Robert Enke: Todestag:Der Plan der Witwe

Ein Jahr nach dem Tod von Robert Enke nimmt das Kuratorium seiner Stiftung die Arbeit auf. Mit dabei ist Enkes Witwe Teresa - sie will helfen, anders mit der Krankheit Depression umzugehen.

Christof Kneer

Mit dem Buch war es genauso. Auch das Buch über sein Leben hatte Robert Enke seit langem geplant, er kannte von Anfang an den Autor (den befreundeten Sportjournalisten Ronald Reng), und er hatte auch schon eine genaue Vorstellung davon, wann das Buch erscheinen sollte: nach seinem Karriere-Ende. "Die Vision war, dass wir 2015 oder 2016 gemeinsam mit dem Buch auf der Terrasse von Enkes Haus in Lissabon sitzen", sagt Jörg Neblung, Enkes Berater und langjähriger Freund der Familie.

Pressekonferenz zum Tod des Fussballtorwarts Robert Enke

"Die Krankheit Depression enttabuisieren": Teresa Enke spricht über die Arbeit in der Robert-Enke-Stiftung.

(Foto: ddp)

Die Öffentlichkeit hätte sehr gestaunt über die Biographie, sie hätte dann ja nichts geahnt von den finsteren Kämpfen, die in diesem stets souverän wirkenden Sportler getobt hatten. Das war Enkes Plan: Er wollte seine Depressionsgeschichte nach dem Ende einer erfolgreichen Sportlerlaufbahn öffentlich machen - und sich dann unter anderem der Arbeit in seiner Stiftung widmen, die er zu diesem Zeitpunkt längst gegründet hätte.

Robert Enke hat sie nicht mehr erlebt, die Veröffentlichung seiner Geschichte, die auf dramatische Weise anders geriet als geplant. Am Mittwoch jährt sich der Tod des Torwarts zum ersten Mal, und seine Angehörigen und Freunde muss es an diesem Datum besonders schmerzen, sich an Enkes Ideen zu erinnern. Sie sind wahr geworden, aber ohne ihn. Er wollte ein Buch, und er wollte auch eine Stiftung, deren Kuratorium am Freitag, zwei Tage nach Enkes erstem Todestag, unter Vorsitz von Gesundheitsminister Philipp Rösler erstmals zusammentritt.

"Robert und seine Frau Teresa hatten schon ein paar Projekte in Planung", sagt Neblung, "es gab bereits Kontakt zu Experten, bei denen ich mich konkret informiert habe, welche Möglichkeiten und Bedingungen es bei einer Stiftung gibt." Enke war nicht nur ein vielseitig interessierter Mensch, er besaß auch eine große karitative Veranlagung. "Robert und Teresa haben sich schon konkret Gedanken gemacht, welchen Zweck seine Stiftung haben könnte", sagt Neblung.

Enkes erster Todestag lenkt den Blick nun auf jene neue Stiftung, aus der nach dem Suizid des Nationaltorhüters eine Stiftung mit dem Themen-Schwerpunkt "Depression" wurde. Das operative Geschäft habe bereits begonnen, berichtet Jörg Neblung, der ebenfalls im Kuratorium sitzt. Bei der ersten operativen Sitzung der Enke-Stiftung im April wurden drei Kooperationspartner ausgewählt, die finanzielle Unterstützung erhalten.

Auf regionaler Ebene besteht Kontakt zum "Bündnis gegen Depression der Region Hannover"; auf Bundes-Ebene kooperiert die Stiftung mit der deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde und der Universität Aachen.

Die Stiftung finanziert die Neugründung des Referates "Sportpsychiatrie", das unter anderem von Enkes ehemaligem Arzt Valentin Markser geleitet wird. Dies ist ein Projekt, das sich der Geschichte Robert Enkes besonders verpflichtet fühlt: "Es ist ja auch nach Roberts Tod noch so, dass in der Startelf eines Fußballteams kein Platz für die Schwachen ist", sagt Neblung.

Das Referat soll ergründen, warum die psychologische Betreuung psychisch Kranker sich überall verbessert hat - nur nicht im Leistungssport. Außerdem unterstützt die Stiftung die Medizinische Hochschule Hannover beim Thema Kinder-Herzkrankheiten; auch dies ein Anliegen Enkes, dessen herzkranke Tochter an den Folgen einer Operation starb.

Es sei auch Roberts Wunsch, "die Krankheit Depression zu enttabuisieren", sagt Enkes Witwe Teresa, und Neblung hofft gar, dass die Prominenz der Beteiligten mithelfen könnte, "die Enke-Stiftung zur Speerspitze der Depressionsstiftungen" zu machen. Den Stiftungsrat bilden DFB-Präsident Theo Zwanziger, Liga-Präsident Reinhard Rauball und Martin Kind, Klubchef von Hannover 96. Gemeinsam haben DFB, DFL und Hannover 96 das Anlagevermögen von 150.000 Euro eingebracht, das sich inzwischen versechsfacht hat.

Allerdings hat die Prominenz der Beteiligten auch schon dazu geführt, dass vor dem Rotlicht der Kameras der eine oder andere Satz fiel, der in Enkes Umfeld nicht gut ankam - etwa die Behauptung Kinds, Enke könnte vielleicht noch leben, wenn sich sein "Umfeld" anders verhalten hätte. "Wenig feinfühlig" nennt das Neblung das und meint, es zeuge "von großem Unverständnis über diese Krankheit, wenn Herr Kind sich so äußert".

Überhaupt halten es Kenner der Szene für eine spannende Frage, wie die Unterstützung der Prominenz ausfallen wird, wenn die Kamera-Rotlichter wieder ausgeschaltet sind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: