1860 vor dem Derby in Fürth:Vorgaben aus dem Krankenbett

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Aushilfstrainer Kurt Kowarz setzt in Fürth auf eine Aufstellung und eine Taktik, die der frisch operierte Benno Möhlmann empfohlen hat.

Von Markus Schäflein

Kurz Kowarz erschien in einem hellblauen Pulli, und auch sonst hatte sich der unverhoffte Interimstrainer des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München gut vorbereitet auf seine erste Pressekonferenz. Er werde "nicht sitzen" beim Auswärtsspiel an diesem Freitagabend (18.30 Uhr) bei der SpVgg Greuther Fürth, versprach er. "Ich werde den Löwen in mir zum Ausdruck bringen und die Stärke, die die Mannschaft auf den Platz bringen soll", sagte Kowarz, normalerweise Torwarttrainer und nun Übergangschef, so lange Benno Möhlmann nach seiner Gallenblasen-Operation ausfällt. Auf den Hinweis, er sei doch eher der ruhig Typ, sagte Kowarz: "Ich habe diese Ruhe in mir, aber ich kann auch anders."

So weit, so klar: Kowarz spielt den Chef nicht nur, er übernimmt die Position gerne. Er hat den TSV Rain/Lech in der Bayernliga und den TSV Untermeitingen in der Bezirksliga schon als hauptverantwortlicher Übungsleiter geführt. Daher bestimmte Möhlmann vom Krankenbett aus nicht etwa seinen langjährigen Assistenten Sven Kmetsch oder den anderen Co-Trainer Collin Benjamin zum Vertreter, sondern Kowarz, den er erst seit ein paar Tagen kannte. "Benno wird sich sicherlich was dabei gedacht haben", sagte Kowarz, "ich habe schon mal vor einer Mannschaft gestanden. Mir hat das schon Spaß gemacht, es ist schon gut, als Cheftrainer zu arbeiten." Kowarz übernimmt also die Ansprachen in der Kabine, am Spielfeldrand und gegenüber den Medien, Kmetsch und Benjamin leiten die Übungseinheiten.

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(Foto: Philippe Ruiz)

Möhlmann-Vertreter und Möhlmann-Versteher: Torwarttrainer Kurz Kowarz (links) und Assistenzcoach Sven Kmetsch tragen in Fürth die Verantwortung für 1860.

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(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Hängende Köpfe auch bei der SpVgg Greuther Fürth: Die Franken - hier nach der 2:5-Niederlage beim SC Freiburg wissen, wie sich Verlieren anfühlt.

Kowarz hat bereits als Chef vor einer Mannschaft gestanden, "mir hat das schon Spaß gemacht"

Am Mittwoch hatte Kowarz noch berichtet: "Benno steuert uns vom Krankenbett." Wer sich Möhlmann nun am Freitagabend am Telefonhörer, am Faxgerät, am Smartphone bei Whatsapp oder am Tablet vor Skype vorstellt, liegt allerdings falsch. Kmetsch besuchte ihn im Krankenhaus, brachte ihm die Unterlagen zum Gegner Fürth mit, besprach die Einheiten und die Taktik mit ihm. "Eine Telefonverbindung brauchen wir nicht", sagte Kowarz. "Wir werden im Vorfeld viele Dinge abklären, er gibt sie vor, wir setzen sie um." Immerhin will der TSV 1860 organisieren, dass Möhlmann in seinem Krankenzimmer den übertragenden Sender Sky empfangen kann.

Auch die Aufstellung werde "absolut von Benno Möhlmann" sein, sagte Kowarz. Dabei wird es mindestens eine Änderung geben, denn Milos Degenek ist nach seiner Gelbsperre gesetzt. Vermutlich spielt er auf der Sechs, seiner Stammposition, womit er U21-Spieler Emanuel Taffertshofer verdrängen würde. Auch die Innenverteidigung käme für Degenek in Frage; dann würde er den anderen Debütanten vom KSC-Spiel, Sertan Yegenoglu, ersetzen. Für Rodnei, der unter der Woche wieder ins Training einstieg, käme ein Einsatz von Beginn an voraussichtlich zu früh; der Brasilianer zählt aber zum Kader. Nicht mit nach Fürth gereist sind Fejsal Mulic und Krisztian Simon. Auch auf dem rechten offensiven Flügel dürfte es eine Änderung geben: Für den gegen Karlsruhe (0:1) bei Möhlmanns Debüt enttäuschenden Stephane Mvibudulu beginnt vermutlich diesmal Korbinian Vollmann; auch Daylon Claasen wäre eine Alternative.

Der Druck ist groß: Die Klubs, die die ersten zwölf Spielen sieglos blieben, sind alle abgestiegen

"Fürth wird eine schwere Aufgabe, sie haben ein enges Stadion und die Mannschaft spielt sehr aggressiv", meinte Kowarz. Nach zuletzt zwei Niederlagen mit je fünf Gegentoren wohl erst recht. Das lässt sich noch erahnen - und wenn Unvorhergesehenes passiert? Dann verlässt sich Kowarz auf Empfehlungen von Kmetsch. "Sven kennt Benno über Jahre und weiß, was er in bestimmten Situationen machen würde", sagt Kowarz.

Historisch betrachtet ist es nach elf sieglosen Partien ein besonderes Spiel: Noch nie ist eine 1860-Mannschaft so erfolglos in eine Zweitliga-Saison gestartet. Und noch nie hat seit Einführung der Drei-Punkte-Regel eine Mannschaft, die nach dem zwölften Spieltag noch ohne Sieg war, den Klassenverbleib geschafft. Ausgerechnet Kowarz, der Übergangschef, könnte den fürchterlichen Statistiken Einhalt gebieten. "Wir werden alle Hebel in Bewegung setzen, um das zu schaffen", sagte er, "ob das dann in die Geschichte eingeht, ist vollkommen nebensächlich."

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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