Vettel-Sieg in Malaysia:Ferrari feiert "Grande Seb"

Malaysia Formula One Grand Prix

Sebastian Vettel: Freudentanz in rot

(Foto: dpa)
  • Zweites Rennen, erster Sieg: Ferrari-Pilot Sebastian Vettel stoppt die Dominanz von Mercedes schneller als erwartet - und ist selber überwältigt.
  • Dem 27-Jährigen glückte sein vierter Sieg in Sepang. Kein anderer Fahrer hat dort so oft gewonnen.
  • Fernando Alonso übersteht nur 21 Runden.

Von René Hofmann

Sebastian Vettel schrie: "Grazie, Grazie, Grazie! Forza Ferrari!" Sebastian Vettel sprang vor Freude in die Luft. Sebastian Vettel griff sich eine Ferrari-Fahne und steckte sie in das Cockpit seines Autos. Sebastian Vettel dirigierte bei der italienischen Nationalhymne mit. Sebastian Vettel sagte: "Das ist einfach unglaublich."

Das zweite Rennen der Formel-1-Saison hatte ein großes Thema. Und das war nicht die drückende Überlegenheit der Titelverteidiger von Mercedes, die den Auftakt vor zwei Wochen in Australien derart dominiert hatten, dass schon ein gähnend langweiliges Motorsport-Jahr befürchtet worden war. Es war Sebastian Vettel.

Schumacher brauchte sieben Rennen für den ersten Ferrari-Sieg

Dem 27-Jährigen glückte sein vierter Sieg in Sepang. Kein anderer Fahrer hat dort so oft gewonnen. Das ganz besondere an dem Triumph aber ist: Es ist Sebastian Vettels erster mit Ferrari. Sein großes Vorbild Michael Schumacher hat sieben Rennen gebraucht, um zum ersten Mal in Rot jubeln zu dürfen, 1996 in Barcelona.

Vettel glückte der Coup bereits im zweiten Rennen. In Melbourne war er schon Dritter geworden. "Du bist heute so schnell gewesen", staunte Lewis Hamilton, als Zweiter der erste Geschlagene. Dritter wurde Nico Rosberg im zweiten Mercedes, Vierter Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari. "Das ist ein Wachrütteln. Sie waren einfach besser heute", räumte Niki Lauda ein, der Aufsichtsratschef des Formel-1-Teams von Mercedes.

Bereits der Start hatte einige Aufregung geboten. Das Duell, auf das sich die Blicke richteten, hieß dieses Mal nicht Hamilton gegen Rosberg, also Mercedes-Mann gegen Mercedes-Mann. Sondern Rosberg gegen Vettel, also Mercedes gegen Ferrari. Hamilton zog von der Pole Position aus unangefochten los und hatte schon in der ersten Kurve einen kommoden Vorsprung. Dahinter wollte Rosberg seine Qualifikations-Niederlage wettmachen. Der Start-Dritte schob sich auf den ersten Metern rechts neben Vettel. Dieser aber zeigte sich kompromisslos: Er drängte Rosberg fast in die Boxenmauer und hielt ihn so hinter sich.

Nach dem Start war Hamilton noch überlegen

Wie überlegen der Mercedes eigentlich war, führte Hamilton vor: Er war schnell weit voraus. Bereits nach drei Runden hatte er fast eine Sekunde Vorsprung. Die größte Aufmerksamkeit zogen zwei Reifenschäden auf sich: Pastor Maldonado schlitzte sich im Getümmel auf den ersten Umläufen einen Pneu seines Lotus' auf. Kimi Räikkönen im Ferrari erging es bei einer Begegnung mit dem Frontflügel des Saubers von Felipe Nasr genauso.

62 Grad Asphalt-Temperatur, 60 Prozent Regenwahrscheinlichkeit: Die Hitze und ein Gewitterschauer galten als Elemente, die den Rennverlauf möglicherweise würden beeinflussen können. Bereits nach fünf Runden sorgte dann aber ein anderes Element für etwas Durcheinander: Sauber-Fahrer Marcus Ericsson, zu dieser Zeit als Achter recht gut unterwegs, drehte sich vom Asphalt in den Kies. Um das Auto sicher bergen zu können, das ein Ferrari-Motor antreibt, bremste das Safety Car das Feld.

Hamilton und Rosberg nutzten die Phase für einen Reifenwechsel. Vettel fuhr weiter - und übernahm so die Führung. Für Ferrari war es die erste Führung seit dem Ungarn-Grand-Prix im vergangenen Sommer. Hamilton und Rosberg fielen durch ihre Stopps auf die Plätze sieben und neun zurück. Dort aber sollten sie nicht lange bleiben.

