Vierschanzentournee:Faxen und Freudensprünge

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Zweiter beim zweiten Springen: Kenneth Gangnes. (Foto: D. Karmann/dpa)

Johann Andre Forfang, 20, Vierter. Kenneth Gangnes, 26, Zweiter. Das junge Team aus Norwegen überzeugt beim zweiten Springen in Garmisch-Partenkirchen - auch dank einer großen Hilfe aus Österreich.

Von Volker Kreisl, Garmisch-Partenkirchen

Der Skisprungtrainer Alexander Stöckl hat das Land Norwegen schätzen gelernt. Seit er dort als Trainer arbeitet, hat er herausgefunden, dass es manche Unterschiede gibt, aber auch viele Gemeinsamkeiten. Ein Unterschied liege darin, dass Tempoverstöße schärfer geahndet würden. Stöckl ist zwar kein Raser, aber er weiß: "Bei 20 Stundenkilometern zu viel brennen's dir tausend Euro." Bei den Gemeinsamkeiten gerät er ein bisschen ins Schwärmen. In beiden Ländern gebe es diese entspannte Mentalität, und beide Länder haben auch Berge. Andererseits, Norwegen hat auch das Meer, "das ist auch sehr schön". Ein weiterer Unterschied, den Stöckl allerdings nicht erwähnt, besteht darin, dass Norwegen zurzeit die besseren Skispringer hat.

Während die große Skisprungnation Österreich vor dem Umzug der Vierschanzentournee leicht taumelt, weil sie nur noch zwei Top-Ten-Springer aufweist, von denen der Beste, Michael Hayböck, nahezu keine Chancen mehr auf einen Gesamtsieg hat, verfügt Stöckls Mannschaft über ein großes Reservoir an Talenten. Auch die werden zwar wohl nicht mehr in den Kampf um den Gesamtsieg eingreifen können. Aber ihnen gehört die Zukunft.

Sie sind jung. Und noch ein wenig unberechenbar

Von seinen sieben Weltcupspringern schaffen es meistens drei unter die besten Zehn, in Garmisch überzeugten Johann Andre Forfang, 20, und Kenneth Gangnes, 26, als Vierter und Zweiter. Der Dritte im oberen Bereich war diesmal Anders Fannemel, 24, als Siebter. Aber auch Andreas Stjernen, 28, war schon Top-Ten-Springer. Oder Joachim Hauer, 24. Oder Daniel Andre Tande, 21, der schon Weltcups gewann, in Garmisch aber als 30. der Letzte des Finales war. Es ist eine junge Gruppe, und junge Menschen sind eben noch etwas unberechenbar.

Sie alle haben die Gemeinsamkeit, dass sie von der Arbeit von Alexander Stöckl profitieren. Der 42-Jährige ist selber ein Spross der österreichischen Skisprung-Schule. Als Springer war er allerdings nur zwei Jahre im Weltcup, mit mäßigem Erfolg. Er wechselte auf das Ski-Gymnasium in Stams in Tirol, und wurde erst Jugendtrainer, dann Co-National-Trainer und übernahm 2011 Norwegens Team. Dort baute er im Wesentlichen jene Strukturen auf, die Österreichs Verband stark machten, und auch in Deutschland dank der Arbeit des österreichischen Trainers Werner Schuster nun fruchten: eine einheitliche Trainings- lehre, die von oben nach unten in Stützpunkte und Vereine getragen wird.

Damit hat auch der zurzeit Beste im Team, Kenneth Gangnes, Erfolg. Er ist schon etwas länger dabei, war von zwei Kreuzbandrissen zurückgeworfen worden, und weil er unter Stöckl in gewisser Weise wieder ganz von vorne anfangen musste, kann auch der 26-Jährige an der Schanze noch als unsteter Youngster gelten.

Der Erfolg von Stöckls Team hat alle möglichen technischen und trainingswissenschaftlichen Gründe, aber auch einen ganz banal Menschlichen. Die sieben Individualsportler bilden, getragen von ihrem plötzlichen Erfolg, eine Einheit, was Stöckl an den Faxen und Freudensprüngen erkennt, die sie beim Erfolg des jeweils Besten zeigen. Erfahrungsgemäß währt dieser Anfangsharmonie in einem Siegerteam nicht ewig, wie das Beispiel von Österreichs Super-Adlern des vergangenen Jahrzehnts irgendwann zeigte. Stöckls norwegische Jungs denken daran zurzeit aber nicht.

© SZ vom 02.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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