Van der Vaart und der HSV:Erpresste Wechsel

Manche Spieler stellen sich gegen ihren Verein oder simulieren Verletzungen, um einen Transfer zu erzwingen. Nun kann auch Rafael van der Vaart wegen angeblicher Rückenprobleme in Budapest nicht spielen.

Fußball-Bundesligist Hamburger SV bestreitet das Hinspiel der Uefa-Cup-Qualifikation bei Honved Budapest ohne seinen Kapitän Rafael van der Vaart. Als Begründung wurden schmerzhafte Rückenprobleme genannt, die sich der Niederländer vor der Abreise nach Ungarn beim Spielen mit seinem ein Jahr alten Sohn Damian zugezogen haben soll. Das weckt Erinnerungen an eine Szene, die in Hamburg noch niemand vergessen hat:

Van der Vaart und der HSV: Geschafft: Khalid Boulahrouz provozierte 2006 seinen Abgang vom HSV und landete bei Chelsea und Trainer Mourinho. Nach nur einem Jahr aber ist er nun nach Sevilla ausgeliehen.

Geschafft: Khalid Boulahrouz provozierte 2006 seinen Abgang vom HSV und landete bei Chelsea und Trainer Mourinho. Nach nur einem Jahr aber ist er nun nach Sevilla ausgeliehen.

(Foto: Foto: AP)

Vor ziemlich genau eine Jahr stürzte Khalid Boulahrouz beim Warmmachen vor dem Champions-League-Qualifikationsspiel gegen Osasuna Pamplona plötzlich auf den Rasen, hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht beide Hände an den Kopf - Einsatz unmöglich. Bänderdehnung im Knöchel lautete zunächst die offizielle Version des widerlichen Schmierentheaters vom 9. August 2006, mit dem der Niederländer seinen Wechsel vom HSV zu Chelsea London erzwang und gleichzeitig die internationale Spielberechtigung für den neuen Arbeitgeber sicherte. Kein Wunder, dass ...

Erpresste Wechsel

... Fußballfans und Funktionäre in der Hansestadt ein Deja-vu-Erlebnis hatten, als Rafael van der Vaart am Mittwoch, dem Tag der Abreise zum Qualifikations-Hinspiel um den Uefa-Cup bei Honved Budapest, plötzlich Rückenschmerzen verspürte. Er habe sich an seinem kleinen Sohn verhoben. Eins war klar: Spielt er für den HSV gegen Budapest, wäre er bis Ende des Kalenderjahres für keinen anderen Klub international einsatzberechtigt.

Van der Vaart und der HSV: Auf Nimmerwiedersehen? Rafael van der Vaart will weg, trotz laufenden Vertrags.

Auf Nimmerwiedersehen? Rafael van der Vaart will weg, trotz laufenden Vertrags.

(Foto: Foto: AP)

Der Machtkampf zwischen dem HSV, dem FC Valencia, dem Spieler van der Vaart und dessen umstrittenen Berater Sören Lerby verdeutlicht noch einmal, mit welchen Methoden Profis ihre Wechsel zu anderen Vereinen forcieren und dabei laufende Verträge ignorieren und ihre Klubs erpressen. Der Fall van der Vaart ist kein Einzelfall, sondern nur ein weiteres Beispiel egoistischer Machenschaften im Millionengeschäft Fußball.

Erpresste Wechsel

Van der Vaart und der HSV: Christian Gimenez, auch schon nicht mehr in Berlin (wie im Bild), sondern in Mexiko aktiv.

Christian Gimenez, auch schon nicht mehr in Berlin (wie im Bild), sondern in Mexiko aktiv.

(Foto: Foto: AP)

So verweigerte Stürmer Christian Gimenez vor zwei Jahren seinen Einsatz für den FC Basel gegen Werder Bremen, weil er zu Olympique Marseille wechseln wollte.

Erpresste Wechsel

Van der Vaart und der HSV: Ihr lasst mich gehen, oder ich schieß ein Eigentor! William Gallas, heute bei Arsenal.

Ihr lasst mich gehen, oder ich schieß ein Eigentor! William Gallas, heute bei Arsenal.

(Foto: Foto: Reuters)

Der Franzose William Gallas soll Chelsea London gedroht haben, ein Eigentor zu schießen, um den Transfer zum FC Arsenal zu erzwingen.

