Verletzung von Schweinsteiger:Guardiola muss traurige Wörter lernen

Bastian Schweinsteiger im Champions-League-Spiel bei Viktoria Pilsen.

Bastian Schweinsteiger im Champions-League-Spiel bei Viktoria Pilsen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Weil Bastian Schweinsteiger erneut operiert wird, kennt Bayern-Trainer Pep Guardiola das Wort "Sprunggelenk" nun bestens. Er wird den Mittelfeldspieler kurzfristig ersetzen müssen, bis Thiago Alcántara wieder fit ist - auch im heutigen Spiel gegen den FC Augsburg. Wiederholt sich Schweinsteigers Leidensgeschichte von der EM 2012?

Von Claudio Catuogno

Der Freitag bot Pep Guardiola mal wieder die Möglichkeit, seine Deutschkenntnisse zu vertiefen. Das ihm bisher unbekannte Wort "Sprunggelenk" jedenfalls brachte er am Ende fehlerfrei heraus auf seiner Pressekonferenz zum Spiel gegen den FC Augsburg am Samstag, auf der es aus aktuellem Anlass kaum um Augsburg und dafür viel um Bastian Schweinsteiger ging. Diesen "Top-Top-Spieler" (Guardiola), der im Jahr 2013 ganz sicher kein Spiel mehr wird bestreiten können.

Das Sprunggelenk. Der Bayern-Trainer Guardiola machte am Freitag ein so glaubhaft bedrücktes Gesicht, dass jeder gleich verstand: Auf dieses Wort hätte er in seinem Repertoire gerne verzichtet.

Das medizinische Dossier, das der FC Bayern am Vormittag versandt hatte, und das nun auch die Planungen des Bundestrainers Joachim Löw tangiert, enthielt noch weitere für einen Spanier eher unaussprechliche Vokabeln. Der Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt teilte darin mit, dass im Verlauf von "Kontrolluntersuchungen" bei Schweinsteiger eine "postoperativ zunehmende Verknöcherung im Bereich des rechten Sprunggelenkes" festgestellt worden sei - dort hatte sich der Mittelfeldspieler erst in der Sommerpause "freie Gelenkkörper" entfernen lassen.

Die Verknöcherung führe nun "zu einer mechanischen Sehnenreizung", hieß es weiter, trotz intensiver konservativer Maßnahmen habe keine ausreichende Besserung erreicht werden können. Deshalb muss Schweinsteiger jetzt erneut am Sprunggelenk operiert werden.

"Das ist traurig für ihn", sagte Pep Guardiola, "ja, vor allem ist es traurig für ihn." Woraus man aber nicht schließen sollte, dass Guardiola es für kein allzu großes Problem hält, Schweinsteiger zu ersetzen - selbst wenn er zuletzt nicht immer glücklich zu sein schien mit den Auftritten des Vize-Kapitäns.

Da war etwa eine von Bild belauschte, zwölfminütige Diskussion auf dem Trainingsplatz nach dem Arbeitssieg in Hoffenheim, in welcher Guardiola angeblich ein zielstrebigeres Aufbauspiel einforderte ("Wichtige Spieler benutzen ihren Kopf"). Doch zugleich ließ der Coach mildernde Umstände gelten. Dass Schweinsteiger häufig nur unter Schmerzen mitwirken konnte, war ja bekannt; er selbst hat es am Freitag erneut in Erinnerung gerufen. "Die letzten Wochen waren immer wieder sehr schmerzhaft", ließ er ausrichten: "Ich habe es trotzdem immer wieder versucht, bin jetzt aber an einem Punkt angelangt, an dem sich ein operativer Eingriff nicht mehr vermeiden lässt. Ich hoffe, dass ich nach der OP wieder komplett schmerzfrei Fußball spielen kann."

"Wir warten auf ihn"

Wann das sein wird, dazu gibt es bisher keine Prognose. "Wir warten auf ihn", sagte Guardiola. "Er war der beste Spieler in der Bundesliga im letzten Jahr." Und selbst wenn man einen Teil der Schwärmerei ("Schweinsteiger zu trainieren ist ein Traum für mich") unter Pressekonferenz-Folklore abhakt, blieb da am Freitag doch das Bild eines Trainers, der nun auf einen Fußballer von besonderem Format verzichten muss: Schweinsteiger habe zuletzt "unglaublich hart gearbeitet", sagte der Coach: "Wenn ich nachmittags in meinem Büro war, war er auch noch hier."

Nun ist an Fußball erst mal nicht mehr zu denken. Am Samstag können die Bayern gegen Augsburg zum 37. Mal hintereinander in der Liga ungeschlagen bleiben - es wäre eine historische Serie. Schweinsteiger wird dabei ebenso fehlen wie bei der Klub-WM in Marokko im Dezember. Allerdings wird Guardiola den Ausfall vor allem kurzfristig überbrücken müssen - ab Dezember wird ja sein Lieblingsspieler Thiago Alcántara, den er im Sommer mit starken Worten ("Thiago oder nix") aus Barcelona geholt hatte, wieder für eine schrittweise Eingliederung zur Verfügung stehen nach auskuriertem Syndesmosebandriss. Der von vielen im Klub mit Sorge prognostizierte Konkurrenzkampf zwischen dem jungen Spanier und dem alternden Leitwolf fällt jetzt erst mal aus.

Löw will nur wirklich fitte Spieler nominieren

In der Nationalelf wird Schweinsteiger zunächst die beiden Länderspiel-Klassiker gegen Italien (15.11.) und England (19.11.) verpassen. Doch im Nationaltrikot war er ja zuletzt sowieso nur noch ein seltener Gast: In einem Testspiel hat er zuletzt im August 2011 mitgewirkt, beim 3:2 gegen Brasilien. Auch in der Nationalelf löst Schweinsteigers Absage einen kurzfristigen Engpass aus, da der Dortmunder Ilkay Gündogan ebenfalls noch verletzt ist.

Was die langfristige Perspektive angeht, so kamen am Freitag Solidaritätsadressen: Schweinsteiger sei "eine feste Größe, auch in Hinblick auf die WM in Brasilien", sagte Löw. Und doch scheint sich vor dem Welt-Turnier die Geschichte zu wiederholen. Bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine hatte Schweinsteiger sich - auch nach langer Verletzung - mit letzter Kraft über den Platz geschleppt. Löw hat daraus den Schluss gezogen, nicht erneut einen Spieler zu nominieren, der nicht wirklich fit ist. Dass dies nun wieder Bastian Schweinsteiger sein könnte, ist tatsächlich so traurig wie Pep Guardiolas Gesicht, wenn er das Wort "Sprunggelenk" sagt.

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