Vanessa Hinz bei der Biathlon-WM:Mit Gold entschädigt

Lesezeit: 3 min

Vanessa Hinz (Foto: dpa)
  • Die 22-jährige Vanessa Hinz war im Einzelrennen zu nervös, in der Staffel ein entscheidender Faktor.
  • Sie verkörpert bei der Biathlon-WM die neue deutsche Generation mit dem ersten Staffel-Gold seit vielen Jahren.
  • Hier geht's zu den Ergebnissen der Biathlon-WM und hier zum Liveticker ab 13.30 Uhr im Massenstart der Frauen.

Von Joachim Mölter, Kontiolahti

Für Vanessa Hinz ist die Biathlon-WM in Kontiolahti gelaufen, am Sonntag wird sie nur noch ihre Teamgefährtinnen Laura Dahlmeier, Franziska Hildebrand und Franziska Preuß anfeuern, wenn diese beim Massenstart über 12,5 Kilometer um Medaillen kämpfen (13.30 Uhr/ARD und Eurosport). Hinz darf nicht mit rennen, "das tut mir schon weh, weil ich in dieser Saison bisher jeden Massenstart gelaufen bin", sagt sie: "Aber das habe ich mir selbst vermasselt."

Die Plätze 49 im Sprint, 37 in der Verfolgung und 44 im Einzel waren nicht gut genug, um sich für den abschließenden WM-Wettbewerb zu qualifizieren, bei dem die 30 Startplätze reserviert sind für die bisherigen Medaillengewinner, die 15 Besten des Weltcup-Klassements sowie diejenigen, die bei den Titelkämpfen am besten abgeschnitten haben. Vanessa Hinz wird am Montag trotzdem nicht traurig heimfliegen: Die 22-Jährige vom SC Schliersee ist Weltmeisterin, Mitglied der deutschen 4x6-Kilometer-Staffel. "Das entschädigt", sagt sie.

Vom Risikofaktor zum Gold-Motor

Wegen ihrer Vorleistungen bei dieser WM galt Vanessa Hinz als Risikofaktor bei diesem Staffelrennen. Aber sie war es dann, die dem Quartett des Deutschen Skiverbandes (DSV) den Sieg sicherte. An Position drei laufend und auf Platz drei liegend war sie nach Hildebrand und Preuß auf die Strecke gegangen. Dort übernahm sie dank eines fast tadellosen Schießens (sie lud nur einmal nach) die Führung und gab der Schlussläuferin Dahlmeier einen sicheren Vorsprung mit, den diese nur noch ins Ziel bringen musste. Es war der erste Titel für eine neue Generation deutscher Biathletinnen.

Vor drei Jahren hatte der DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller Alarm geschlagen, weil die Erfolge auszugehen drohten. Die Olympiasiegerin Kati Wilhelm und die Weltmeisterin Martina Beck-Glagow hatten bereits aufgehört, Rekord-Weltmeisterin Magdalena Neuner hatte ihren Rücktritt angekündigt, das Karriere-Ende von Olympiasiegerin Andrea Henkel war abzusehen - aber kein Nachwuchs, der diese Lücken füllen konnte. Pfüller forderte, Langläuferinnen umzuschulen. "Wir verdienen unser Geld nicht mit dem Langlauf, sondern mit Biathlon", erinnerte der Funktionär, wofür sich Zuschauer und Sponsoren am meisten interessieren.

Die zweimalige Olympiasiegerin Evi Sachenbacher-Stehle war zwar die Erste, die damals vom Langlauf- ins Biathlon-Lager wechselte; aber bei ihr hatte das persönliche Gründe gehabt und sich schon vorher abgezeichnet. Abgesehen von ihr hat der DSV nur neun junge Langläuferinnen zu Schießübungen überreden können, zwei entschlossen sich tatsächlich zum Disziplin-Wechsel. Übriggeblieben ist nur eine: Vanessa Hinz.

"Ich habe den Wechsel nie bereut", sagt die großgewachsene Athletin (1,76 Meter), "ich bin super-happy." Als Sportsoldatin war sie schon vertraut im Umgang mit einem Gewehr; die Umstellung auf den Gebrauch im Wettkampf fiel ihr dennoch erstaunlich leicht. Schon in ihrer ersten Saison als Biathletin wurde sie Junioren-Weltmeisterin, in der Staffel mit Preuß und Dahlmeier, zwei gelernten Fachkräften. Wenig später folgte der erste Weltcup-Start bei den Frauen, im folgenden Winter wurden die Einsätze mehr. Für die Olympischen Spiele in Sotschi stand sie als Ersatzläuferin daheim in Schliersee auf Abruf bereit.

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Plötzlich unerklärlich abgeklärt

In diesem Winter hat sich Vanessa Hinz im Weltcup-Team des DSV etabliert, frühzeitig erfüllte sie die WM-Norm, mit konstanten Ergebnissen bestätigte sie ihre Form. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme war sie dennoch überwältigt. "Ich habe mir vorher gesagt, man muss hier auch nur laufen und schießen", gab sie zu, "aber eine WM ist halt doch was anderes, das ganze Flair, das ganze Feeling..." Vor der Staffel habe sie "schon Bammel gehabt", sagte sie: "Man kann den anderen ja so viel vermiesen."

Trotz der schweren Gedanken war sie abgeklärt gelaufen, hatte flott geschossen, sich nicht ablenken lassen von dem, was um sie herum passierte. "Ich weiß auch nicht, warum es dieses Mal anders war", sagte sie: "Wenn ich es wüsste, würde ich es ab jetzt immer so machen." Offensichtlich lernt Vanessa Hinz schnell, so rasant wie sich ihre Biathlon-Karriere entwickelt hat, wie sie die Fehler der ersten WM-Tage abgestellt hat. "Je öfter man bei einer WM dabei ist, desto leichter wird's", fasste sie jedenfalls zusammen: "Und hoffentlich bin ich noch oft dabei."

© Digitale SZ vom 15.3.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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