Verletzung bei Nationaltorhüter:Die Bayern zögern, Neuer einzusetzen

Manuel Neuer

Zweifelt an seinem eigenen Körper: Manuel Neuer, hier noch fit im Bayern-Tor (Archivbild).

(Foto: dpa)
  • Die Frage, wann Manuel Neuer wieder im Tor stehen kann, treibt den FC Bayern um.
  • Die Angst vor einer weiteren gravierenden Verletzung ist groß.
  • Bundestrainer Löw rechnet dennoch damit, dass er Neuer mit zur WM nach Russland nehmen kann.

Von Benedikt Warmbrunn

Das jüngste Bild, das Manuel Neuer der Welt zur Verfügung gestellt hat, ist ein idyllisches. Ein Mann steht im Wald, schwarzes Oberteil, kurze schwarze Hose, Sonnenbrille. Die Frühlingssonne scheint, im Bildhintergrund wartet ein Hund. Der Mann ist natürlich Neuer selbst, auf seinen Lippen liegt ein feines Lächeln. Es geht ihm, das ist die Botschaft, gut, dem Lächeln nach womöglich sogar sehr gut.

Seit Mitte September hat Neuer, 32, kein Fußballspiel bestritten, nach seinem Mittelfußbruch hat sich um ihn herum eine mysteriöse Genesungsgeschichte entwickelt, voller Fragen, Rätsel, Ungewissheiten, fast ohne Antworten, Lösungen, klare Prognosen. Und auch dieses Foto vom Waldweg, gepostet am vergangenen Sonntag, hilft in der Angelegenheit nicht weiter. Die Füße des Welttorhüters von 2013 bis 2016 sind auf dem Foto abgeschnitten.

Bundestrainer Löw plant für die WM weiter fest mit Neuer

Drei Spiele lang geht die Saison des FC Bayern München nach dem Ausscheiden im Halbfinale der Champions League am Dienstag in Madrid noch, in der Bundesliga stehen die Partien in Köln sowie zu Hause gegen Stuttgart an, dazu kommt das Finale im DFB-Pokal am 19. Mai. Es geht nun noch um kleinere technische Fragen, darum, ob die Mannschaft den 2013 selbst aufgestellten Rekordvorsprung von 25 Punkten überbieten kann (aktuell: 24 Punkte); darum, ob Robert Lewandowski zum dritten Mal in Serie 30 Tore oder mehr erzielen wird (aktuell: 28); darum, ob das Pokalfinale gegen den künftigen Bayern-Trainer Niko Kovac und Frankfurt früh oder sehr früh entschieden sein wird.

Und es gibt noch eine große Frage: die, wann Manuel Neuer zurückkehrt.

Als der Torwart sich im September zum dritten Mal innerhalb eines halben Jahres am Mittelfuß verletzte, war die Bestürzung im Verein und im Umfeld des Torwarts groß. Alle Beteiligten hatten sofort einen Gedanken: dass es nicht wieder so laufen sollte wie im Frühjahr 2017.

Damals hatte sich Neuer im März erstmals am Fuß verletzt, mit einem Eingriff wurde ein Knochensplitter am Fußgelenk entfernt, dadurch sollte verhindert werden, dass der Knochen komplett bricht. Anschließend gab es verschiedene Meinungen darüber, wie schnell Neuer wieder eingesetzt werden sollte; in der Champions League standen die Viertelfinal-Partien gegen Real Madrid an. Neuer spielte, dem Vernehmen nach auch, weil er selbst unbedingt spielen wollte. Im Rückspiel in Madrid brach er sich den Knochen.

Die Ärzte und Neuer verzichteten auf einer Operation, der Fuß sollte Ruhe bekommen und durch konservative Methoden zusammenwachsen. Nach der dritten Verletzung am Mittelfuß Mitte September war die Operation jedoch unumgänglich, Neuer wurde dabei auch eine stabilisierende Platte eingesetzt. Und alle waren sich einig, dass der Torwart nun genug Zeit für die Heilung bekommen sollte. In der ersten Mitteilung nach der OP sagte Klubboss Karl-Heinz Rummenigge: "Manuel wird uns im Januar in alter Stärke wieder zur Verfügung stehen."

Sorge um eine weitere Verletzung mit schwerwiegenden Folgen

Die Prognosen wurden dann zunehmend aufgeweicht, alle Beteiligten beriefen sich auf ihre Schweigepflicht, keiner wollte einen Zeitplan nennen, der dann vielleicht hätte korrigiert werden müssen. Aus Januar wurde irgendwann März, aus März wurde schließlich: irgendwann noch in dieser Saison.

In diesen Wochen und Monaten trieb alle die Sorge um, dass ein weiterer zu früher Einsatz und dadurch möglicherweise eine weitere Verletzung für Neuer schwerwiegende Folgen haben könnte, selbst vom dann nicht auszuschließenden Karriereende raunten manche. Neuer sagte neulich dem Stern: "Natürlich gab es den Punkt, an dem die Heilung stagnierte. Da musste ich schon schlucken und habe mich gefragt: Warum geht es nicht weiter? Was hat das zu bedeuten? Was macht da gerade mein Körper mit mir? Aber ich habe mir das immer genau erklären lassen: dass der Stoffwechsel in der Peripherie des Körpers eben am schlechtesten ist, weil der Fuß am weitesten vom Herzen weg ist."

Inzwischen hat Neuer keine Schmerzen mehr, er trainiert auf dem Rasen, teilweise Übungen aus dem Trainingsalltag eines Torhüters. Anders als die ebenfalls verletzten Jérôme Boateng und Arjen Robben verzichtete er auch auf die Reise nach Madrid, weil er nicht auf zwei Einheiten verzichten wollte. Die Ärzte haben dem Torwart schon lange ihr Okay gegeben, es liegt jetzt noch an Neuer sowie an Trainer Jupp Heynckes, wann er wieder spielen wird. Rummenigge sagte zu Wochenbeginn, dass es zwischen den beiden einen "Plan oder Geheimplan" gebe; nach SZ-Informationen sah dieser ursprünglich vor, dass Neuer gegen Köln und Stuttgart wieder im Tor stehen sollte.

Neuer soll erst gegen Stuttgart wieder spielen

Ein Einsatz gegen Köln wurde allerdings inzwischen wieder als verfrüht eingestuft; gegen Stuttgart aber soll Neuer, Stand dieser Woche, spielen. "Sollte er dann nicht dabei sein, wäre in der Heilung noch irgendetwas kompliziert geworden", sagt ein Insider. Heynckes sieht keinen Anlass zur Eile - auch nach dem Aussetzer von Neuers Vertreter Sven Ulreich nicht.

Bis zu jener 46. Minute, in der Ulreich in Madrid am Ball vorbeitrat und so das 1:2 ermöglichte, fanden im Vereine alle, dass Ulreich sich prächtig entwickelt habe. Und von der 47. Minute an war er auch wieder der Ulreich, der Neuer die Zeit gegeben hat, um fern der Öffentlichkeit an seiner Rückkehr zu arbeiten. Sollte Neuer gegen Stuttgart spielen, würde dies auch die Spekulationen um seine WM-Teilnahme beenden. Neuer geht davon aus, dass er in Russland im Tor stehen wird, und obwohl viele Experten Schlagzeilen produzieren, indem sie zu den vielen Fragezeichen ein paar weitere dazumischen, gibt es einen Mann, der sich davon nicht beeinflussen lässt. Bundestrainer Joachim Löw plant für die WM fest mit Neuer.

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