VfL Wolfsburg:"Mit dem Arsch gewackelt"

VfL Wolfsburg - FC Augsburg

In Donnerwetterstimmung: Wolfsburgs Torschütze Mario Gomez war nach dem 1:2 vernehmbar sauer.

(Foto: Peter Steffen/dpa)

Immer nur quer, quer und zurück: Beim 1:2 gegen den FC Augsburg wird die Mannschaft von Trainer Valérien Ismaël unsanft geerdet.

Von JÖRG MARWEDEL, Wolfsburg

Das Gesicht eines frustrierten Mario Gomez erinnert zuweilen an einen Raubvogel. Das Gesicht eines sehr frustrierten Mario Gomez erinnert an einen besonders böse schauenden Adler. So war das nach dem 1:2 des VfL Wolfsburg gegen den FC Augsburg. Der ernüchterte Nationalstürmer ließ kein gutes Haar an seinem Team. Es habe "mit dem Arsch gewackelt und geglaubt, so gewinne man ein Bundesliga-Spiel", ätzte er gegen die eigenen Kollegen. Die hätten gespielt wie eine Jugend-Mannschaft, schnaubte er in seiner Wutrede. Die Vorstellung sei nach den drei gewonnenen Partien zuvor gewesen, man habe immer "quer, quer und zurück" gespielt. Offenbar suche man noch immer die eigene "Identität", mutmaßte der Angreifer, der zum Mahner des aus den Fugen geratenen VfL-Projektes geworden ist.

Das kuriose Ausgleichstor wird zum Symbol für die ganze Partie

Dabei hatte der 31-Jährige schon in der 4. Minute alles vorbereitet für den vierten Sieg hintereinander - wenn auch illegal. Einen Freistoß des neuen Regisseurs Yunus Malli hatte er mit Kopf und Hand zum 1:0 im Augsburger Tor untergebracht, und das auch noch aus Abseitsstellung - eine Tatsache, die Schiedsrichter Bastian Dankert und sein Assistent übersahen. Aber das Merkwürdige war, dass den Augsburgern der frühere Rückstand "nichts ausgemacht hat", wie später der Ersatz-Ersatz-Kapitän Marwin Hitz sagte, der Paul Verhaegh (Grippe) und Daniel Baier (Achillessehnenprobleme) ersetzte, die wohl wichtigsten Augsburger Feldspieler. Dazu kam ein weiteres halbes Dutzend Ausfälle. Doch fand es Altintop "frech", als ein Journalist die Übriggebliebenen "eine Rumpfmannschaft" nannte. Wie eine Resterampe spielte die Elf tatsächlich nicht. Sie hatte sich, so Dominik Kohr, nach den Ausfällen eine Art "Scheiß-Egal-Mentalität" zugelegt.

Mit diesem Schwung setzte man Wolfsburg immer wieder unter Druck, weshalb schon in der 25. Minute der Ausgleich fiel. Luiz Gustavo, der Fehlpasskönig dieses Nachmittags, spielte den Ball so hart und unpräzise auf Diego Benaglio zurück, dass der perplexe VfL-Torwart ihn in seiner Panik Altintop an den Schädel schoss. Von dort sprang die Kugel erst an die Latte, dann zum Deutsch-Türken zurück, der sie schließlich mit dem Kopf im Netz versenkte. "Kurios", befand auch der Torschütze nach diesem Slapstick-Treffer, der nach VfL-Trainer Valérien Ismal "ein Symbol" für diese Partie war.

Und dann war da noch Raphael Framberger, der Verhaegh-Vertreter auf der rechten Außenverteidiger-Position. Den hatte vor der Partie keiner auf dem Zettel, weil er noch kein einziges Bundesliga-Match bestritten hatte. Framberger also, 21 Jahre alt, hat "in jeder Situation die richtige Entscheidung getroffen", wie Hitz befand, ob im Zweikampf oder bei den Vorstößen. Das galt auch für die 69. Minute, als er eine Flanke flach in den Strafraum bugsierte und der eingewechselte Kohr zum verdienten 1:2 einschoss. Der Vorlagengeber, genannt "Frami", wurde von den Mitspielern gefeiert wie ein Mann, der einen runden Geburtstag begeht. Vor einem Jahr hatte er sich noch einen Kreuzbandriss zugezogen.

Seit Samstag hat er den berühmten Augsburger Fußballgrößen Helmut Haller, Bernd Schuster und Armin Veh etwas voraus: Er ist der erste Augsburger, der in einer Bundesliga-Elf der Augsburger zum Einsatz kam. Ansonsten erhielt neben Mittelstürmer Raul Bobadilla (der in seinem zweiten Spiel nach fast viermonatiger Wadenblessur die anfangs so selbstsichere Wolfsburger Abwehr durcheinander brachte), der neue FCA-Trainer Manuel Baum das größte Lob seiner Profis. Eines, das Vorgänger Dirk Schuster nie zu Teil wurde. "Wir wussten, wie Wolfsburg spielt", sagte Keeper Hitz, "und was dagegen zu tun war." Jedenfalls keine Defensivtaktik wie sie Schuster bevorzugte. Der frühere Realschullehrer Baum hatte Valérien Ismaël, seinen früheren Klassenkameraden bei der Trainer-Ausbildung, mit einer offensiv ausgerichteten Spielweise ausgetrickst.

Bei den Wolfsburgern könnte der Umbau des Teams bis zur Schließung des Transferfensters am Dienstag weitergehen. So wie Luiz Gustavo am Samstag spielte, sollten der VfL froh sein, wenn Juventus Turin für ihn noch 13 Millionen Euro zahlt. Sportchef Olaf Rebbe teilte aber mit, es gäbe gar kein Angebot. Aber das hat man auch bei Daniel Caligiuri gesagt - zwei Tage, bevor er vergangene Woche doch nach Schalke wechselte.

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