassen."

Statistische Schwächen

Die Bilanz gegen jene Gegner, die in der Western Conference vor Dallas liegen, lautet 5:13 - vor dem Erfolg gegen die Lakers verlor man deutlich gegen Portland (75:94) und Golden State (89:104). Starke Konkurrenten, die man eigentlich auch mal besiegen möchte. "Die Niederlagen waren schon heftig - vor allem, wenn man im landesweiten Fernsehen solche Bretter bekommt", sagt Nowitzki: "Die erfolgreichen Mannschaften verteidigen richtig gut und wir hatten zuletzt Probleme in der Offensive - gegen die Lakers haben wir zum ersten Mal seit sieben Spielen wieder 100 Punkte gemacht."

Nicht wenige Experten haben einen Zusammenhang zwischen Zugang Rajon Rondo und der mauen Punkteausbeute ausgemacht. Mit dem neuen Aufbauspieler hat das Team zwar an defensiver Zupack-Mentalität zugelegt, dafür flutscht die Offensive nicht mehr so wie zu Saisonbeginn. Überraschend ist das nicht unbedingt, denn der aus Boston gekommene Regisseur galt noch nie als großer Punktelieferant. Trotz guter Passwerte kommt er selten selbst zum Abschluss.

Problemfeld Rajon Rondo

Die Eingewöhnung des 29-Jährigen dauert noch immer an - kürzlich verbannte ihn Carlisle nach einem Wortgefecht auf die Bank und suspendierte ihn danach für eine Partie. "Er ist schon ein eigenartiger Spieler, den es so eigentlich nicht mehr gibt in dieser Liga", erklärt Nowitzki: "Aber wir hatten in den vergangenen Wochen Verletzungspech, die ersten fünf haben im letzten Monat kaum zusammengespielt."

Zunächst fehlte Rondo mit einer Gesichtsfraktur, danach fielen Tyson Chandler (Hüfte) und Chandler Parsons (Knöchel) aus: "Wichtig ist, dass wir nun gesund bleiben und Spiele gewinnen - dann können wir entscheiden, ob wir vor den Playoffs vielleicht mal sagen: Okay, jemand kann noch mal zwei, drei Spiele aussetzen." Jemand, damit meint er auch sich selbst. Im Sommer wird er 37.

Nowitzki weiß um seine eigene Schwächephase und auch die Probleme seiner Mavericks. Trotzdem wirkt er gelassen, in seiner 17. NBA-Saison kennt er diese Mini-Krisen während der regulären Saison. "Wir müssen uns immer noch aneinander gewöhnen - ich glaube schon, dass das noch besser wird", sagt er: "Und dann hoffe ich, dass wir einen schönen Playoff-Run hinlegen." In diesem Satz ist kein trockener Humor zu entdecken - die Ausscheidungsrunde soll für die Mavericks in diesem Jahr wirklich lange dauern.

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