VfB Stuttgart :Auf der Suche nach Kompetenz

Die abstiegsbedrohten Schwaben verpflichten einen Stürmer namens Artem Krawets aus Kiew. Das mag zum einen Hoffnung machen, zeigt aber auch, wie groß die Not ist.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Spätestens am Montag wird ein gewisser Artem Krawets aus Kiew den Medizincheck in Stuttgart absolvieren und dann - sofern sich nicht herausstellt, dass die Kreuzbänder fehlen - umgehend weiter nach Belek fliegen. In der gigantischen Bettenburg nahe Antalya bereitet sich der VfB Stuttgart nämlich ab Dienstag auf eine Rückrunde vor, die nach dieser Vorrunde aus dreierlei Gründen wie eine Verheißung wirkt. Zum einen natürlich, weil es nur besser werden kann. Zum anderen, weil zuletzt ein zarter Aufwärtstrend zu entdecken war. Und zum dritten, weil im Winter ein paar feste Drähte zu möglichen Verstärkungen geknüpft wurden, die es nach einhelliger Meinung braucht, um den Abstieg zu vermeiden.

Robin Dutt

Viel Platz auf der Bank: Stuttgarts Sportdirektor Robin Dutt muss im Winter den Kader verstärken.

(Foto: Daniel Maurer/dpa)

Dass die derzeitige Verteidigung kaum Bundesliganiveau hat, ist eigentlich unbestritten. Man darf deshalb auch davon ausgehen, dass zumindest einer der weiteren geplanten Neuverpflichtungen auch für einen Stammplatz in der Defensivzentrale verpflichtet wird, denn dort ist die Not noch größer als auf den Außenbahnen. Allerdings hätten die VfB-Bosse eben nur die Hälfte ihrer Sorgen, wenn die landläufige Sicht stimmen würde, wonach der VfB hinten indiskutabel schwach und vorne grandios besetzt sei.

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Soll bald im Trikot des VfB Stuttgart auflaufen: Artem Krawets von Dynamo Kiev.

(Foto: imago)

Timo Werner zeigte, dass er noch viel lernen muss

Tatsächlich ist die Verpflichtung eines klassischen Stürmers wie Krawets nach den Eindrücken der Vorrunde aber eine prächtige Idee. Bei aller Kritik an dem im November entlassenen Coach Alexander Zorniger ist ja ein wenig untergegangen, dass die langfristigen Verletzungen von Martin Harnik und vor allem Daniel Ginczek wohl auch jeden anderen Trainer in Schwierigkeiten gebracht hätten. Bis zu seiner Bandscheiben-Verletzung hatte Ginczek zuvor immerhin vier Treffer erzielt und drei weitere vorbereitet. Und der junge Timo Werner zeigte selbst in Spielen, in denen alles auf einen flinken Spieler wie ihn zulief, dass er noch zu viel lernen muss, um den Alleinunterhalter im Angriff zu geben. Selbst beim 3:1 gegen Wolfsburg am letzten Hinrundenspieltag vergab er zwei, drei gute Möglichkeiten und vereitelte weitere schon im Ansatz, weil seine Laufwege nicht stimmten.

Da Ginczek dem Vernehmen nach nicht nach Belek mitfliegen wird und womöglich auch zum Rückrundenstart noch nicht zur Verfügung steht, wäre es fahrlässig gewesen, untätig zu bleiben. Vorausgesetzt, er besitzt tatsächlich die Qualitäten, die die sportliche Leitung ihm zuschreibt. An deren Kompetenz zweifeln in Stuttgart allerdings einige Menschen.

Zorniger oder doch Dutt? Das Fanvolk streitet über die Schuldfrage

Zuletzt war es im VfB-Umfeld schwer auszumachen, wer denn nach Volkes Meinung nun der größere Dilettant sei. Ex-Coach Alexander Zorniger, der fußballerisch wie verbal gleich offensivfreudig war und zuletzt auch die letzten Fürsprecher vergrätzte. Oder Robin Dutt. Der Sportdirektor, dem eine verfehlte Einkaufspolitik vorgeworfen wird, hatte schlicht und einfach nicht den Etat, um alle Löcher zu stopfen, die sich vor allem in der schwachen Defensive auftun. An der Häme, die ihm im Winter entgegenschlug, ist er allerdings auch nicht unschuldig. Wer seinen Vorgänger so offensiv angeht, wie das Dutt bei Fredi Bobic tat ("keine strukturierte Kaderplanung", "kein System erkennbar"), darf sich nicht wundern, wenn der Bumerang zurückkommt. Auch für den Sportdirektor werden die kommenden Wochen spannend.

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