Vogts wird 65:Berti, der ewige Wadenbeißer

Zwischen Terrier und Böörti: Hans-Hubert Vogts, genannt Berti, ist eine der prägendsten Figuren des DFB. Er gewann fast alles, war Sinnbild des deutschen Fußballmythos' "nie aufgeben" - doch schon als Spieler und vor allem als Bundes-Berti kam er nicht mit allem zurecht. Zum 65. Geburtstag ein Portät in Bildern.

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Berti Vogts

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Zwischen Terrier und Böörti: Hans-Hubert Vogts, genannt Berti, ist eine der prägendsten Figuren des DFB. Er gewann fast alles, war Sinnbild des deutschen Fußballmythos' "nie aufgeben" - doch schon als Spieler und vor allem als Bundes-Berti kam er nicht mit allem zurecht. Zum 65. Geburtstag ein Portät in Bildern.

Hans-Hubert, genannt Berti Vogts, feiert am 30.12.2011 seinen 65. Geburtstag. Er ist einer der prägendsten Figuren des deutschen Fußballs, auch eine der erfolgreichsten. Doch die große Wertschätzung erhielt er in der deutschen Öffentlichkeit nicht. Auch deshalb arbeitet der Trainer seit zehn Jahren im Ausland und ist heute eine Art Fußball-Entwicklungshelfer als Nationaltrainer in Aserbaidschan (im Bild).

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Von Berti Vogts sind viele Zitate überliefert. Eins zum Beispiel, das ihn selbst gut beschreibt, nicht nur für das Leben auf dem Platz: "Ich kam immer über die Athletik, die Willenskraft und den Kampf. Ich musste mich immer behaupten."

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Der Fußball verhalf Vogts zu einem enormen sozialen Aufstieg. Vollwaise seit dem zwölften Lebensjahr, wuchs er bei einer Tante auf, war Kegeljunge, Messdiener, Fanfarenbläser der Feuerwehr, Edelknabe im Schützenverein und lernte Werkzeugmacher.

Zudem spielte er beim VfR Büttgen Fußball wie ein Bessener, mit 18 Jahren kam er zum Bundesliga-Aufsteiger Borussia Mönchengladbach, wo er sogleich Stammspieler wurde. (Im Bild: Berti Vogts im weißen Trikot beim Auswärtsspiel in Frankfurt gegen Jürgen Grabowski im Dezember 1965)

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Schon 1966 bewies Vogts, dass Felix Magath nicht der Erfinder des Medizinball-Trainings ist. Der nur 1,68 Meter große Vogts beeindruckt durch seine Unerbittlichkeit im Zweikampf, durch seine ewige Lauferei und Einsatzfreude. Bekam er den Auftrag, den besten gegnerischen Spieler zu bekämpfen, hatte dieser keinen Spaß mehr am Spiel. Bald erhielt Vogts den Beinamen "der Terrier".

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Mit 20 Jahren debütierte Vogts (ganz rechts) in der Nationalmannschaft, am 3. Mai 1967 in Belgrad. Die Deutschen verloren 0:1, Berti Vogts sollte insgesamt 96 Länderspiele als Spieler absolvieren.

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Der erste Titel: 1970 gewann er mit Gladbach die Meisterschaft. Zusammen mit Günter Netzer (links).

Günter Netzer

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Während der Freigeist Netzer mit dem strengen Trainer Hennes Weisweiler nicht gut zurecht kam, war dieser für Vogts wie eine große Leitfigur. Für Weisweiler war "eine Niederlage eine ernste Sache", was Vogts gut verstand. Der Trainer urteilte einmal: "Berti hat nicht mal besonders viel Talent, aber er ist mutig und ehrgeizig, fleißig, diszipliniert und gewissenhaft."

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Berti Vogts war insofern Mitbegründer des deutschen Fußballmythos: nie aufgeben, immer weiter. 1970 verließ dennoch auch er das Jahrhundertspiel als Verlierer: 3:4 im Halbfinale der WM in Mexiko nach Verlängerung gegen Italien. (Im Bild: Berti Vogts, links,  vor der Verlängerung neben Willi Schulz)

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Berti Vogts umgab meist die Aura des Angestrengten, des Verbissenen, des uncharmanten Ehrgeizlings. Doch auch er konnte lässig sein. 1971 fuhr er einen knallgrünen Porsche 911. Im gleichen Jahr wurde er zum ersten Mal zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt, im Jahr seines Karriereendes 1979 wiederholte sich das.

