VfL Wolfsburg:Sogar mit der Nase

VfL Wolfsburg v SV Darmstadt 98 - Bundesliga

Ein unschlagbares Duo? Wolfsburgs neuer Trainer Andries Jonker (links) und sein Sturmtank Mario Gomez verlängern ihre Erfolgsserie.

(Foto: Ronny Hartmann/Getty Images)

Die Serie, Teil acht: Mario Gomez trifft, sobald er unter dem Chefcoach Andries Jonker aufläuft. Gegen Darmstadt sichert der Nationalspieler seinem Klub damit drei wichtige Punkte.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Die Geschichte des Fußballs hat so einige kuriose Sturm-Pärchen hervorgebracht, und man muss da nicht einmal zurückgehen bis in die siebziger Jahre, als eine legendäre Frage - Seeler oder Müller? - durch die Auswechslung der Konjunktion beantwortet wurde: Seeler und Müller! Die Gegenwart hat nun ein Erfolgspaar hervorgebracht, das in einer Weise eigentümlich ist, dass man angesichts des ebenfalls legendären Sturmproblems in der deutschen Nationalelf fast schon darüber nachdenken müsste, Weltmeistercoach Joachim Löw vor der WM 2018 durch den Niederländer Andries Jonker zu ersetzen, der den VfL Wolfsburg trainiert. Denn mit ihm als Cheftrainer trifft Deutschlands aktueller Mittelstürmer Nummer eins, Mario Gomez, wie er will.

Acht Bundesligaspiele hat Gomez, 31, unter der Chefregie Jonkers absolviert - fünf davon im Jahr 2011 beim FC Bayern, als Jonker Interimstrainer war -, und in jeder dieser Partien trug er mit mindestens einem Tor dazu bei, Punkte zu holen. Am Wochenende kam bei Wolfsburgs Spiel gegen Darmstadt Gomez' zwölfter Jonker-Treffer hinzu (45. Minute), er reichte den Niedersachsen zum 1:0-Sieg. Der VfL, neulich noch in akuter Abstiegsgefahr, hat seit Jonkers Amtsantritt sieben Punkte in drei Spielen gesammelt, Abstiegsplatz 17 ist nun zehn Punkte entfernt. Hadern konnten die Wolfsburger nur darüber, dass sie Großchancen liegen ließen und deshalb in der Schlussphase noch Schreckensmomente zu überstehen hatten. Aber auch das konnte das Fazit des Jonker-Starts nicht mehr ändern: "Schön ist, dass wir jetzt darüber sprechen, dass wir vorne die Tore machen müssen. Vor ein paar Wochen haben wir noch darüber geredet, dass wir Punkte holen müssen", sagte Gomez, der vor der Verpflichtung des Niederländers vier Spiele lang ohne Torerfolg geblieben war.

Das Vertrauen in die eigene Stärke sei ihm zwar nie abhandengekommen, beteuerte Gomez. Aber etwas habe sich verändert: "Ich habe wieder dieses Gefühl, dass es jeden Moment klingeln kann. Das ist das Allerwichtigste für einen Stürmer." Die Konsequenz: Der Ball fliegt nun auch, wie gegen Darmstadt, "irgendwie über die Linie". Vergleichsweise zufällig also.

Er habe eigentlich nur versucht, sich im Rücken seines Bewachers zu lösen, um dessen Kopfballstärke zu umgehen, sagte Gomez. "Als ich dann schauen wollte, wo ist der Ball, wo ist der Torwart, war der Ball auch schon in meinem Gesicht - und im Tor." Schulbuchmäßig war der Kopfstoß tatsächlich nicht: Flankengeber Jannes Horn habe ihm "den Ball quasi auf die Nase geschossen", gestand Gomez. Wobei: Zufall ist das alles nicht, was gerade in Wolfsburg passiert. Im Gegenteil.

Nach den Wirren unter Valérien Ismaël macht der VfL wieder den Eindruck einer ideologisch gefestigten Einheit. "Das Entscheidende ist, dass wir jetzt einen klaren Plan mit Ball haben", sagte Gomez. "Den hatten wir davor vielleicht nicht, weil wir es uns auch nicht zugetraut und gedacht haben: Wenn man so weit unten steht, darf man nicht mehr Fußball spielen. Uns hat der Trainer gesagt: Warum nicht?"

Gomez selbst wurde von Jonker nachdrücklich daran erinnert, dass sein natürliches Habitat der Strafraum ist. "Er muss nicht die Flanken schlagen, er muss nicht ins Mittelfeld zurück, er muss da sein, wo er der Beste ist", sagte Jonker. "Es geht nur darum, dass er das macht, worin er wirklich gut ist. Und das ist, im Strafraum die Chancen zu verwerten." Das macht er so vortrefflich, dass Jonker seine paranormal wirkende Beziehung zu Gomez zum "Fußballmärchen" stilisierte. Dass er unter Jonker immer treffe, sei schön, sagt wiederum Gomez. Wichtiger sei ihm, dass eine andere Serie halte; jene, die besagt, dass er mit Jonker noch nie ein Pflichtspiel verloren habe. Sollte diese bis Saisonende anhalten, "steigen wir nicht ab".

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