Die Zwei-Stopp-Strategie von Vettel ging auf

Vettel mit einer Zwei-Stopp-Strategie gegen die zwei Mercedes-Fahrer, die beide eine Drei-Stopp-Strategie gewählt hatten: Fortan war es ein Vergleich, der auf einige Distanz ausgetragen wurde. Als Vettel nach 17 Runden seinen ersten Boxenstopp absolvierte, hatten die beiden Rivalen wieder aufgeschlossen - und der Halt brachte die Kombattanten wieder in Schlagdistanz zueinander. Und die Schläge folgten bald...

1. Hamilton, 2. Rosberg, 3. Vettel - so lautete die Reihenfolge, als Vettel frische Reifen geholt hatte. Und was mit solchen möglich ist, zeigte er zügig: Als Rosberg das rote Auto in seinem Rückspiegel sah, erschrak er ein wenig. Am Funk war das deutlich zu hören. Was das zu bedeuten habe, wollte er von seinem Renningenieur wissen. Als dieser ihm ein fundiertes Referat gab, wie viele Reifenwechsel Vettel wohl noch plane, wünschte Rosberg sich flehentlich: "Sag es mir einfacher!" Die einfache Botschaft lautete: Fahr, so schnell du kannst!

Das tat Rosberg. Kurz darauf spielte Vettel den Vorteil seiner frischeren Reifen aber gnadenlos aus und zog an Rosberg vorbei. Ein tadellos laufender Mercedes, der von einem Ferrari überholt wird - das hatte es lange nicht mehr gegeben. Bevor Vettel das Manöver auch am Führenden Hamilon vollziehen konnte, wurde dieser von der Box schnell zum Reifenwechsel einbestellt.

Alonsos Comeback endet in Runde 22

Ungefähr zur gleichen Zeit, die Rundenzähler schrieben die Runde 22, erging an Fernando Alonso im McLaren-Honda ein ähnlicher Funkspruch. Er solle bitte unverzüglich in die Garage kommen, damit am McLaren-Honda nicht mehr kaputt gehe! Der Spanier, der den Saisonauftakt in Melbourne wegen der Nachwirkungen eines Testunfalls verpasst hatte, nahm das Aus fatalistisch: "Das passiert halt, wenn man so gut wie keine Wintertests absolviert hat. Dann muss man die Dinge im Rennen lernen."

Nico Hülkenberg (Force India) gegen Daniel Kwiat (Red Bull), Sergio Perez (Force India) gegen Romain Grosjean (Lotus) - im Gegensatz zum Auftaktrennen in Melbourne ging es in Malaysia durchaus turbulent zu. Zu turbulent, wie die Rennkommissare fanden. Sie sprachen Zehn-Sekunden-Strafen gegen die beiden Force-India-Fahrer aus, weil diese vermeidbare Kollisionen provoziert hatten.

Auf die Jagd nach dem Sieg hatten diese allerdings keine Auswirkungen. Worum es vorne ging, bekamen Rosberg und Hamilton immer wieder zugefunkt: Sie müssten sich beeilen, um Vettel am Ende des Rennens bezwingen zu können. 56 Runden werden in Sepang gefahren. Ab Runde 43 war alles bereitet fürs große Finale: 1. Vettel, 14 Sekunden Vorsprung vor Hamilton, dahinter Rosberg. Der große Vorteil des Ferrari: Er geht pfleglicher mit den Reifen um.

"Red' nicht mit mir, wenn ich mich mitten in einer Kurve befinde!"

Wie sehr die Situation den zuletzt so erfolgsverwöhnten Hamilton nervte, war deutlich zu hören. Der Weltmeister hatte sich für den Spurt bis zur Zielflagge weiche Reifen gewünscht. Als sein Team ihm harte aufzog, war er überrascht. "Das ist der falsche Reifen", gurgelte Hamilton am Funk. Als ihm sein Renningenieur die an sich frohe Botschaft überbrachte, dass er Vettel fünf Runden vor dem Ende wohl einholen werde, entgegnete er genervt: "Mann, red' nicht mit mir, wenn ich mich mitten in einer Kurve befinde!"

Je näher er der karierten Flagge kam, desto schlechter wurde Hamiltons Laune. Sieben Runde vor der karierten Flagge betrug Vettels Vorsprung 11,1 Sekunden. Drei Runden weiter waren es immer noch 10,2 Sekunden. Da war klar: Vettel würde die Mercedes-Dominanz brechen können. Und das eindeutig. Sein Vorsprung im Ziel betrug mehr als acht Sekunden. "Fantastico! Numero uno is back, Ferrari is back. Grande Seb!": Diese Botschaft empfing Vettel kurz hinter der Ziellinie von seinem glücklichen Renningenieur. Es war die Botschaft des Tages.

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