USA:Grüns zu Bunkern

Durch die Dürre in Kalifornien werden professionelle Sportklubs zu Vorbildern beim Wassersparen und damit für Umweltschutz.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Eric Hansen wählt die altmodische Methode. Er drückt seinen weißen Tennisschuh in den Rasen, hebt den Fuß und wartet, ob sich die Grashalme wieder aufstellen. Falls nicht, sind sie durstig. Hansen ist seit 19 Jahren verantwortlich für den Rasen im Stadion der Los Angeles Dodgers, er prüft nun das Outfield. Alles in Ordnung: "Da drüben jedoch habe ich eine trockene Stelle entdeckt, die sollten wir bewässern." Der Rasen erholt sich gerade, die Dodgers befinden sich seit Montag auf Auswärtsreise in Chicago, Miami und Phoenix, sie werden erst am kommenden Freitag wieder ein Heimspiel bestreiten.

Ein saftiges Grün gehört zum Baseball wie Homeruns und Hotdogs. Es verwundert, dass Hansen einen seiner Mitarbeiter mit einem Schlauch zur trockenen Stelle beordert, anstatt einfach die Sprinkleranlage einzuschalten. Kalifornien jedoch erlebt derzeit die schlimmste Dürre seiner Geschichte, Gouverneur Jerry Brown hat eine Reduktion des Wasserverbrauchs um 25 Prozent angeordnet, jeder deutet mit dem Finger auf den anderen: Die Promis in Beverly Hills sind schuld, die Mandelbauern im Central Valley oder die Golfplatz-Betreiber in Palms Springs. Schuld ist auch US-Präsident Barack Obama - weil er am Wochenende 18 Löcher in Sunnylands bespielt hat.

Die Zuschauer sollen sehen, wie ökologisch in den Stadien gearbeitet wird

"Wir müssen umdenken", sagt Hansen: "Wir haben bereits vor zwei Jahren unser komplettes Bewässerungssystem umgestellt." Die Dodgers haben nicht nur Drainagen installiert, sondern auch Sensoren vergraben, die Daten liefern: "Wir wissen nun exakt, welche Stelle trocken ist und müssen nur noch dort wässern. Wir haben zudem herausgefunden, dass sieben Minuten genauso effizient sind wie zehn Minuten." Auch die Sitze auf der Tribüne werden nicht mehr nach jeder Partie abgespritzt, sondern nur noch gewischt. Rechnet man alle Maßnahmen zusammen, dann hat der Klub die Bewässerungszeiten in den vergangenen zwei Jahren um mehr als 50 Prozent reduziert.

Die Erkenntnisse der Profiteams und Uni-Sportfakultäten sollen nun auch Schulen, Amateurklubs und Privatleute anwenden: Sie können effizienter bewässern wie die Dodgers, eine weniger durstige Grasvariante verwenden wie die San Francisco Giants oder Kunstrasen installieren wie die Universität UCLA. Sie können den Rasen auch einfach vertrocknen lassen, wie es der ehemalige Golfprofi Jack Nicklaus mit seiner Firma gerade auf dem Golfplatz im Sherwood Country Club tut. Dort werden die verdorrten Stellen einfach zu Bunkern umgebaut.

Der amerikanische Profisport wird nicht nur wegen der Dürre in Kalifornien gerade zum Vorbild für Umweltschutz, der Fans zum Umdenken animiert. Und das, obwohl im Stadion der Dallas Cowboys während eines Spiels so viel Energie verbraucht wird wie in ganz Nairobi zur gleichen Zeit. Und obwohl die Seattle Mariners in der vergangenen Saison mehr als 80 000 Kilometer zu Auswärtsspielen gereist sind. Die überwölbende Botschaft aber ist: Es gibt eine neue Umweltbewegung im US-Sport.

Die Zuschauer, das ist der Plan der Green Sports Alliance (GSA), sollen künftig bei jedem Besuch erkennen, wie ökologisch in den Stadien gearbeitet wird - und dass dadurch auch noch Geld gespart wird. Diese Ideen sollen sie dann daheim umsetzen.

Die GSA ist eine Non-Profit-Organisation, die im Februar 2010 als Workshop von Sportmanagern im Nordwesten der Vereinigten Staaten begonnen und mittlerweile mehr als 200 Mitglieder hat: Sportligen wie die NHL (Eishockey), NBA (Basketball), MLB (Baseball) oder der amerikanische Tennisverband, Profiklubs und Universitäten mit Sportprogrammen, dazu Betreiber von Sport-Arenen. "Unsere größte Herausforderung ist es, die Aufmerksamkeit der Menschen zu bekommen", sagt Vorstandsmitglied Scott Jenkins.

Im Staples Center werden jetzt pro Jahr 26 Millionen Liter Wasser weniger verbraucht

Wer sehen will, wie das funktioniert, der sollte das Stadion der Philadelphia Eagles besuchen. Es gibt dort 14 Wind- turbinen und mehr als 11 000 Solarmodule. Der Klub produziert auf diese Weise mehr als 30 Prozent der benötigten Energie selbst, den Rest beziehen die Eagles von umweltfreundlichen Anbietern. 98,9 Prozent des Mülls in der Arena ist wiederverwertbar, das zum Kochen der Snacks verwendete Öl wird in Biodiesel umgearbeitet, nicht gegessene Speisen werden an Obdachlose verteilt. "Unser Klub ist landesweit im TV zu sehen", sagt Eigentümerin Christina Lurie: "Wir hoffen, dass wir durch dieses Symbol ein gutes Beispiel geben - und dass wir andere dazu ermuntern, noch besser zu sein."

Ähnlich umweltbewusst wird im Staples Center in Los Angeles agiert, in der ersten US-Arena, der das Zertifikat ISO 14001 für vorbildliches Umweltmanagement verliehen wurde. Die Betreiber haben vor acht Jahren auf 178 Toiletten eine wasserlose Technologie installiert - mehr als 26 Millionen Liter Wasser sparen sie so nun pro Jahr.

Ein paar Kilometer nördlich des Staples Center befindet sich das Stadion der Dodgers. Die Dürre war dem Klub Anlass, seinen Wasserverbrauch zu überdenken. Am kommenden Freitag, vor der Partie gegen die New York Mets, wird Eric Hansen nach der Analyse der Daten wieder durchs Outfield laufen und seinen Schuhtest absolvieren. Der Rasen wird nicht saftig sein, aber bespielbar.

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