VfL Wolfsburg gegen den HSV:Zu gnädig für den finalen Punch

VfL Wolfsburg v Hamburger SV - Bundesliga

Wolfsburgs Ivica Olic (links) und der Hamburger Jonathan Tah.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Erst verweigert der VfL Wolfsburg das Toreschießen, dann übertrifft sich der Hamburger SV im Auslassen bester Gelegenheiten. Nach Treffern von Calhanoglu und Rodriguez endet der Freitagskick nur 1:1. VfL-Trainer Hecking ist angemessen bedient.

Von Carsten Eberts

Ivica Olic trägt den HSV noch immer im Herzen. Die drei Jahre in Hamburg seien seine "bislang beste Zeit in Deutschland" gewesen, sagte Olic in dieser Woche, was natürlich ein mutiger Zeitpunkt war. In Wolfsburg, wo Olic aktuell seiner Arbeit nachgeht, fühlen sie sich manchmal arg geringgeschätzt, wenn es um die Schönheit deutscher Fußballstädte geht. Und nun schwärmt auch noch der eigene Stürmer von der Stadt des nächsten Gegners.

Olic ging an diesem Freitagabend tatsächlich gnädig mit seinen Ex-Kollegen um, auch die anderen 21 Spieler auf dem Platz vermochten es nicht, das Spiel entscheidend in eine Richtung zu lenken. Nach einem Freistoßtreffer von Hakan Calhanoglu (19. Minute) und einem Elfmeter von Ricardo Rodriguez (31.) endete das Spiel 1:1 (1:1). "Im Endeffekt war es eine gerechte Punkteteilung", resümierte VfL-Trainer Dieter Hecking anschließend.

Da wurde er sich mit seinem HSV-Kollegen Bert van Marwijk nicht einig, der befand: "Wir haben zwei Punkte liegen gelassen. Wir hätten es hoch verdient gehabt, das Spiel zu gewinnen."

Van Marwijk musste abermals auf Rafael van der Vaart verzichten. Der hatte gut informierten Kreisen zufolge zwar seine angedachte Hochzeit im Januar verschieben müssen, weil Freundin Sabia nicht schwanger vor den Altar treten wolle (wie sie die Klatschpresse wissen ließ). Gegen van der Vaarts Einsatz sprach jedoch vor allem sein nicht vollständig kurierter Bänderriss. Erst am Dienstag im Pokal gegen den 1. FC Köln ist mit der Rückkehr des Niederländers zu rechnen, als Spielmacher ersetzte ihn erneut Calhanoglu.

Den Wolfsburgern war anzumerken, dass es nach den jüngsten Siegen ziemlich formidabel ums eigene Selbstvertrauen bestellt ist. Der VfL begann stürmisch, war kaum auszurechnen, weil Maximilian Arnold, Olic, vor allem aber auch Ivan Perisic und Daniel Caligiuri immer wieder Seiten und Positionen tauschten. Schon nach zwei Minuten entwischte Caligiuri über links; hätte er Olic wahrgenommen, der in der Mitte völlig alleingelassen winkte, wäre die Wolfsburger Führung wohl besiegelt gewesen.

Von so viel Geringschätzung schockiert, verlegte sich Olic kurzzeitig auf Distanzschüsse. Erst zog der Kroate nach einem Kuddelmuddel im Mittelfeld aus halblinker Position ab (5.), dann versuchte er es aus der Mittelposition (16.), die Distanz betrug jeweils rund 20 Meter. Der erste Schuss rauschte rechts am Tor vorbei, der zweite ging meterweit drüber. Der Hamburg-Liebhaber Olic ging tatsächlich ausgesprochen gnädig mit seinen Ex-Kollegen um.

Hecking ist aufgebracht

Aus dieser Gemengelage ist ersichtlich, wie überraschend das Führungstor des HSV fiel. Calhanoglu setzte aus 30 Metern zu einem direkten Freistoß an, den Wolfsburgs Keeper Diego Benaglio offenbar lange für eine Freistoßflanke hielt. Das Spielgerät flog und flog, über Benaglio hinweg an die Latte, beim Herunterfallen überquerte der Ball zwischen Benaglios Beinen die Linie (19.). Auf der Gegenseite hätte wiederum Olic fast ausgeglichen, er spitzelte das Spielgerät jedoch am HSV-Tor vorbei (23.). Sehr gnädig, wie bereits erwähnt.

Es war eines der kurzweiligsten Freitagabend-Spiele der vergangenen Wochen, mit dem vorläufigen Höhepunkt nach einer halben Stunde. Erst kam HSV-Stürmer Pierre-Michel Lasogga nach einem schlimmen Fehlpass von Ochs völlig frei zum Schuss, den er jedoch verzog. Im Gegenangriff traf Heiko Westermann das Bein von Caligiuri, blöderweise im Strafraum, was den Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Felix Brych nach sich zog. Ricardo Rodriguez verwandelte sicher (31.).

In der zweiten Halbzeit wurde aus dem kurzweiligen Kick zunächst eine sehr einseitige Angelegenheit. Wolfsburg drückte nun noch vehementer als vor der Pause, die Angestellten übertrafen sich jedoch selbst im Auslassen guter Gelegenheiten. Eine kurze Auswahl: Adler parierte gegen Caligiuri (47.), dann ein gefährlicher Distanzschuss von Arnold (49.), schließlich abermals Caligiuri, der Westermann ausspielte, dann aber aus schlechtem Winkel verzog (55.).

Erst nach einer Stunde konnte sich der HSV wieder befreien - und kam selbst wieder zu Chancen. Insbesondere Tolgay Arslan, der plötzlich alleine auf das Wolfsburger Tor zulief, sich vom deutlich schnelleren Ochs jedoch noch abdrängen ließ (70.).

Auch Calhanoglu hatte eine gute Gelegenheit, seinen Freistoß von der Strafraumgrenze machte jedoch Benaglio gekonnt unschädlich (75.). Zur Krönung traf der eingewechselte Ivo Ilicevic kurz vor Schluss auch noch die Latte (85.). "Nach hinten raus haben wir richtig Glück gehabt, da müssen wir ganz ehrlich sein", resümierte Hecking und meldete Gesprächsbedarf an: "Die letzte halbe Stunde war nicht okay. Wir dürfen nicht so viel träumen, sondern müssen hart arbeiten."

Lange gingen die Wolfsburger zu gnädig mit den Hamburgern um, dann vermochte es der HSV ebenfalls nicht, den entscheidenden Treffer zu erzielen. Der finale Punch blieb aus, solche Spiele enden dann - irgendwie zwangläufig - mit einem Unentschieden.

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