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Es war die Zeit, als Fußballer unter roten Blumen in einem Buch lesend in ihrem Garten fotografiert wurden. Und in denen Werte wie Fairness, Ehrlichkeit und Kompetenz noch was galten. Zumindest erlebte das Berti Vogts so. Später sollte er nicht mehr so offen zu den Medien sein, sein Verhältnis zur Journalie entwickelte sich nicht zum Besten.

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Als Spieler allerdings gehörte er zu den Lieblingen. 1972 holte er zusammen mit Netzer und Heynckes Jupp den Cup, respektive den DFB-Pokal. Und wenig später auch die Europameisterschaft. Zwei Jahre später sollte im eigenen Land dann auch die WM gewonnen werden, doch ...

60 Jahre Deutschland - Fußball-WM 1974: Sparwassers 1:0

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Vogts wird 65:2iqt0126

... das Turnier begann weder für die deutsche Mannschaft noch für Vogts sehr erbaulich. 0:1 gegen die DDR - Berti Vogts war gegen Jürgen Sparwasser zu spät gekommen. Während einige Spieler danach ihre Stammplätze verloren, gab es indes nie eine Diskussion um Vogts. Kapitän Franz Beckenbauer wusste nur zu genau um den Wert eines Mannes, der sich für gar nichts zu schade war auf dem Platz.

Johan Cruyff,  Berti Vogts, Uli Hoeneß

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Auch nicht dafür, einem gewissen Johan Cruyff 90 Minuten auf den Schnürsenkeln zu stehen. Im Finale entwischte der Niederländer seinem Bewacher genau einmal: In der ersten Minute, als Uli Hoeneß schließlich Cruyff im Strafraum stoppte. Es gab Elfmeter und es stand 1:0 für die Gäste.

Fußballweltmeisterschaft 1974: Finale Deutschland - Niederlande: 2:1

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Vogts sah kurz darauf sogar die gelbe Karte, dennoch bekämpfte er zäh und unerbittlich den niederländischen Regisseur (Nummer 14). Diese Beharrlichkeit war ein Schlüssel dafür, dass die Deutschen ...

Berti Vogts als Fußballweltmeister 1974

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... am Ende das Finale noch 2:1 gewannen und Berti Vogts den Pokal in den Händen halten durfte. Der kleine Mann aus Büttgen in Nordrhein-Westfalen mit der größten Trophäe des Weltfußballs.

Berti Vogts mit UEFA-Pokal, 1975

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Schon ein Jahr später die nächsten Titel: Zum dritten Mal Deutscher Meister und zum ersten Mal Uefa-Cup-Sieger. Nach dem 0:0 im Final-Hinspiel siegte die Borussia bei Twente Enschede 5:1.

Borussia Mönchengladbach Deutscher Fußballmeister 1977

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Dreimal gewann Mönchengladbach mit dem Kapitän Vogts in Folge die Meisterschaft, zum letzten Mal 1977. Im Bild: Uli Stielike, Trainer Udo Lattek, Jupp Heynckes und Vogts (von links).

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1978 führt Vogts sogar die Nationalmannschaft als Kapitän zur WM nach Argentinien. Doch der Auftritt des DFB ging gründlich daneben, dass der schlechte Eindruck auch an Vogts haften blieb. Es gab Debatten um die mordende Diktatur im Land, zudem begrüßte der DFB den Ex-Nazi-Oberst Hans-Ulrich Rudel im Mannschaftsquartier. Berti Vogts indes schwärmte vom "Land, in dem Ordnung herrscht. Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen".

Und auch an der Schmach von Córdoba war Vogts hautnah beteiligt. Er erzielte das 1:1 für die Österreicher selbst per Eigentor (Bild).

Berti Vogts, Erich Ribbeck, Jupp Derwall, 1982

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Nur ein Jahr später, mit 32 Jahren beendete Vogts seine aktive Karriere und begann direkt beim DFB als Jugendtrainer. Von seiner Arbeit profitierte der DFB viele Jahre. 1990 standen im Siegerteam bei der WM bis auf Klaus Augenthaler nur Spieler, die Vogts zuvor betreut hatte. (Im Bild: Vogts bei der WM 1982 neben Assistent Erich Ribbeck und Bundestrainer Jupp Derwall).

Völler Klinsmann Vogts

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Nach der WM 1990 übernahm Vogts selbst das Amt des Bundestrainers. Der Bundes-Berti war geboren. Doch der Schatten seines Vorgängers Franz Beckenbauer war zu groß. "Wenn der Franz Beckenbauer in einen Raum kommt, dann geht das Licht an. Ich muss erst einmal den Schalter suchen", sagte Vogts in einem Interview mit dem Kicker (27.11.2011).

