VfL Wolfsburg:Großes Dilemma in Wolfsburg

FC Schalke 04 v VfL Wolfsburg - DFB Cup

Gehen nun getrennte Wege: Sportchef Olaf Rebbe (links) und Ex-Trainer Martin Schmidt.

(Foto: Stuart Franklin/Getty)

Von Carsten Scheele

Die Liste derer, die es nun versuchen könnten, war in Wolfsburg schnell erstellt: Lucien Favre steht darauf, der Schweizer Coach von OGC Nizza - sein Name fällt häufig als Erster, wenn in der Bundesliga ein Trainer gesucht wird. Auch Jens Keller, Markus Weinzierl, Bruno Labbadia und Peter Bosz werden in der Lokalpresse gehandelt (aus Vollständigkeitsgründen auch Mirko Slomka). In diesem Zusammenhang sei auf die grundsätzliche Verfügbarkeit von Thomas Tuchel verwiesen, wobei davon auszugehen ist, dass der europaweit begehrte Trainer ein Angebot aus Wolfsburg, nun ja, müde weglächeln würde.

Der freiwillige Rücktritt von Übungsleiter Martin Schmidt hat dem VfL Wolfsburg ein großes Dilemma beschert, denn der Klub hat bei genauerem Hinsehen nicht nur eines, sondern mindestens zwei Probleme. Erstens muss der VfL zum dritten Mal in 16 Monaten einen neuen Trainer finden - Valérien Ismaël blieb als Nachfolger von Dieter Hecking nur vier Monate im Amt, Andries Jonker anschließend immerhin sieben. Schmidt schmiss nun nach nur fünf Pflichtspielsiegen in 154 Tagen in akuter Abstiegsgefahr hin.

Schmidt fehlte offenbar die Rückendeckung

Holt Wolfsburg nun einen Trainer bis zum Saisonende, im Branchenjargon "Feuerwehrmann" genannt, der den Klub vor dem Abstieg bewahren soll? Oder gleich einen Coach, der über das Saisonende hinaus in der Autostadt bleibt? Beide Szenarien sind denkbar. Klar ist nur, dass die Suche bei null beginnt. Schmidts Rücktritt hat den VfL um Manager Olaf Rebbe kalt erwischt. Einen "Plan B" hatte niemand. Es muss schnell gehen.

Das zweite Problem ist, dass Wolfsburg als Arbeitsplatz zunehmend unattraktiver wird. Das lässt sich allein aus Schmidts Begründung für seinen Rücktritt herauslesen. Der VfL hätte ihn gerne behalten, Rebbe bezeichnete ihn als "Wunschtrainer". In einer "kontrovers geführten Diskussion" versuchte der Sportchef noch, Schmidt zum Bleiben zu überreden. Doch dessen Entschluss stand fest. Schmidt wollte "den Weg freimachen, damit der VfL mit einem neuen Cheftrainer schnellstmöglich den Klassenerhalt sichern kann", wie es in der Pressemitteilung hieß. Ein honoriger Schritt, hinter dem aber wohl mehr steckte.

So soll das kommende Spiel in Mainz eine entscheidende Rolle bei Schmidts Entschlussfindung gespielt haben. Mainz befindet sich ebenfalls in Abstiegsgefahr und ist Schmidts alte Heimat, ausgerechnet dieses Spiel wäre wohl zum "Endspiel" für den Trainer ausgerufen worden. Laut Medienberichten vermisste Schmidt die nötige Rückendeckung, der Trainer fühlte sich offenbar alleingelassen. "Er hatte das Gefühl, dass es in dieser Konstellation nicht funktioniert", sagte Schalkes Sportvorstand Christian Heidel am Dienstag, der mit Schmidt befreundet ist. Ein Zeichen dafür, dass es in Wolfsburg nicht bloß auf der Trainerposition krankt.

Schmidts Rücktritt schwächt Sportchef Rebbe weiter, der ohnehin als angeschlagen gilt. Rebbe lag in jüngster Vergangenheit nicht nur zweimal offenkundig bei seinen Trainerentscheidungen daneben: Der 39-Jährige hat seit Anfang 2017, als er die Nachfolge von Klaus Allofs übernahm, 17 neue Spieler zum VfL geholt und dabei geschätzte 112 Millionen Euro ausgegeben - ohne, dass sportlich wirklich etwas besser wurde. Schon vor dem Heimspiel gegen den FC Bayern, das in letzter Minute 1:2 verloren ging, musste Aufsichtsrat Hans-Gerd Bode Boulevard-Meldungen dementieren, wonach Rebbe seinen Rücktritt angeboten habe.

So muss der VfL Wolfsburg zwei Fragen klären. Zum einen natürlich, wer neuer Trainer wird. Zum anderen aber, ob Sportchef Rebbe diesen noch aussuchen darf.

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