Vettel triumphiert am Nürburgring:Heimsieg unter harten Umständen

Sebastian Vettel Formel 1 Nürburgring

Sebastian Vettel: Inniger Moment mit Pokal

(Foto: AFP)

Ein fliegender Reifen, ein brennendes Auto, Entscheidung in der letzten Runde: Sebastian Vettel gewinnt das turbulente Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring knapp vor seinem guten Bekannten Kimi Räikkönen - für den Weltmeister ist es ein historischer Erfolg. Ein Boxen-Malheur sorgt für Aufregung.

Von René Hofmann, Nürburgring

Sebastian Vettel hat es geschafft. Zum ersten Mal gewann der Heppenheimer ein Formel-1-Rennen in der Heimat. Der Große Preis von Deutschland 2013 auf dem Nürburgring wird aber nicht nur deshalb in Erinnerung bleiben. Der Grand Prix bot Spannung bis zur letzten Kurve. Kimi Räikkönen jagte mit seinem Lotus nur eine Sekunde nach Vettel über die Ziellinie. "Ein harter Sieg", gab Vettel umgehend zu.

Am Funk war ihm die Erleichterung deutlich anzuhören: "Yes, yes, yes, ja!", brüllte der Red-Bull-Fahrer. Weder in Malaysia, noch in Bahrain oder in Kanada, wo Vettel in diesem Jahr auch schon triumphiert hat, waren ähnliche Töne zu hören gewesen. Die kommenden zwei Wochenenden kann Vettel nun entspannt auf sich zukommen lassen. An diesen findet kein Rennen statt.

Den nächsten Großen Preis gibt es Ende Juli in Budapest. Vor dem zehnten der 19 Rennen führt Vettel die Fahrerwertung mit 157 Punkten vor Ferrari-Fahrer Fernando Alonso (123 Punkte) an, der auf dem Nürburgring Vierter wurde hinter Räikkönens-Lotus-Kollegen Romain Grosjean.

"Ich bin überglücklich, dass es endlich geklappt hat", sagte Sebastian Vettel und bedankte sich noch auf dem Siegerpodium bei den Fans für den vielen Beifall, den er erntete. Räikkönen, mit dem Vettel gut befreundet ist und der im kommenden Jahr sein Teamkollege werden könnte, haderte dagegen ein wenig: "Wenn das Rennen etwas länger gedauert hätte, hätte ich ihn wohl noch bekommen", sagte der Finne.

Lotus hatte sich für eine andere Strategie entschieden als Red Bull. Räikkönen benutzte zweimal die weichere der zwei Reifenmischungen. Diese ermöglicht schnellere Rundenzeiten, hält aber nicht so lange. Auf den schnellen Pneus setzte Räikkönen Vettel auf den letzten Runden unerbittlich nach. Weil sich früh abgezeichnet hatte, dass es zu dieser Jagd kommen würde, gab Vettel schon zuvor auf jeder Runde Vollgas. "Ein unglaubliches Rennen", fand er deshalb selbst.

Den Grundstein für den Erfolg hatte er bereits am Start gelegt. Als die Ampel erlosch, zog Vettel schnell rechts neben Lewis Hamilton, der sich am Samstag die Pole Position gesichert hatte. Obwohl ihm der Mercedes bedrohlich nahe kam, hielt Vettel die Spur und übernahm so die Führung. Für Hamilton blieb es nicht die einzige Demütigung: Auf der anderen Seite zog auch noch Vettels Teamkollege Mark Webber vorbei. Der Australier hätte eine gute Rolle in dem Rennen spielen können. Doch bei seinem ersten Boxenstopp gab es einen folgenreichen Zwischenfall.

Webber fuhr los, obwohl sein rechtes Hinterrad nicht richtig angezogen war. Der Reifen löste sich noch in der Boxengasse vom Auto, nahm auf etlichen Metern Schwung auf, bevor er in die Luft geschleudert wurde und einen Kameramann traf, der weder einen feuerfesten Overall noch einen Helm trug. Der Angestellte der Formel-1-Vermarktungsfirma FOM ging zu Boden. Er wurde verletzt, blieb aber bei Bewusstsein. Nach einer Behandlung im Streckenhospital wurde er per Helikopter ins Bundeswehrkrankenhaus nach Koblenz gebracht. Das Red-Bull-Team wurde von den Rennkommissaren später zu 30 000 Euro Geldstrafe verurteilt.

Verletzter Kameramann in der Box

Es blieb nicht der einzige gefährliche Zwischenfall des Nachmittages. In der 25. Runde musste der Franzose Jules Bianchi seinen Marussia nach einem Motorschaden am Streckenrand abstellen. Das Auto fing Feuer. Der Brand war schnell gelöscht, der Wagen aber blieb nicht dort stehen, wo Bianchi ihn geparkt hatte. Als ein Kran anrückte, um das Auto aus dem Weg zu schleppen, rollte dieses rückwärts über die Strecke. Es kam erst zum Stehen, als es auf eine Werbetafel traf. Nach den zahlreichen Reifenschäden beim Groß- britannien-Grand-Prix sieben Tage zuvor waren dies zwei weitere Pannen, die kritische Fragen zur Sicherheit aufwerfen.

Die Reifen, die in Silverstone für viel Gesprächsstoff gesorgt hatten, boten dieses Mal keinen Anlass zur Sorge. Die Drohung der Fahrer, den Grand Prix abzubrechen, sollten wieder Pneus platzen, blieb eine Drohung. Weder im Training, noch in der Qualifikation oder im Rennen gab es einen Reifenschaden, obwohl die Asphalt-Temperaturen am Samstag und am Sonntag Werte von mehr als 40 Grad erreichten, was auf der Rennstrecke in der Eifel selten vorkommt.

Enttäuschend blieb die Mannschaft, die zuletzt im Aufwind war: Mercedes. Lewis Hamilton konnte den besten Startplatz nicht lange verteidigen. Er konnte auch den dritten Platz, den er nach der ersten Kurve belegte, nicht lange halten. Wie zuvor schon etliche Male wurde der Brite im Rennen durchgereicht und musste sich am Ende mühen, Fünfter zu werden vor Jenson Button (McLaren), Mark Webber (Red Bull) und Sergio Perez (McLaren).

Nico Rosberg im zweiten Mercedes wurde Neunter. Der Silverstone-Sieger hatte bereits am Samstag gepatzt. Im zweiten Qualifikationsdurchgang hatte er es verpasst, ein zweites Mal auf die Strecke zu gehen, als diese sich dramatisch verbesserte. Der Kommandostand hatte hochgerechnet, dass Rosbergs zuvor gesetzte Zeit reichen würde, und Reifen sparen wollen. Eine Fehlkalkulation. Rosberg schied aus und durfte nur als Elfter an die Startampel, was ihn schockte: "Ich weiß gar nicht, warum ich jetzt hier stehe", sagte er, als er vor die TV-Kameras trat, als Vettel und Hamilton sich um die Pole Position duellierten.

Für Nico Hülkenberg endete das Heimspiel versöhnlich. Von Startplatz zehn aus wurde der Sauber-Fahrer Zehnter, wobei er wie Räikkönen am Ende eine tolle Aufholjagd zeigte. Adrian Sutil erreichte im Force India als Dreizehnter das Ziel.

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