VfL Wolfsburg gegen FC Bayern:Ein Sieg für Malanda

VfL Wolfsburg players observe minutes silence for late team mate Wolfsburg player Malanda prior to Bundesliga soccer match in Wolfsburg

Die Spieler des VfL Wolfsburg gedenken vor dem Spiel gegen den FC Bayern zusammen mit den Fans ihres verstorbenen Teamkollegen Junior Malanda.

(Foto: REUTERS)
  • Vor dem Spiel gegen den FC Bayern schien ungewiss, wie der VfL Wolfsburg mit dem Tod von Teamkollege Junior Malanda umgehen wird.
  • Dem Team gelingt ein beeindruckender Auftritt. Malandas Freund Kevin De Bruyne liefert eine besonders starke Leistung und trifft beim 4:1 zweimal.
  • Im Anschluss widmet das Team den Sieg Malanda.
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Von Carsten Eberts, Wolfsburg

Kevin De Bruyne trug einen Rucksack und erzählte von seinem tollen Tor. Wie er auf Dante zugelaufen war, ihn hatte aussteigen lassen, einmal, zweimal, den Ball anschließend ins Netz gejagt hatte. Der Belgier wollte von nichts anderem berichten als von seinem Treffer. Bloß nicht darüber, wie es sonst in ihm aussah. Mit dem Rucksack auf seinen Schultern wirkte er so jung, so zerbrechlich.

De Bruyne, 23, hat die härtesten Wochen seines Lebens hinter sich. Am 10. Januar hatte er seinen Freund und Teamkollegen Junior Malanda bei einem Autounfall verloren. Für den schüchternen Belgier ein großer Schock, noch am Morgen des Unglückstags hatten beide telefoniert. Das Spiel am Freitagabend war das erste ohne Malanda. Es schien ungewiss, wie die Wolfsburger Mannschaft, allen voran De Bruyne, mit diesem Schlag umgehen würde.

Es wurde tatsächlich ein außergewöhnliches Spiel: 4:1 gegen den FC Bayern. Gegen den Tabellenersten. Bester Spieler auf dem Platz: der junge Belgier, der alles abstreifte und eine Leistung nahe der Weltklasse ablieferte. Trainer Dieter Hecking ist ein Mann, der seine Spieler nicht so gerne lobt. Diesmal sagte er: "Heute bin ich noch stolzer auf sie als ohnehin schon."

Vor dem Spiel wurde die psychische Konstitution seiner Spieler auf die Probe gestellt. Der Klub hatte sich entschlossen, keine Schweigeminute abzuhalten, sondern für Malanda zu applaudieren. Also erhob sich das Publikum, klatschte laut und herzlich, 60 Sekunden lang. Im Beisein von Malandas Eltern, die nach Wolfsburg gekommen waren. Die Nordkurve zeigte eine Choreographie, auf einem Spruchband stand geschrieben: "Für immer in unseren Herzen." Ein berührender, ergreifender Moment.

Die Wolfsburger Spieler standen Arm in Arm vor ihrer Kurve, bei manch einem glänzte es in den Augen. "Ich habe mit den Tränen gekämpft", gestand Maximilian Arnold später. Luiz Gustavo, der neben ihm stand, erging es nicht besser. "Ein sehr schwieriger Tag", erklärte er. Jedenfalls keiner, an dem Fußballspielen eine Selbstverständlichkeit darstellt.

Dies ist der Hintergrund, vor dem die Leistung des VfL zum Rückrundenauftakt nur noch höher zu bewerten ist. Denn die Bayern wurden nicht irgendwie besiegt; sie wurden filetiert, auseinander genommen. Schon nach 180 Sekunden schloss Bas Dost den ersten Wolfsburger Konter zur Führung ab, nach schicker Vorarbeit von De Bruyne. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit legte er per Distanzschuss in den Winkel zum 2:0 nach.

So ein Schlag kann auch zusammenschweißen

Die Bayern kamen schwer irritiert aus der Pause - und wurden weiter ausgekontert. De Bruyne vollendete zwei Gegenstöße aus der eigenen Hälfte heraus (53., 73.), beim zweiten Treffer ließ er Dante wie einen Schuljungen dastehen. Juan Bernats Anschlusstreffer (55.) tat letztlich nichts zur Sache. "Wir haben ein Riesenfußballspiel gemacht", jubilierte Hecking, dessen Plan mehr als aufgegangen war. Bayern-Coach Pep Guardiola gestand die eigene Chancenlosigkeit ein.

Ganz nebenbei haben die Wolfsburger der Bundesliga so etwas wie einen Rest Spannung zurückgegeben, da sich die Bayern bei "nur" noch acht Punkten Vorsprung doch nicht ganz sicher sein können, die Saison frühzeitig als Erster zu beenden. Schon weit vor dem Abpfiff stimmten die Wolfsburger Fans für diese Situationen geschaffenes Liedgut wie "Oh, wie ist das schön" an.

Und sie skandierten immer wieder: "Junior Malanda, Junior Malanda."

Auch die Spieler wollten den Sieg ihrem verstorbenen Teamkollegen widmen. Schon aus dem Trainingslager in Südafrika hatten Hecking und Manager Klaus Allofs berichtet, wie gut die Mannschaft mit der schwierigen Situation umzugehen gelernt habe. Einige Tage durften die Spieler offen trauern, jeder auf seine Weise, mit professioneller Hilfe oder allein. Um dann recht schnell wieder den Fokus auf den Fußball zu legen. Auf jenes Spiel, das Malanda und seine Mannschaft verbunden hat.

"Dass wir in Gedenken an Junior 4:1 gegen die Bayern gewinnen, ist sehr schön", sagte Torwart Diego Benaglio mit andächtiger Stimme. Junior Malanda werde immer ein Teil der Mannschaft sein, versprach er. So ein Schlag, wie ihn die Wolfsburger erlebt haben, kann auch zusammenschweißen.

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