VfL Wolfsburg:Zirkuskind der Liga

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Hoch in die Luft: Bas Dost (links) in den Armen von Daniel Caligiuri.

(Foto: AFP)
  • 4:1, 5:4, 5:3: Wer viele Tore mag und wilde Spielverläufe liebt, der muss sich die Partien des VfL Wolfsburg ansehen.
  • Neben all der Freude über die hemmungslose Offensivwucht kommen jedoch auch Zweifel auf
  • Hier geht es zu den Ergebnissen und zur Tabelle der Bundesliga.

Von Carsten Eberts

Die vielen, vielen Tore, die die Angestellten des FC Bayern erzielen, nutzen nichts: Der VfL Wolfsburg ist derzeit das Zirkuskind der Liga. Die Münchner liefern die Mondergebnisse, 8:0 und 6:0, doch die Spielverläufe sind vergleichsweise einseitig. Weil die Gegner spätestens zu Beginn der zweiten Halbzeit die Lust verlieren, sich dieser Übermacht zu erwehren.

Die Wolfsburger hingegen zeigen... ja, was zeigen die eigentlich? Herausragende Unterhaltung, zum Augen reiben. Sie lassen den Gegner hoffen, schlagen dann eiskalt zu. 4:1, 5:4, 5:3 - das sind die Ergebnisse, die der VfL in dieser jungen Rückrunde geliefert hat. Langweilig wird es nie. So erkannte Abwehrspieler Timm Klose am Sonntagabend in Bremen reichlich verdattert: "Das war ein Spektakel."

Fünfzudrei! Dreimal waren die Wolfsburger im tosenden Weserstadion in Rückstand geraten, zweimal benötigte der VfL nur knapp über 60 Sekunden, um die Partie durch Daniel Caligiuri und Maximilian Arnold jeweils auszugleichen. Bremen gelang ein drittes Tor, ging sogar mit Führung in die Pause - ehe Wolfsburg kurz nach Wiederanpfiff binnen sechs Minuten drei Treffer nachlegte (48., 51., 53.). "Ein wildes Spiel", urteilte Dieter Hecking, was aus dem Mund eines Trainers nie sonderlich positiv klingt.

Erinnerungen an Leverkusen

Schon vor zwei Wochen gegen Leverkusen gab es eine Partie, deren Verlauf niemand voraussagen konnte. 3:0 lag Wolfsburg vorne, hätte auch 5:0 oder 6:0 führen können. So überlegen agierte der VfL, ehe die Abwehr das Abwehren vergaß. Plötzlich stand es 4:4 - und erst in der Nachspielzeit schaffte Bas Dost den Siegtreffer zum 5:4.

Nun dieses Hin und Her mit Bremen. "Zu spektakulär aus meiner Sicht", befand Doppeltorschütze Caligiuri. "Es sind außergewöhnliche Spiele, die wir im Moment abliefern", befand auch Hecking. Immerhin sei sein Team "immer in der Lage, ein Tor zu machen".

Eine solche Qualität ist löblich, allerdings blieben auch leise Debatten über die Abwehrleistung nicht aus. Auf 16 Punkte in der Rückrunde verteilen sich bereits muntere 20:10 Tore. Er würde "eigentlich lieber fünfmal 1:0 gewinnen", klagte Arnold. Doch davon erscheint Wolfsburg derzeit so weit entfernt wie von Platz eins in der Tabelle der beliebtesten Kultklubs der Liga.

Handlungsbedarf in der Defensive

"Uns fehlt die Konsequenz im Abwehrverhalten, das müssen wir büßen", kritisierte Sport-Geschäftsführer Klaus Allofs. In der Anfangsphase wirkte insbesondere die linke Seite um Klose anfällig, beim 2:3 unterlief Vierinha zudem ein kurioses Eigentor. Mittelfristig leitet sich daraus ein Handlungsbedarf ab: In der Bundesliga mag das Hau-Ruck-Spiel noch funktionieren. Doch will die Mannschaft in der Champions League bestehen, muss dringend an der defensiven Performance gearbeitet werden.

Noch mehr Verwunderung herrscht jedoch über die Fähigkeit der Wolfsburger, auf jeden Spielverlauf reagieren zu können. Kein Spiel ist zu wild, kein Rückstand zu niederschmetternd, keine Wendung zu überraschend - die Niedersachen stehen immer wieder auf. Und erzielen am Ende mindestens ein Tor mehr als der Gegner.

"Das Positive ist, dass wir reagieren", lobte Allofs. Und fügte lächelnd hinzu: "Wenn wir einen reinkriegen, schießen wir einfach im nächsten Angriff das Ausgleichstor. Darauf haben wir uns ein bisschen verlassen."

Dost, immer wieder Dost

Entscheidend an der Wendung beteiligt war wieder einmal Bas Dost. Kurz nach der Pause erzielte der Stürmer das 3:3 und 4:3 selbst, das 5:3 durch Caligiuri bereitete er vor, wenn auch aus Abseitsposition. Und Dost konnte, ganz Stürmer, dem wilden Spielverlauf kaum Negatives abgewinnen. Elf Tore hat er in der Rückrunde nun bereits erzielt, der Niederländer profitiert am meisten vom hemmungslosen Wolfsburger Offensivspiel.

So fasste Dost das Spiel, aus seiner Sicht, treffend zusammen: "5:3 gewonnen, sehr gut."

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