Van der Vaart und der HSV: Schon wieder einer, der von HSV weg wollte: Daniel van Buyten, heute meist Ersatzspieler in München.

Schon wieder einer, der von HSV weg wollte: Daniel van Buyten, heute meist Ersatzspieler in München.

(Foto: Foto: AP)

Erpresste Wechsel

Ebenfalls in Hamburg legte sich im vergangenen Sommer Daniel von Buyten solange mit seinen Mitspielern an, bis er in der Mannschaft völlig isoliert und der Verkauf zum FC Bayern unvermeidlich war.

Van der Vaart und der HSV: Angekommen: Miroslav Klose nach seinem unrühmlichen Abgang in Bremen nun im rot-weißen Trikot.

Angekommen: Miroslav Klose nach seinem unrühmlichen Abgang in Bremen nun im rot-weißen Trikot.

(Foto: Foto: ddp)

Erpresste Wechsel

Van der Vaart und der HSV: Gabriel Heinze will ManU verlassen.

Gabriel Heinze will ManU verlassen.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Bayern wiederum gruben so lange an Miroslav Klose herum, bis Werder Bremen es schließlich aufgab, die Vertragserfüllung bis 2008 durchzusetzen. Klose betrieb bereits in der Rückrunde eine indirekte Leistungsverweigerung durch Formschwäche, die dazu beitrug, dass der Herbstmeister nur Dritter wurde. Seine Verhandlungen - nein: "Informationsgespräch" - mit den Bayern einen Tag vor dem Uefa-Cup-Halbfinale gegen Espanyol Barcelona leiteten schließlich den Abgang ein.

Erpresste Wechsel

Van der Vaart und der HSV: Als Jürgen Klopp nach jubelte, dachte Michael Thurk schon an die Eintracht.

Als Jürgen Klopp nach jubelte, dachte Michael Thurk schon an die Eintracht.

(Foto: Foto: Reuters)

Der Argentinier Gabriel Heinze von Manchester United will ein ordentliches Gericht anrufen, um den Wechsel zum FC Liverpool zu erzwingen.

Van der Vaart und der HSV: Daniel Alves (Mitte): Zocken um die Ablöse.

Daniel Alves (Mitte): Zocken um die Ablöse.

(Foto: Foto: AFP)

Erpresste Wechsel

Im letzten Jahr veranstaltete selbst ein Stürmer wie Michael Thurk ein wochenlanges Sommertheater, in dem er sich mit Trainer Jürgen Klopp überwarf, um von Mainz zu Eintracht Frankfurt wechseln zu können.

Erpresste Wechsel

Van der Vaart und der HSV: Van der Vaart: Abschiedskuss an den HSV?

Van der Vaart: Abschiedskuss an den HSV?

(Foto: Foto: dpa)

Beim FC Sevilla hat am Mittwoch der Spieler Daniel Alves seinen Einsatz in der Champions-League-Qualifikation gegen AEK Athen (2:0) verweigert. Der Brasilianer wird seit Wochen vom FC Chelsea umworben und wollte mit seinem Boykott des Wechsel forcieren. "Ich kann niemandem Handschellen anlegen und ihn zur Arbeit zwingen", erklärte Sevillas Trainer Juande Ramos seinen Verzicht auf den Rechtsverteidiger.

In dem Fall aber sind sich alle Parteien grundsätzlich über den Verkauf einig, gezockt wird um die Höhe der Ablöse, die bei 37 Millionen Euro liegen soll.

Erpresste Wechsel

Van der Vaart aber soll beim HSV bleiben. Die Aussagen der Klubführung sind unmissverständlich, es geht nicht um Geld. Es geht darum, nicht erpressbar zu sein und damit auch kein falsches Signal für die Zukunft an andere Spieler des Kaders zu senden.

Van der Vaarts Berater Lerby aber scheint bei seinem unbedingten Willen, den Wechsel durchzusetzen und daran mitzuverdienen, eigene Wahrnehmungen von der eindeutigen und ihm in Budapest persönlich mitgeteilten Absage zu haben. "Ich bin optimistisch bezüglich des Transfers", erklärte der Däne gegenüber der spanischen Zeitung Marca, "auch wenn mir gesagt wurde, dass der Wechsel schwer wird."

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