US-Open-Titel für Serena Williams:Nummer 18

2014 US Open - Day 14

Sorgte vor allem nach ihrem raschen US-Open-Sieg für emotionale Momente: Serena Williams.

(Foto: Alex Goodlett/AFP)

Die grotesken Momente von Wimbledon sind vergessen: Serena Williams gewinnt die US Open auf beeindruckende Weise. Sie hat nun 18 Grand-Slam-Titel erreicht - so viele wie Martina Navrátilová und Chris Evert. Und sie ist noch lange nicht zufrieden.

Von Jürgen Schmieder, New York

Das Faszinierende an Theater-Aufführungen, das behaupten zumindest die Verehrer dieser Kunstform, ist die Unvorhersehbarkeit jeder einzelnen Vorstellung. Natürlich sind Drehbuch und Bühnenbild bekannt, die Schauspieler haben wochenlang geprobt und einzelne Szenen perfekt einstudiert - und doch kann da immer etwas für den Zuschauer Aufregendes, Skandalöses passieren. Während der Premiere des Stücks "The Blue Room" 1998 auf dem Broadway war ganz kurz der nackte Hintern von Nicole Kidman zu sehen gewesen. War es Zufall oder Inszenierung? Die Ticketverkäufe jedenfalls stiegen rasant an.

Kidman hatte sich für den Sonntag als einer der Ehrengäste im Arthur-Ashe-Stadium beim Finale der Frauen angekündigt. Drehbuch und Bühnenbild schienen bekannt, auch die Dramaturgie war perfekt einstudiert: Es spielte Serena Williams, sie sollte ihren dritten US-Open-Titel in Serie gewinnen, ihren 18. Grand-Slam-Titel insgesamt und damit zu Chris Evert und Martina Navrátilová aufschließen. Caroline Wozniacki sollte die bezaubernde Nebendarstellerin geben, womöglich für ein wenig Dramatik sorgen - doch am Ende bitteschön verlieren.

Wenig Drama in 65 Minuten

So war es dann auch, Wozniacki hatte sportlich zu dieser Partie ungefähr so viel beizutragen wie die Figur Malcolm zu "The Blue Room". Es war ein einseitiges, langweiliges Finale, das Williams mit 6:3, 6:3 gewann. In den 60 Sekunden nach der Partie sorgte die Amerikanerin für mehr Drama als in den 65 Minuten zuvor. Sie sackte zu Boden, blieb lange liegen und genoss, dass sich die Zuschauer erhoben und ihr zujubelten. Dann vergrub sie ihr Gesicht in den Händen, als könne sie das alles überhaupt nicht begreifen - dabei war doch genau dieses Ende schon zu Beginn des Turniers geplant gewesen.

"Es war ein wunderbares Gefühl, ausgerechnet hier meinen 18. Titel zu holen, wo ich das erste Mal gewonnen habe", sagte Williams danach und gab die Hobby-Drehbuchschreiberin: "Ich hätte mir das nicht besser ausdenken können." Sie bekam nicht nur ein Preisgeld von drei Millionen US-Dollar, sondern auch noch einen Bonus von einer Million, weil sie zusätzlich die Sommerserie gewonnen hatte. "Du bist eine unglaubliche Freundin - und Du schuldest mir später ein paar Drinks", sagte Wozniacki danach. Das sollte dann wirklich kein Problem sein. "Wir werden uns später treffen und ich bezahle", versicherte Williams.

Sie dominierte die Partie von Beginn an, sie brachte ihren Aufschlag durch und attackierte danach den Service ihrer Gegnerin, als müsste sie mit ihren Returns einen Geschwindigkeitsrekord brechen. In der Tat schienen die Rückschläge von Williams schneller zu sein als die Aufschläge von Wozniacki. Das führte dazu, dass die Dänin riskanter servierte - und sogleich zwei Doppelfehler fabrizierte. Im ersten Satz konnte Wozniacki nur eines von vier Aufschlagspielen gewinnen.

Wozniacki schafft nur einen direkten Punkt von der Grundlinie

Der zweite Satz verlief ähnlich, wieder verlor Wozniacki schnell ihren Aufschlag und musste einem Vorsprung ihrer Gegnerin hinterherlaufen - das tat sie, wie übrigens auch während vieler Ballwechsel, in denen sie von Williams von Ecke zu Ecke geschickt wurde. Gegen Ende gelang Wozniacki dann ein schöner Gewinnschlag, der jedoch eher die Einseitigkeit dieser Partie verdeutlichte, als dass er ein schöner Moment für die Dänin gewesen wäre: Es war der erste und einzige direkte Punkt von der Grundlinie aus. Dem stehen 21 erzwungene und 15 leichte Fehler gegenüber. Zum Vergleich: Williams schaffte 29 Gewinnschläge.

Es lohnt aufgrund der fehlenden Spannung bei diesem Finale, die Leistung von Williams während der vergangenen zwei Wochen zu würdigen und die historische Dimension dieses Erfolges zu bewerten. In keiner ihrer sieben Partien bei diesen US Open hat sie mehr als sechs Spiele abgegeben, es gelang keiner Konkurrentin, überhaupt vier Spiele in einem Satz zu gewinnen. Es wirkte alles so spielerisch, so leicht, so locker - doch das war es nicht. "Keine einzige dieser Partien war einfach", sagte Williams: "Auch heute ging es hin und her und hin und her, als Caroline besser gespielt hat."

Outfits für die Spielzeit 2016

Dennoch wirkt Williams so, als könne sie sich nur selbst besiegen: Noch immer haben die Menschen diese Bilder aus Wimbledon im Kopf, als Williams während der Zweitrunden-Doppelpartie mit ihrer Schwester Venus grotesk über den Platz taumelte, Aufschläge meterweit ins Aus prügelte oder nicht einmal bis zum Netz brachte. Unter anderem hatten Evert und Navrátilová darüber spekuliert, dass es sich um mehr gehandelt haben könnte als nur eine Virusinfektion. "Ich war so enttäuscht, weil ich so viel trainiert habe - sechs Stunden am Tag ohne Pause", sagte Williams: "Ich habe gemerkt, dass ich mich ein bisschen mehr entspannen sollte."

Es wirkte: Sie kam zurück, ganz offensichtlich stärker als jemals zuvor. Sie gewann in Cincinnati und Standford, in Montreal unterlag sie ihrer Schwester im Halbfinale - und nun diese Serie bei den US Open. Sie ist noch vier Grand-Slam-Titel von Steffi Graf entfernt, die einst 22 Titel holte. Nach dem Finale in New York positionierten sich Navrátilová und Evert neben Williams und überreichten ihr eine Kette aus 18 Karat Gold - quasi die Mitgliedskarte für diesen erlesenen Klub.

Aufhören will sie noch lange nicht: "Ich denke bereits jetzt an die Nummer 19. Nicht an 22 - eins nach dem anderen." Kürzlich wurde bekannt, dass sie bereits Outfits für die Spielzeit 2016 entworfen hat. Für ihre Konkurrentinnen ist das keine gute Nachricht. Sie müssen fürchten, gegen eine fitte Serena Williams bei vielen Turnieren nur Nebendarstellerinnen zu sein. Williams sagt selbst: "Es ist auf jeden Fall nicht einfach, gegen mich zu gewinnen."

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