Vertragsverlängerung von Bundestrainer Löw:Endgültig im Jogiland

Trainer der Saison - Joachim Löw

Viele weitere Jahre beim DFB: Bundestrainer Joachim Löw (rechts).

(Foto: dpa)
  • Joachim Löw verlängert seinen Vertrag beim DFB vorzeitig bis zur WM 2018.
  • Seit 2006 ist Löw Bundestrainer: Nun möchte er eine Ära prägen.
  • Auch Co-Trainer Thomas Schneider, Torwart-Trainer Andreas Köpke und Manager Oliver Bierhoff unterzeichnen neue Verträge.

Von Christof Kneer

Es waren lustige Bilder damals, tief drunten in den unterirdischen Räumen des Maracanã-Stadions. In der Mitte des größten Raumes war jenes Plastikband gespannt, das die Helden des Spiels von den Reportern trennt, und selten waren die Bedürfnisse auf beiden Seiten des Bandes so unterschiedlich wie in dieser Finalnacht von Rio.

Auf der einen Seite des Bandes marschierte die Spielerpolonaise, die anspruchsvolle Lieder sang ("Die Nummer eins / die Nummer eins / die Nummer eins der Welt sind wir"), auf der anderen Seite versuchten die Reporter, einzelne Polonaise-Mitglieder abzufangen und ihnen die immer gleichen Fragen aufzudrängen: Haben Sie schon ein Signal vom Bundestrainer gehört? Glauben Sie, dass er nach der WM weiter macht?

Ein paar Spieler sind damals sogar stehen geblieben und haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein, zwei Antworten gegeben, nein, sagten sie, sie hätten noch nichts gehört, aber ja, sie würden schon davon ausgehen, dass der Trainer weitermacht. Zu belastbareren Aussagen kam es nie, weil meistens gerade Lukas Podolski um die Ecke bog und alle mit Bier bespritzte. Und Löw selbst hat sich in der Pressekonferenz erstaunlich gefasst gefreut über den Sieg im WM-Finale, aber über seine Zukunft hat er kein Wort verloren. Und so richtig haben sich die Reporter aus aller Welt in diesem feierlichen Moment auch nicht an die entscheidende Frage getraut: Herr Löw, diesen Titel hat Ihnen kaum einer mehr zugetraut, treten Sie jetzt vor lauter Genugtuung zurück?

Joachim Löw ist immer noch da, und er wird, wie es aussieht, auch noch eine ganze Weile bleiben. Das jüngste Gerücht, wonach der Bundestrainer seinen bis 2016 laufenden Vertrag vorzeitig bis 2018 ausdehnen könnte, haben sie beim DFB zuletzt demonstrativ nicht dementiert, und an diesem Freitag haben sie das Gerücht nun offiziell in den Rang einer Nachricht erhoben.

Am Rande der Präsidiumssitzung verkündete DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, dass der neben ihm stehende Bundestrainer seinen Vertrag bis nach der WM in Russland 2018 verlängert habe - gemeinsam mit den ihm anvertrauten Sachverständigen, dem ebenfalls altgedienten Torwarttrainer Andreas Köpke (seit 2004) sowie dem Neuzugang Thomas Schneider, der im August 2014 die Assistenten-Rolle von Hansi Flick übernahm. Und Teammanager Oliver Bierhoff, dem immer wieder Abwanderungsgelüste unterstellt wurden, hat sich sogar bis 2020 an den Verband gebunden; zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben amtiert er künftig noch als Projektleiter der geplanten DFB-Akademie in Frankfurt.

Löw will eine Ära prägen

"Herz und Hirn" hätten "gleichermaßen Ja gesagt", sagte Löw am Freitag und gab bei der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz seiner Freude ordnungsgemäß Ausdruck. "Ich freue mich sehr, dass wir den Vertrag bis zur WM 2018 verlängert haben", sagte er, ein klassischer Satz bei solchen Anlässen, der trotzdem das entscheidende Motiv enthielt: das "Wir". Löw ist ein Trainer der ersten Person Plural, er kann es sich nach dem WM-Titel leisten, auf seinen Bedingungen und seinem Team zu bestehen.

Der deutsche Fußball ist durch die neuen Unterschriften endgültig zum Jogiland geworden: Löw ist mehr denn je von Vertrauten umstellt. Außer zu seinem Trainer- und Analysestab unterhält er auch den kürzestmöglichen Draht zu jenen Männern, die inzwischen kraft Amtes als Sportstrategen des Verbandes gelten können: zu Sportdirektor Hansi Flick, seinem langjährigen Co-Trainer, und zu Oliver Bierhoff, der mit der Akademie nun auch den Überbau verantwortet.

"Wir haben lange auf den WM-Titel hingearbeitet und in der Nacht von Rio gespürt, wie sich das anfühlt. Und wir alle wollen dieses Gefühl noch mal spüren", sagte Löw, der sich die von ihm verehrten Spanier zum Vorbild genommen hat. Wie einst die Spanier würde Löw gern eine kleine Ära prägen, und er weiß, dass kaum ein Job solche Voraussetzungen bietet wie der Job des Bundestrainers, der aus dem schönen Freiburg zuschauen kann, wie überall im Land prächtige Talente nachwachsen.

Der Fokus liegt auf der EM-Quali

Natürlich kennt Löw auch die Fallhöhe, die in seinem neuen Vertrag enthalten ist, er kennt die aktuelle EM-Qualifikationstabelle, die seine Elf mit sieben Punkten nur auf Platz drei führt, hinter Polen (10) und Irland (7), nur knapp vor Schottland. Die DFB-Elf muss im Herbst noch in Schottland und Irland antreten, auf der Insel ist es stürmisch, und so darf man Löws Unterschrift auch als Signal verstehen, die Tabelle nicht zu unterschätzen: Der neue Vertrag lenkt den Blick endlich auf neue Jahreszahlen, auf 2016 und 2018, das Papier dokumentiert offiziell, dass die Vergangenheit vorüber ist. Ja, Deutschland ist Weltmeister 2014; aber ab sofort geht es um die EM 2016 in Frankreich.

Löws Trainerkarriere hat nun das Potenzial, eine historische zu werden. Bevor er 2004 als Assistent beim DFB anfing, war er fast vom Radar der Branche verschwunden, und nun hat er auf einmal die glücklichsten Aussichten: Um den 5241 Tage regierenden Sepp Herberger als DFB-Rekordtrainer abzulösen, müsste Löw nur bis Dezember 2020 durchhalten. Die WM in Katar bliebe ihm erspart.

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