Verletzte Polizisten im Fußball:Polizei will Feuerwerke aus Stadien verbannen

Nach den jüngsten Zwischenfällen macht die Bundespolizei Druck. Sie will bengalische Feuer "gesellschaftlich ächten" und aus deutschen Fußballstadien fernhalten. Ihr geht es um die Gefährdung der eigenen Beamten: 99 Polizisten wurden in der vergangenen Saison verletzt, fast die Hälfte davon durch Pyrotechnik.

Klaus Ott und Marc Widmann

99 verletzte Beamte hat die Bundespolizei in der vergangenen Saison bei Fußball-Einsätzen registriert. Davon 48, also fast die Hälfte, durch bengalische Feuer und Pyrotechnik, die ein harter Kern der Fans gerne entflammt. "Mich wundert, dass da noch nicht mehr passiert ist", sagt Friedrich Eichele, Präsident der Bundesbereitschaftspolizei.

Auseinandersetzungen vor Fussballspiel FC St. Paui - FC Hansa Rostock

Auseinandersetzungen im Fußball, hier bei einem Spiel zwischen dem FC St. Paui und Hansa Rostock.

(Foto: ddp)

Das ist jene Einheit, die sich Wochenende für Wochenende mit 2000 bis 3000 Leuten vor und nach den Spielen der Bundes- und Regionalligen um die Sicherheit auf den Bahnsteigen, in den Bahnhöfen und Zügen kümmert. In den Stadien sind die jeweilige Landespolizei und der Ordnungsdienst der Klubs zuständig.

Manche Fans, so berichten die Beamten, werfen schon bei der Anreise oder später bei der Rückfahrt mit Feuerwerkskörpern um sich. Wie gefährlich das ist, belegen Dokumentationen der Bundespolizei, die schon seit Jahren bei entsprechenden Gelegenheiten auch Vertretern von Politik und Fußball gezeigt werden. "Politik und Gesellschaft sollten auf die Fanszene einwirken und erreichen, dass sie Pyrotechnik nicht länger als Teil ihrer Kultur betrachtet", sagt Eichele.

Diese Art von Feuerwerk müsse "gesellschaftlich geächtet werden". Der Polizeichef verweist darauf, dass der Rauch und die große Hitze, die beim Abbrennen bengalischer Feuer entstünden, zu schweren Verletzungen führen könnten. Gleiches gelte für Knallkörper - deshalb tragen Polizisten bei ihren Einsätzen inzwischen oft Gehörschutz. Eichele kennt sich aus mit heiklen Situationen. Er war mal Chef der Spezialeinheit GSG 9.

Trotz der Gefahren greifen mehr und mehr Fans zu solchen Mitteln. In der Saison 2008/2009 registrierte die Bundespolizei allein im Bereich der Bahn 198 Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, in den beiden folgenden Spielzeiten waren es bereits 424 beziehungsweise 462 Delikte. Trotzdem haben sich manche Fußball-Funktionäre auf eine Diskussion mit sogenannten Ultras eingelassen, ob der verbotene Gebrauch von Pyrotechnik in speziellen Bereichen der Stadien erlaubt werden könne.

Erst jetzt, nach den Randalen der Dresdner Fans beim Pokalspiel in Dortmund, gibt es klare Worte aus der Bundesliga. "Das ist verboten", sagt Liga-Präsident Reinhard Rauball. Der Deutsche Fußball-Bund dagegen hat im Sommer einstweilen ein Gutachten in Auftrag gegeben, wie solche Feuerwerke haftungsrechtlich und versicherungstechnisch zu bewerten seien. Wann es fertig ist, steht noch nicht fest.

Die zündelfreudigen Fans sind übrigens offenbar weniger gefährdet als Polizisten. Die Bundespolizei registrierte vergangene Saison in ihrem Einsatzbereich 88 verletzte Gewalttäter, nur zwei davon durch Pyrotechnik.

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