Usain Bolt:Das Leben ist leicht und schnell

Usain Bolt befreit die Leichtathletik von einem verstaubten Image und prägt den Show-Faktor - doch bleibt zugleich ein Mysterium. Ein Dopingfall Bolt wäre für die Sportart eine Katastrophe.

Thomas Hummel

Auf Usain Bolt hat die Leichtathletik gewartet. In der Öffentlichkeit und vor allem bei der Jugend hatte die Sportart das Stigma, eintönig und langweilig zu sein. Nur verbissene Einzelkämpfer und Menschen, die gerne unendlich lange und unendlich hart trainieren wollen, üben sie noch aus. Und dafür bekommen diese Einzelkämpfer nicht mal genug Geld, um sich ein nettes Häuschen und ein schnelles Auto leisten zu können.

Usain Bolt: Usain Bolt, der Mann mit den größten und schnellsten Füßen der Welt.

Usain Bolt, der Mann mit den größten und schnellsten Füßen der Welt.

(Foto: Foto: AP)

Doch dann kommt ein 22 Jahre alter, sehr lockerer Jamaikaner daher, der vor und nach den Rennen seine Faxen treibt, den verbissenen Muskelpaketen davonrennt und danach zu McDonalds geht, um sich "Nuggets" zu kaufen.

Usain Bolt verkörpert vieles, von dem sehr viele Jugendliche auf der ganzen Welt träumen. Spaß wollen sie haben, viel Spaß. Außerdem berühmt sein und einen Haufen Geld verdienen. Die Leichtathletik hat den Superstar gesucht und ihn in Trelawny, Jamaika, gefunden. Der Werbewert des 1,93 Meter großen Jamaikaners ist nicht zu beziffern.

9,58 Sekunden, so leicht gelaufen, als wäre Usain Bolt eine halbe Stunde vorher mit einem Cocktail in der Hand am Pool gelegen. Nach dem Zieleinlauf ging das Theater in den nächsten Akt, die Show drumherum ist mindestens so wichtig wie das Rennen. Da hilft das verschmitzte, bisweilen charmante Lächeln eines jungen Mannes, der nicht immer so genau zu wissen scheint, was er da treibt. Das Leben ist leicht und schnell.

Mit Usain Bolt wird diese uralte Sportart plötzlich wieder in den entlegensten Winkeln der Gesellschaften wahrgenommen. Alle wollen Bolt sehen. Die Leichtathletik-Experten mögen ihm ungläubig hinterher blicken, für den Rest der Welt ist er die Attraktion der WM in Berlin. Seine Leistungen scheinen nicht von dieser Erde zu sein, er ist unantastbar. Eine fast unwirkliche Erscheinung, schneller als die anderen, größer als die anderen, und immer mit diesen Scherzen, diesen Mimiken, diesen Einlagen. Und doch verkörpert er weltliche Sehnsüchte mit seinem Luxus, seinen Partys, seinem schönen Leben.

Jugendliche kamen am Sonntag zum WM-Endlauf der 100 Meter ins Berliner Olympiastadion mit "Usain-Bolt-Laken" und stimmten Sprechchöre an. Sie bedruckten T-Shirts mit seinem Namen, banden sich lustige Stoffarme, die "Bolt-Arme", auf den Rücken. So etwas hat es in der Leichtathletik noch nie gegeben.

Deshalb darf aus der Sicht des Weltverbands eines unter keinen Umständen passieren: dass Usain Bolt positiv auf Dopingmittel getestet wird. Das wäre die Katastrophe für die Leichtathletik, würde sie in den entlegensten Winkeln der Gesellschaft auf Jahre unwiederbringlich diskreditieren. Und genau deshalb glauben Kritiker, dass der Jamaikaner auch nicht positiv getestet wird.

Niemand weiß, was hinter diesen 9,58 Sekunden genau steckt. Ob es ein Jahrhundert-Talent ist oder unendlich langes, unendlich hartes Training. Ob es verbotene Mittel sind oder gar ein ganzer Cocktail. Oder doch der ausgiebige Genuss der Trelawny-Kartoffel, wie sein Vater einmal sagte. Vielleicht ist es von allem ein bisschen, wer weiß das schon. Das Ergebnis aber, das Mysterium Usain Bolt, macht die Leichtathletik nach langer Zeit zum Thema.

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