VfL Wolfsburg:Das Rätseln der Zeichendeuter

FSV Frankfurt - VfL Wolfsburg

Elegant am Ball: Wolfsburgs Julian Draxler im Pokalspiel gegen den FSV Frankfurt.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Der VfL gewinnt beim Drittligisten Frankfurt, doch die Debatten um Julian Draxler überlagern den Saisonstart. Das Interesse der Topklubs reißt nicht ab. Und hat er überhaupt Lust auf Wolfsburg?

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Braun waren sie zweifellos, aber ansonsten ließ sich über die Augen von Julian Draxler nur wenig Eindeutiges sagen, dabei sind die Augen des 22-Jährigen in diesen Tagen von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit für den VfL Wolfsburg. Mitte der Woche sollen Draxlers Augen nach Angaben von Wolfsburgs Sportchef Klaus Allofs regelrecht geleuchtet haben - das war, als der Verein seinem Mittelfeldmann und der Öffentlichkeit stolz mitteilte, für die Sturmspitze und zur Untermauerung der Ambitionen den Nationalstürmer Mario Gomez verpflichtet zu haben. Aber als Julian Draxler am Samstagabend nach dem 2:1-Pokalsieg beim Drittligisten FSV Frankfurt vom Platz schlich, da sprach er weder mit dem Mund noch mit den Augen, sondern verschwand einfach in der Kabine.

Der VfL Wolfsburg hat seine erste Pflicht in der neuen Saison 2016/17 also erfüllt. In der ersten Hälfte zeigten die Wolfsburger zwar eine überzeugende Darbietung mitsamt klarer Führung durch ein Eigentor von FSV-Abwehrspieler Steffen Schäfer (5.) und Angreifer Bas Dost (16.). Nach dem Seitenwechsel diel die Leistung der Wolfsburger ab, sie mussten nach einem Gegentreffer von Fabian Schleusener (52.) noch einmal richtig zittern. Der alte Pokal-Routinier Allofs tat das zwar als fast schon normal ab, aber hinter den Floskeln vom typischen Pokal-Abend verbarg sich die Erleichterung, dass sich die Atmosphäre nicht noch weiter angespannt hat als sie ohnehin schon ist - und bleibt.

Die vielen Personalwechsel lesen sich nicht wie eine Verschlechterung

Es gibt diverse Gründe für die Unruhe rund um Wolfsburg. Die unbefriedigende Bilanz des Vorjahres, als der Klub mit viel Geld und großen Ambitionen nur auf Rang acht landete und sich nicht einmal für die Europa League qualifizierte, geschweige denn für die Champions League, wirkt selbstredend noch nach. Die vielen Personalwechsel - André Schürrle (Borussia Dortmund), Max Kruse (Werder Bremen) und Naldo (Schalke 04) weg, Yannick Gerhardt (1. FC Köln), Jeffrey Bruma (PSV Eindhoven), Jakub Blaszczykowski (Borussia Dortmund), Daniel Didavi (VfB Stuttgart) und der zum Pokal-Auftakt noch verletzt fehlende Mario Gomez (Besiktas Istanbul) - lesen sich unterm Strich zwar eher nicht wie eine Verschlechterung. Aber es drängte sich der Eindruck auf, dass es einfach viele wegzieht aus Wolfsburg. Und das betrifft vor allem den Mann mit den braunen Augen: Julian Draxler.

Vor knapp drei Wochen tat der Nationalspieler an seinem ersten Trainingstag unmissverständlich seinen Wechselwillen kund, weil er halt bei einem der großen Vereine spielen möchte und nicht bei einem Klub, der im kommenden Jahr nicht einmal für die Europa League qualifiziert ist. Nur wenige Stunden später tat die VfL-Verantwortlichen ebenso unmissverständlich kund, dass ein Transfer des erst vor einem Jahr gegen 36 Millionen Euro bei Schalke 04 ausgelösten und mit einem Vertrag bis 2020 ausgestatteten Nationalspielers überhaupt nicht infrage käme. Aber dennoch vergeht seitdem kaum ein Tag ohne vertieftere Draxler-Spekulation, Juventus, Arsenal, neuerdings verstärkt Paris Saint Germain.

Kommt Draxler in dieser Situation auf die Klasse, die er eigentlich drauf hat?

Draxler hält es seit dem Disput so, dass er schlicht gar nichts mehr sagt. Wolfsburgs Sportvorstand Klaus Allofs gibt sich als merklich ermüdeter Dementierer. Er wisse nicht, ob sich der Verein in chinesischen Schriftzeichen ausgedrückt habe, aber die Sache sei klar, so sagte er es nach dem Spiel beim FSV Frankfurt. Aber es ist ja immer nur das eine, einen Spieler unbedingt halten zu wollen; das andere ist, wie sich das auf die Leistung auswirkt. Es wäre nicht das erste Mal in einer vergleichbaren Situation, dass ein Spieler nicht auf die Klasse kommt, die er eigentlich draufhat.

Bei Draxler war es am Samstagabend so: So richtig viele Akzente konnte er zwar nicht setzen, aber die eine oder andere ansehnliche Aktionen war schon dabei. Und wer Draxler Lustlosigkeit vorwerfe, dem könne er schlicht mehr helfen und dem wolle er auch nicht mehr helfen, so Allofs. Aber nicht nur um Julian Draxler, sondern auch um manche andere Spieler gibt es noch Wechselspekulationen in Wolfsburg - dem VfL dürften bis zum Start der Bundesliga-Saison und dem Ende der Transferperiode noch ein paar angespannte Tage erwarten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: