VfL Wolfsburg:Rucksack runter

VfL Wolfsburg: "Man macht sich so seine Gedanken, auch wenn man versucht, locker zu bleiben": André Schürrle über seine Anfangsschwierigkeiten beim VfL Wolfsburg.

"Man macht sich so seine Gedanken, auch wenn man versucht, locker zu bleiben": André Schürrle über seine Anfangsschwierigkeiten beim VfL Wolfsburg.

(Foto: Peter Steffen/AP)

30 Millionen Euro, erstes Tor: Der im Winter verpflichtete André Schürrle kommt in Wolfsburg an und trifft gegen Stuttgart zum 3:1.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Diego Benaglio hatte es kommen sehen. Denn der Schweizer Torwart des VfL Wolfsburg hatte mit Genugtuung registriert, dass André Schürrle, der Winterpausen-Einkauf seines Klubs, vital vom Kurztrip mit der Nationalelf nach Niedersachsen zurückgekehrt war. "Er hat richtig gut trainiert", berichtete Benaglio. Und so war es nur die Bestätigung einer Ahnung, als Schürrle in der 75. Minute der Partie gegen den VfB Stuttgart eine Aktion mit Erfolg krönte, die der Keeper eingeleitet hatte: Er hatte den Ball in die gegnerische Hälfte gedroschen und beobachtet, wie ihn Kevin De Bruyne zu Schürrle bugsierte. Dessen Torschuss und -schrei waren dann nur noch eins. Es war das 3:1 - der Endstand gegen einen durchaus ambitioniert auftretenden Tabellenletzten aus Schwaben.

Dass Schürrle, 24, mit seinem Treffer sein eigenes Leiden beendete, war nicht zu übersehen. Von einem "Riesenrucksack", den Schürrle mit sich herumgeschleppt habe, sollte Wolfsburg Trainer Dieter Hecking später sprechen - nicht ohne den Hinweis zu geben, dass das nach außen gar nicht richtig sichtbar gewesen sei, weil Schürrle immer so fröhlich wirke und gut gelaunt. "Man macht sich so seine Gedanken, auch wenn man versucht, locker zu bleiben", sagte Schürrle dazu. Den Zuspruch der Fans habe er zwar seit seiner Ankunft gespürt; wenn er durch die Stadt laufe, merke er beim direkten Kundenkontakt: "Die haben Bock drauf."

Und dennoch: Wolfsburg ist manchmal auch eine Fußballstadt, mit Medien, Ungeduld und Erwartungen, die unmittelbar bedient werden sollen. Beim Nationalspieler Schürrle sah das so aus, dass die Verweise auf den Weltmeisterstatus sowie die mindestens 30 Millionen Ablöse, die an den FC Chelsea überwiesen wurden, fast schon denunziatorisch in die Debatte eingeführt wurden. Die Millionen trugen womöglich auch zu den vielen vergebenen Chancen bei, die ihn verfolgt haben müssen bis in seine Traumphasen. Zuspruch erhielt er vom Team im Allgemeinen, vom Teamleader De Bruyne im Besonderen. Der Belgier wies gerne darauf hin, dass es ihm vergangenes Jahr beim Wechsel von London nach Wolfsburg ähnlich ergangen war. Dass man Geduld haben müsse. So gesehen trug es Züge poetischer Gerechtigkeit, dass De Bruyne den Ball zu Schürrles erstem Tor im zwölften Pflichtspiel-Einsatz auflegte.

Wobei Schürrle es seinen neuen Spiel- kameraden nach Lage der Dinge auch leicht machte. Er übte sich in Selbstbeschränkung. Bei Antritt seiner neuen Stelle verzichtete er drauf, eine Rückennummer zu fordern; und dass er zuletzt auf der Bank saß, nahm er nicht nur klaglos hin, er betrachtete es als nützliche Resozialisierungsmaßnahme. "Ich will jedes Spiel von Beginn an machen, das weiß der Trainer. Aber in der Phase, in der ich mich befinde, tun mir Spiele von der Bank auch mal ganz gut", dozierte Schürrle und wies darauf hin, dass er dann eingreifen könne, wenn die Gegner matt und mürbe sind. Am Dienstagabend hat er wieder Gelegenheit: Wolfsburg spielt im Pokal-Viertelfinale gegen den SC Freiburg.

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