Stefan Raab

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Vor der WM 1994 schrieb Stefan Raab das Lied "Böörti Böörti Vogts" und kam damit auf Platz vier der deutschen Hitparade. Ein Textausschnitt: "Wer sieht hinten aus wie vorn? Böörti Vogts, Böörti Vogts. Wer darf in der Nase bohrn? Böörti Vogts, Böörti Vogts. Wer isst gerne Eis am Stiel? Böörti Vogts, Böörti Vogts. Und wer spielt gern mit Playmobil? Böörti Vogts, Böörti Vogts. Wer redet, was kein Mensch versteht? Böörti Vogts, Böörti Vogts."

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Die WM 1994 brachte wenig mehr als Ärger. Im Kicker-Interview erklärte  Vogts das Viertelfinal-Aus gegen Bulgarien als seine bitterste Niederlage. "Unser Kader war besser als der von 1990, wir hätten den Weltmeistertitel locker verteidigen können. Drei Spielerfrauen haben alles kaputt gemacht - es war unglaublich, was sich da bei uns abgespielt hat." Gemeint hat er: Martina Effenberg, Bianca Illgner und Angela Häßler.

Und so entstand der Bild der WM: Berti Vogts beim Abendessen nach dem Aus alleingelassen am Tisch.

Berti Vogts bejubelt Europameisterschaft, 1996

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Zwei Jahre später dann doch, und ein wenig überraschend, der Höhepunkt in der Bundestrainer-Karriere: Sieg bei der EM in England. Es ist bis zum Jahr 2011 der letzte Titelgewinn des DFB gewesen.

"HURRA DEUTSCHLAND"

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Berti Vogts gehörte inzwischen auch zu den gerne parodierten Persönlichkeiten in Deutschland. In der Sendung "Hurra Deutschland" trat seine Puppe neben der von Lothar Matthäus auf.

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Die WM 1998 endete genauso unerquicklich wie die WM 1994. Wieder Aus im Viertelfinale, diesmal 0:3 gegen Kroatien. Schlimmer allerdings, dass sich Vogts danach als schlechter Verlierer zeigte. Weil ein Platzverweis für Christian Wörns gegen Kroatien die Niederlage einläutete, fabulierte er von einer Verschwörung der Fifa: Die anderen Spieler könnten sich alles erlauben, seine Spieler nichts: "Ich weiß nicht, ob es eine Anordnung gibt. Vielleicht ist der deutsche Fußball zu erfolgreich."

Stefan Effenberg und Berti Vogts im Trainingslager.

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Zwar entschuldigte sich Vogts anderntags, doch sein Ruf war endgültig dahin. Die Nation wollte ihn am liebsten verjagen, doch Vogts dachte zunächst nicht daran. Er wollte den Neubeginn selbst anführen, holte selbst Stefan Effenberg zurück, den er 1994 noch aus dem WM-Quartier geworfen hatte.

RCKTRITT BERTI VOGTS ZEITUNGSSTAND

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 Doch nach einer furchtbaren Testspiel-Reise nach Malta und nach einer tagelangen Belagerung von Vogts Einfamilienhaus in Korschenbroich trat der Bundes-Berti zurück.

NIKOLAUSFEIER BAYER LEVERKUSEN

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Zwei Jahre später trat Vogts seine einzige Trainerstelle in der Bundesliga an: bei Bayer Leverkusen (im Bild mit Weihnachtsmann Reiner Calmund und dem damaligen Teamchef Rudi Völler). Damals wurde er belächelt, weil er eine Handvoll Assistenztrainer mitbrachte, inzwischen ist das gängig. Vogts sagt über diese Zeit: "In dieser Saison wären wir Deutscher Meister geworden, wenn ich einen Torwart gehabt hätte." Am Saisonende wurde er entlassen.

Nigeria's soccer coach Berti Vogts from Germany is challenged by Ifeanyi Onwuatu during a training session at the Hope centre in the outskirts of capital Nairobi

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In Deutschland nicht gerade beliebt oder geachtet, wählte Vogts anschließend den Weg ins Ausland. Ein halbes Jahr Kuwait, zweieinhalb Jahre Schottland, ein knappes Jahr Nationaltrainer in Nigeria (Bild) und seit April 2008 Trainer der aserbaidschanischen Nationalmannschaft. Dort hat er einen Vertrag bis 2014.

© sueddeutsche.de
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