VfL Wolfsburg:Unwetterwarnung aus Niedersachsen

FC Ingolstadt v Eintracht Frankfurt - Bundesliga; Manuel Gräfe

Umstrittene Ansetzung: Fifa-Schiedsrichter Manuel Gräfe.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Das Abstiegs-Endspiel zwischen dem Hamburger SV und dem VfL Wolfsburg wird Schiedsrichter Manuel Gräfe leiten.
  • Im Sommer 2015 pfiff er das Relegationsspiel des HSV gegen den Karlsruher SC. Seine Leistung wurde als unglücklich empfunden.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Zu Wochenbeginn, als das Spiel zwischen dem Hamburger SV und dem VfL Wolfsburg begann, seinen Schatten vorauszuwerfen, wurden Äußerungen von Heribert Bruchhagen, Vorstandschef der Hanseaten, bekannt, die ein kleines Gewitter verursachten. Bruchhagen war vom Deutschlandfunk vernommen und dabei etwas gereizt worden. Man bekomme den Eindruck, dass die Fußballnation nichts lieber sähe als einen Abstieg des HSV.

Er widersprach dann mit einer Einschätzung, die jeder auch nur annähernd zu Verschwörungstheorien neigende Mensch, nun ja, interpretieren konnte: "Ich denke dass die Bundesliga und auch die Fernsehanstalten und auch die Medien sehr, sehr daran interessiert sind, dass der HSV weiterhin fester Bestandteil der Bundesliga ist." Vorangeschickt hatte der frühere Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), dass der HSV anderer Bundesligisten Stadien füllt.

Nur: Am vorangegangenen Wochenende hatte der HSV bei Schalke 04 von einem Linienrichter profitiert, der sich erstaunlich sicher war, dass ein bei einer Ecke getretener Ball hinter der Grundlinie war, ehe er in den Strafraum segelte. Das folgende Tor für Schalke, welches das 1:2 gegen den HSV bedeutet hätte, wurde annulliert.

Manuel Gräfe kann eigentlich nur verlieren

Anfragen zu Bruchhagen wollte Wolfsburg am Montag jedenfalls lieber nicht beantworten, und wer weiß: Womöglich wären die Äußerungen des HSV-Bosses wieder vergessen worden, wenn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nicht so viel Mut - oder Humor? - bewiesen hätte: Am Donnerstag wurde bekannt, dass für das Spiel des HSV gegen Wolfsburg, das über die Besetzung der Relegation entscheidet (Samstag, 15.30 Uhr), der Schiedsrichter Manuel Gräfe ausgewählt wurde.

Ausgerechnet Gräfe. Im Sommer 2015 war er bereits für ein entscheidendes Spiel des HSV eingeteilt, und er machte dabei eine Figur, die nicht bloß beim Gegner aus Karlsruhe als unglücklich bis desaströs empfunden wurde. Zur Erinnerung: In der Nachspielzeit des zweiten Relegationsspiels schoss Slobodan Rajkovic (HSV) aus kurzer Entfernung Jonas Meffert an den angelegten Oberarm. Gräfe pfiff, Freistoß. Der HSV glich aus, der KSC verlor noch 1:2 und stieg nicht auf, der HSV nicht ab. "Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte, wenn man das sieht", schimpfte der damalige KSC-Sportdirektor Jens Todt und spottete in Gräfes Richtung: "Augen auf bei der Berufswahl!"

Weil das Leben ironisch ist, begibt es sich, dass Todt nun beim HSV Manager ist. Am Donnerstag schwieg er zu Gräfe, HSV-Trainer Markus Gisdol sagte: "Ich hoffe, es gibt in diesem Spiel keine knappen Entscheidungen und setze einfach auf einen guten Schiedsrichter." Und beim VfL? Manager Olaf Rebbe sagte, er sei sich "sicher", dass "der DFB sich seiner Verantwortung schon bewusst ist". Nur: Verantwortung kann man auch anders leben. Denn Gräfe kann eigentlich nur verlieren. Sollte er Fehler begehen, die dem HSV schaden, wird es heißen, das schlechte Gewissen nage an ihm seit Karlsruhe. Im umgekehrten Falle wird er wohl auf ewig als HSV-Referee gelten - egal, ob das stimmt oder nicht.

Für Wolfsburg sei die Ansetzung "pikant"

Kurios auch: die angeblichen Gründe für die Gräfe-Wahl ähneln einem Abzählreim. Felix Zwayer ist bei der U20-WM in Korea, Felix Brych, Deniz Aytekin und Wolfgang Stark sollen sich aus diversen Gründen nicht mehr in die Nesseln setzen. Brych und Aytekin, weil sie das Champions-League- und das DFB-Pokalfinale pfeifen sollen; Stark, weil er nicht unter Verwünschungen in Rente gehen soll.

Gräfe ist also nur: "The best of the rest". Hinter vorgehaltener Hand hieß es in Wolfsburg sehr wohl, dass die Ansetzung "pikant" sei. Ferner war zu hören, dass der VfL von der Auswahl Gräfes durch eine Anfrage der Bild erfuhr - 24 Stunden, bevor die Referee-Nominierungen am Donnerstag um 16 Uhr publik wurden.

Welch Nervosität danach herrschte, ließ sich daran ablesen, dass Trainer Andries Jonker sofort "die alten Geschichten" erzählt bekam, wie er sagte. Wohl daher versuchte er, sich an die neuere Geschichte zu klammern. "Der hat uns gepfiffen gegen Frankfurt. Da haben wir gewonnen", sagte er.

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