Verletzungen von Nationalspielern:Unvermeidliche Jammer-Debatte

Mesut Özil, Premier League, FC Arsenal, Deutsche Nationalmannschaft

Reiste laut DFB verletzt zur Nationalmannschaft an: Arsenals Mesut Özil

(Foto: Getty Images)

Reizklima im Oktober: Bei der Diskussion um die derzeit verletzten Nationalspieler werden sich Klubs und Nationalmannschaften weiter zornig auf den Keks gehen - denn die Strapazen für die Spieler nehmen vermutlich noch zu.

Von Klaus Hoeltzenbein

Wie gereizt das Verhältnis zwischen den Klubs und den Nationalteams geworden ist, zeigt sich daran, dass es auf jedes Wort ankommt. "Verletzt angereist", so leitete der Deutsche Fußball-Bund am Mittwoch die offizielle Krankmeldung eines seiner Weltmeister ein, erst dann fuhr er fort: "Özil fällt 10-12 Wochen aus." Wichtig ist also nicht nur, dass etwas passiert ist, sondern: Wo genau ist es passiert?

Wichtig war dem DFB demnach, konkret darauf hinzuweisen, dass sich Mesut Özil seinen Teilabriss im Außenband des linken Kniegelenks nicht etwa im Training der Nationalelf zugezogen hatte. Sondern zuvor, am Sonntag im Spitzenspiel des FC Arsenal, seines Klubs, beim 0:2 gegen den FC Chelsea. Da hatte Özil trotz Verletzung durchgespielt.

Dies ist die Fortsetzung einer Debatte, deren Schärfe sich in zwei Sätzen spiegelt. "Wir verlangen zu viel von den Spielern, wir killen sie", hatte Bayern-Trainer Pep Guardiola jüngst geklagt und auf die Länderspiel-Flut hingewiesen. Ohne den FC Bayern namentlich zu erwähnen (zumal ähnliche Klagen auch von den noch stärker verletzungsgeplagten Klubs aus Schalke und Dortmund zu vernehmen sind), hielt Oliver Bierhoff jetzt dagegen: "Was mir ziemlich auf den Keks geht, was mich nervt, ist, dass das immer im Oktober kommt, wenn die Länderspiele anstehen." In denen es für den DFB-Teammanager und die Weltmeister von Rio bereits wieder darum geht, sich fürs nächste große Turnier zu qualifizieren, die EM 2016 in Frankreich.

Der gemeinsame Nenner in diesem Jammer-Dialog ist allenfalls der, dass sich Klubs und Nationalteams darin einig werden könnten, dass die Belastungen generell zu groß geworden sind. Damit wäre aber auch schon Schluss. Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge zum Beispiel klagt konkret über eine Erweiterung der EM für 2016 von 16 auf 24 Teams. Und er tadelt Marketing-Maßnahmen, in denen öde Testspiele der Nationalteams bald mit dem Etikett eines "Nations Cup" veredelt werden sollen.

Stars haben nun mal Kreuz- und Außenbänder, die reißen können

Sicher, dies sind gute Argumente. Falls aber den Nationalteams die Gegenargumente fehlen, können sie sich aus den Recherchen der Londoner Daily Mail bedienen. Die verkündete soeben, dass der Europäische Verband Uefa der Idee verfallen sei, die pflichtspielfreien Sommertage von Großklubs wie dem FC Bayern für Mini-Turniere in Übersee zu nutzen - zur Eroberung neuer Geschäftsfelder in den USA oder Asien. Solche Turniere ergeben jedoch nur dann einen merkantilen Sinn, wenn die Teams in prominentester Besetzung anreisen.

Man darf gespannt sein, welche Haltung der FC Bayern zu solchen Mini-Strapazen einnehmen wird. Er muss eine dazu haben, schließlich ist Boss Rummenigge auch der Chef der Europäischen Klub-Vereinigung ECA. Wenn die Vereine nicht aufpassen, werden solche Mini-Turniere sofort die argumentativen Abwehrkräfte der Nationalteams stärken.

Natürlich dreht sich im Kampf um Marktanteile längst alles im Kreis. Gibt es doch nur eine sehr begrenzte Anzahl weltweit präsentabler Stars. Lästigerweise sind dies keine Roboter, sondern Darsteller mit Kreuz- und Außenbändern, welche wie nun bei Özil schmerzhaft reißen können. Diese Stars werden von den Klubs hoch bezahlt, jedoch beeinflusst - besonders in Deutschland - die Präsenz in der Nationalelf die Popularitätswerte. So wird sich im Jammertal der Debatte jeder selbst der Nächste bleiben. Und man geht sich weiter zornig auf den Keks.

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