Vettel und Alonso in der Formel 1:Nur der ewige Rivale bleibt dran

F1 Grand Prix of Monaco - Previews

Sebastian Vettel (links) und Fernando Alonso.

(Foto: Getty Images)

Sebastian Vettel bewegt sich auf einer eigenen Umlaufbahn - der einzige ernst zu nehmende Gegner ist Fernando Alonso. Wohl auch in diesem Jahr entscheiden die zwei Kontrahenten den WM-Titelkampf unter sich. Für die Formel 1 ist das gut.

Von Elmar Brümmer, Montréal

Sonntagabend, Großer Preis von Kanada, letzte Runde, reichlich Vorsprung für Sebastian Vettel, aber plötzlich bricht am Kommandostand von Red Bull Unruhe aus. Auf den Monitoren leuchtet eine Zahlenkolonne lila auf. Lila bedeutet: absolute Bestzeit im ersten Sektor. Die Strategen fragen sich bang: Geht diese irre Zeitenjagd schon wieder los?

Auf den letzten Metern bot sich dem Titelverteidiger beim siebten Saisonrennen nur noch eine Herausforderung, die Nervenkitzel versprach: Vettel wollte nicht nur den überlegenen Sieg. Er wollte auch den Bestwert seines Teamkollegen Mark Webber unterbieten und auch die schnellste Rennrunde drehen.

Brüsk aber kam die Anweisung, dies tunlichst sein zu lassen: "Denk an Ayrton Senna, 1988, Monaco!" Der Brasilianer war damals im finalen Umlauf in den Leitplanken gelandet. Vettel ließ seine Bosse ein bisschen zappeln, aber dann ging er doch vom Gas, mit dem Hinweis: "War nur Spaß!" Seine Dominanz in diesem Rennen erlaubte derlei Spielchen.

Gut 15 Sekunden Vorsprung auf die schnellsten Verfolger, den Zweitplatzierten Fernando Alonso (Ferrari) und den Drittplatzierten Lewis Hamilton (Mercedes). Im WM-Klassement mit 132 Punkten weit voraus (Alonso kommt auf 96 Zähler, Lotus-Fahrer Kimi Räikkönen nach Platz neun in Montréal lediglich auf 88). Der Aufschwung ist beeindruckend. Noch eindrucksvoller wird Vettels Statistik, wenn die Vorjahreszahlen als Vergleich herangezogen werden.

2012 lag Alonso zum gleichen Zeitpunkt gegenüber Vettel 86:85 vorne, nach der Sommerpause war der Spanier sogar 50 Punkte voraus. Die aktuelle Rangliste deckt sich also mit dem Rennverlauf in Montréal: Vettel bewegt sich auf einer eigenen Umlaufbahn. Als einziger ernst zu nehmender Gegner ist wieder nur Alonso in Sicht, der große, alte, ewig wiederkehrende Rivale.

In dem Raum, in dem sich die drei Bestplatzierten vor der Siegerehrung kurz frischmachen dürfen, gab es am Circuit Gilles Villeneuve schon einmal einen Vorgeschmack auf das, was es nun bald wieder häufiger geben dürfte: Alonso und Vettel kommen sich nahe, gehen sich dabei jedoch irgendwie vielsagend nichtssagend aus dem Weg.

"Dieser zweite Platz hat den Geschmack eines Sieges"

Nach einer kurzen Gratulation mit einem kräftigen Händedruck starrte Alonso so entschlossen auf die Endabrechnung auf einem TV-Bildschirm, als hätte es dort tatsächlich etwas Neues zu entdecken gegeben. Seine Fahrt vom sechsten Startplatz aus auf Rang zwei war erneut stark und solide. Doch bei aller Mühe: An Vettel ist so nur schwer vorbeizukommen. Vettel gegen Alonso - auf dieses Duell wird sich der Kampf um den Titel auch in diesem Jahr verdichten.

Für die Formel 1 ist das gut. Die beiden sind wunderbare Gegenentwürfe. Während Vettel in seiner Ansprache als Sieger ausgiebig den Flutopfern in der Heimat Mut zusprach, geißelte Alonso, als das Wort an ihn ging, sofort wieder die Qualifikationsschwäche des Ferrari: "Wer ganz vorne steht, kann das Rennen diktieren. Ich weiß nicht, wo ich gelandet wäre, wenn ich weiter vorne hätte starten können."

Ganz vorne aber war in Kanada wieder einmal Vettel gestartet. Der 25-Jährige hatte in der verregneten Qualifikation am besten gepokert. Alonso musste sich mit entschlossenen Manövern gegen Mark Webber, Nico Rosberg und Lewis Hamilton durchs Feld wühlen. Wer will, kann in der Fahrt ein Zeichen seiner Kampfbereitschaft sehen. Alonso selbst jedenfalls sieht das so. "Dieser zweite Platz hat für mich den Geschmack eines Sieges", verkündete er selbstbewusst. Eine Kampfansage im Duell der Spätbremser.

Den Gegner zu Fehler verleiten - auch darauf kommt es nun an. "Wir wünschen es ihm nicht, aber wir würden auch nicht weinen, wenn Vettel mal ausfällt", sagt Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. In Montréal gab es zwei Schrecksekunden. Früh im Rennen touchierte Vettel einmal die Streckenbegrenzung, später musste er eine Kurve unfreiwillig umfahren. Beide Nachlässigkeiten blieben folgenlos.

Ob dabei Glück im Spiel war, oder doch eher der Tüchtige seinen Lohn erhielt? "Für solche Situationen fährt man ja einen Vorsprung heraus", bilanzierte Vettel grinsend: "Es ist unheimlich schön, wenn man ein Auto hat, das man von Runde zu Runde peitschen kann. Ich würde nicht sagen, dass ich übermütig war, aber ich habe versucht, mich immer noch weiter zu steigern."

Offenbar ist sein RB 9 ein Allrounder: Dem Wagen kommt mit allen Streckentypen zurecht. Drei Siege, zwei vierte Ränge - geht es so weiter, ist Vettel der vierte Titel früh sicher. Alonso rechnet vorsichtshalber schon mal hoch, wann der kritische Bereich im WM-Kampf beginnt: "Ich denke, erst wenn man 80 Punkte oder mehr zurückliegt." Für einen Sieg gibt es 25 Zähler. Die nächste Gelegenheit darauf bietet sich Vettel am 30. Juni beim Großbritannien-Grand-Prix in Silverstone. Schon jetzt aber ist klar: Auch das übernächste Rennen, sein Heimspiel am 7. Juli auf dem Nürburgring, wird Vettel in jedem Fall als WM- Führender angehen.

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