US Open:Auf der Jagd nach Steffi

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Serena Williams feiert ihren klaren Sieg gegen Li Na.

(Foto: AFP)

Serena Williams zeigt bei den US Open beeindruckendes Tennis, im Finale gegen Viktoria Asarenka gilt sie als Favoritin. Genau gegen diese Gegnerin hat sie in diesem Jahr bereits zwei Mal verloren. Doch das interessiert die Amerikanerin nur am Rande.

Von Jürgen Schmieder

Serena Williams guckte verdutzt auf den Boden des Arthur Ashe Stadiums, dann sah sie hinüber zu ihrer Gegnerin Li Na, die jubelte und die Faust ballte. Das Publikum raunte, als wäre gerade etwas Unerhörtes passiert zu Beginn des zweiten Satzes in diesem Halbfinale bei den US Open. Das ist es auch: Williams hat verloren. Ein komplettes Spiel. Nein, kein Match und keinen Satz. Ein Spiel.

Das war der Amerikanerin seit dem Achtelfinale nicht mehr passiert, als Sloane Stephens es im zweiten Satz gewagt hatte, ein Spiel zu gewinnen. Danach gewann Williams vier Spiele in Folge gegen Stephens, zwölf Spiele hintereinander im Viertelfinale gegen Carla Suarez Navarro - und schließlich die ersten neun Spiele gegen ihre Gegnerin im Halbfinale. Am Ende siegte sie mit 6:0 und 6:3.

"Ich sollte nicht mehr nervös sein, schließlich ist es nicht das erste Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier", sagte die unterlegene Li nach der Partie: "Aber als ich auf den Platz kam, war das Spielfeld plötzlich so groß. Das ist ein Problem, das ich mit mir selbst habe." 24 unnötige Fehler beging die Chinesin, ihr gelangen insgesamt nur acht Gewinnschläge. "Selbst zu Beginn des zweiten Satzes habe ich mich nicht wohlgefühlt", sagte Li. Da hatte sie sich nicht nur erdreistet, ein Spiel zu gewinnen, sondern nahm der Amerikanerin anschließend noch den Aufschlag ab.

"Ich war im zweiten Satz ein bisschen nervös, aber ich habe mich wieder gefangen", sagte Williams, die in diesem Wettbewerb bislang gerade einmal 16 Spiele abgegeben hat: "Ich bin bei allen Trainingseinheiten konzentriert, jetzt darf ich mich aufs Finale freuen." In diesem Endspiel trifft sie auf Viktoria Asarenka, die ihr Halbfinale locker mit 6:4 und 6:2 gegen Flavia Pennetta gewann. Williams' Bilanz gegen Asarenka lautet zwar 12:3, in diesem Jahr indes steht es 2:1 für die Weißrussin.

"Viktoria ist eine großartige Spielerin, vor allem aber ist sie in der Lage, die Qualität ihres Spiels noch einmal anzuheben, wenn es darauf ankommt", sagte Williams über ihre Endspiel-Gegnerin - doch könnte sie damit auch sich selbst gemeint haben. Vor diesem Turnier hatten nicht wenige Experten gemutmaßt, dass Williams diese Saison als eine durchwachsene betrachten könne. Sie gewann die French Open, unterlag jedoch sowohl bei den Australian Open (Viertelfinale) und in Wimbledon (Achtelfinale) recht früh.

Azarenka bekommt gegen Wililams nun ihre Revanche

Vor dem Turnier hatte Williams zwar betont, dass 2013 mit acht Turniersiegen und einer Bilanz von 66:4 auch dann eine herausragende Spielzeit sei, wenn sie die US Open nicht gewinnen würde - doch zeigt sich immer mehr, wie sehr sie ihre aktuellen Erfolge genießt: "Es ist ein wunderbares Gefühl, in diesem Stadion zu spielen und die Menschen 'Go Serena, go Serena' rufen zu hören. Vor allem aber sind es sowohl junge als auch alte Menschen, die da brüllen."

Es scheint, als ginge es Serena Williams bei diesen US Open nicht nur darum, ein Tennisturnier zu gewinnen. Sie feiert am 26. September ihren 32. Geburtstag, in den vergangenen Monaten hat sie hin und wieder betont, dass ihr langsam klar werde, nicht ewig Tennis spielen zu können. Sie mache sich keine Sorgen über die Zeit nach der aktiven Karriere, schließlich sei sie bereits jetzt als Modedesignerin, Autorin und Anteilseignerin des Footballvereins Miami Dolphins aktiv.

Es gibt aber noch einige Dinge, die sie gerne als Tennisspielerin erreichen würde. Eines davon, so ist aus dem Umfeld von Williams zu hören, ist der Rekord für die meisten Einzeltitel bei Grand-Slam-Turnieren. Den hält derzeit Steffi Graf mit 22 Siegen, ihren letzten holte Graf im Alter von 29 Jahren. Sollte Williams das Endspiel am Sonntag gewinnen, wäre das ihr 17. Grand-Slam-Erfolg im Einzel. "Sie müsste in ihrem Alter besser spielen als alle anderen großartigen Spielerinnen jenseits der Dreißig", sagt Chris Evert, die mit 18 Titeln noch vor Williams liegt: "Aber ich traue ihr das zu."

Nun folgt allerdings erst einmal das Finale gegen Viktoria Asarenka. Die präsentierte sich bei ihrem Halbfinale zunächst wackelig mit 18 leichten Fehlern allein im ersten Durchgang. "Ich war zu hektisch. Dann habe ich einen Ball verschlagen und meinen Rhythmus verloren. Aber ich bin glcklich, dass ich mich durchgekämpft und das Match zu Ende gebracht habe", sagte sie nach der Partie. Asarenka bekommt also die Chance zur Revanche: Bei den US Open im vergangenen Jahr hatte sie im dritten Satz bereits mit 5:3 geführt - und dennoch verloren. "Das ist nun eine ganz wunderbare Gelegenheit", sagte Asarenka nach ihrem Halbfinale.

Ach ja: Es passierte tatsächlich noch etwas Unerhörtes an diesem Freitagabend in New York. Serena Williams verlor. Nicht ein Spiel, nicht einen Satz. Eine ganze Partie. Nach ihrem Sieg im Einzel verlor sie im Halbfinale der Doppelkonkurrenz mit ihrer Schwester Venus gegen das tschechische Duo Hlavackova/Hradecka mit 4:6 und 2:6.

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