1860 verliert :Ruhe bitte!

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Unglücklich: Ivica Olic nach der Niederlage gegen Bochum. (Foto: imago)

Die Löwen unterliegen in einem schwachen Spiel dem VfL Bochum. Kapitän Stefan Aigners Ruf nach Ruhe im Verein dürfte nach der vorerst letzten Partie von Daniel Bierofka als Interimstrainer wohl nicht lange nachhallen.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Betont ruhig wirkte der Kapitän Stefan Aigner im Kabinengang des VfL Bochum, als er am Samstag darüber sprach, dass die momentane Unruhe beim TSV 1860 München nicht gerade gut geeignet ist, um fußballerische Glanzleistungen bieten zu können. Gesagt hat er das so: "Das geht alles nicht spurlos an uns vorbei, wir würden uns natürlich mehr Ruhe im Verein wünschen."

Dass Aigners Löwen beim VfL Bochum kurz zuvor mit 0:1 (0:0) verloren hatten, lag aber vermutlich nur sehr bedingt an den Scharmützeln in Klub und vielmehr an einer spielerisch überschaubaren Münchner Leistung sowie einem unglücklich anmutenden Gegentor in der 77. Minute, als ein unkontrolliert durch den Münchner Strafraum springender Ball erst an den Innenpfosten des 1860-Gehäuses sprang und von dort ins Tor. "Insgesamt war das heute spielerisch aber zu wenig", gestand Aigner ungeachtet der unruhigen Zeiten, "wir müssen es schaffen, uns auf Fußball und auf die Verbesserung unserer Schwächen zu konzentrieren - aber das ist uns diesmal leider nicht gelungen."

Bochums Trainer Verbeek muss auf die Tribüne

In der Mitte des Ruhrgebiets haben die Menschen am Samstag offenbar erwartet, man könne die verunsicherten Löwen aus München in diesen Zeiten gewiss zu Kätzchen degradieren. Zur Ausleuchtung dieses ersehnten Schauspiels hatten sie nämlich bereits zum mittägigen Spielbeginn trotz strahlender Herbstsonne das Flutlicht angeworfen, aber als die Heimmannschaft 13 Minuten vor Schluss den Siegtreffer erzielte, hatte sich der schöne Nachmittag in einen düsteren Samstag verwandelt - am Himmel ebenso wie in den Herzen der phasenweise gar nicht mal so schlecht spielenden Münchner, deren Trainer Daniel Bierofka resümierte: "Es gab zwei entscheidende Momente: als der Stefan Aigner erst die große Chance zu unserer Führung nicht nutzt und als wir dann ein ganz komisches Gegentor bekommen."

Bierofka, letztmals als interimischer Cheftrainer im Amt, weil ihm ja die Lizenz fehlt, hatte exakt jene Startelf aufgeboten, die zuvor 1:0 gegen Dresden gewonnen hatte. So als wolle er in einem Klub, in dem gerade alles verändert wird, an diesem Tag ein Zeichen der Konstanz setzen. "Ein Mal Löwe, immer Löwe", sangen die etwa 1500 mitgereisten Fans, die sich Gästeblock kuschelig zusammendrückten. Die erste Chance erwirkten angesichts all solcher Demonstrationen der Harmonie die Löwen, als Romuald Lacazette in der 10. Minute den Ball auf Aigner in den Strafraum lupfte, und hätte Aigner diesen Ball direkt zum Treffer weiterverwertet, wäre das ein Tor des Monats geworden.

In ihrer erprobten 4-1-4-1-Formation hatten die Münchner das Geschehen gegen ersatzgeschwächte Bochumer zunächst einigermaßen im Griff, ehe es mal gefährlich wurde, als sich der Rechtsverteidiger Filip Stojkovic überspielen und vom Bochumer Timo Perthel überlaufen ließ. Perthels Schuss lenkte der Tormann Stefan Ortega über die Latte. Die Münchner Harmonie der Anfangsphase übertrug sich übrigens nicht auf die Bochumer, deren Trainer Gertjan Verbeek in der 31. Minute den Innenraum räumen musste, weil er sich zu extrovertiert beklagt hatte. Weil der listige Niederländer jedoch fortan einfach einen Meter hinter der Coaching-Zone hinter der Werbebande stand, wurde dies erst einmal nicht zum Nachteil. Erst nach der Halbzeitpause stand er mit seinem Sportdirektor Christian Hochstätter hoch droben unter dem Stadiondach auf dem Kamerapodest.

Erst vergibt Aigner die Chance zum Sieg, dann schlägt Bochum zu

Erst zu Beginn der zweiten Halbzeit lohnte sich dann auch die frühzeitige Illuminierung der Stadionmasten, denn in der Pause hatte sich die verstaubte Sonne tief im Westen hinter einer Wolkendecke versteckt. Im Kunstlicht verschärften beide Teams ihre Angriffe. Nach einem Mlapa-Kopfball (54.) agierte etwa Ortega kunstfertig. Ehe auf der anderen Seite Münchens Kapitän Aigner die beste Chance zum Treffer erhielt, als er im Strafraum einen Querpass von Olic mit ein bisschen mehr Präzision ins Tor hätte schießen können, aber nur Bochums Perthel traf.

Der Treffer fiel dann in der 77. Minute - allerdings für Bochum. Nach einer Ecke kam Bochums aufgerückter Abwehrspieler Russell Canouse im Münchner Strafraum eher unkontrolliert an den hoch springenden Ball und lupfte ihn über die Gegenspieler hinweg an den Innenpfosten, von wo er ins Tor hüpfte. "Das Spiel hätte auch andersherum ausgehen können", fand Bierofka, "aber ob es dann verdient gewesen wäre, lasse ich mal dahingestellt."

© SZ vom 11.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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