Vierschanzentournee:Ein Sieger steht fest: die Tournee selbst

64th Four Hills Tournament - Oberstdorf Day 2

Sprung hinein in die Begeisterung: die Skispringer in Oberstdorf.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Sieben Mal haben Österreicher in Serie die Vierschanzentournee gewonnen. Diese Monotonie scheint beendet - und die Zuschauer strömen.

Kommentar von Volker Kreisl

Wäre die Vierschanzentournee nicht schon 64 Jahre alt, dann könnte sie auch als eines der neuen Wettbewerb-Fernsehformate durchgehen. Da tritt immer ein Pool von Bewerbern über mehrere Etappen darum an, am besten zu tanzen, zu singen, am besten auszusehen oder, in diesem Fall eben: zu springen. Am Ende bleibt ja auch bei der Tournee nur einer übrig. Doch anders als im Benotungs-TV steht bei dieser 64. Tournee der Sieger schon nach dem ersten Springen fest. Es ist die Tournee selbst.

Der Serie war in den zurückliegenden Jahren das Mitreißende für die Zuschauer abhandengekommen, sieht man einmal von Österreich ab. Die Nation stellt seit sieben Jahren den Sieger, das aber so deutlich, dass auch für die Anhänger des besten Skisprunglandes das Entscheidende litt: die Spannung. 2013 errang Österreichs Verband einen Dreifachsieg, zuletzt gelangen zwei Doppelerfolge. Und im vergangenen Jahr kämpften schon ab Garmisch eigentlich nur noch der Oberösterreicher Stefan Kraft und der Niederösterreicher Michael Hayböck um den Sieg.

Immer ging es vorab um die Frage: Reißt diesmal Austrias Serie? Und wie es ist mit Fragen, die immer gleich beantwortet werden - irgendwann werden sie nicht mehr gestellt.

Diese Monotonie ist nun aufgebrochen. Nach dem knappen Sieg von Severin Freund reist die Tournee mit vier annähernd gleich starken und knapp hintereinander platzierten Springern weiter: Freund, Hayböck, Peter Prevc und Anders Fannemel - ein Deutscher, ein Österreicher, ein Slowene und ein Norweger. Alle haben ihre Qualität über Jahre nachgewiesen und versprechen für die aktuelle Serie weitere Spannung.

Wichtig für das Renommee des Rennens um den besten Springer war nun insbesondere Freunds gefühlsbeladener Auftaktsieg in Oberstdorf. Für den Athleten selber war es nur eine Etappe, der Tournee könnte der Auftritt aber wieder mehr Glanz verleihen. Denn sie findet eben zur Hälfte in Deutschland statt. Und auch wenn der nachdenkliche Niederbayer Severin Freund wohl niemals ein Poster-Boy sein wird - im nächsten Etappenort Garmisch gingen über Nacht 1000 Karten weg, das Neujahrsspringen ist fast ausverkauft. Die Veranstalter erwarten wieder eine Steigerung der Einschaltquote.

Erfolgreiche Wettbewerbe müssen emotional aufgeladen werden, mit schrillen Charakteren, und deswegen wird in Wirklichkeit weder diese noch fernere Tourneen jemals das Zeug zu einem modernen Format haben. Nicht nur Severin Freund, auch Prevc, Hayböck und Fannemel sind stille und konzentrierte Menschen. Der knappe und überraschende Ausgang des Springens in Oberstdorf hat die Zuschauer dennoch bewegt.

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