US-Basketballer Kobe Bryant:Für 59 Dollar mehr

Ausnahmebasketballer Kobe Bryant absolviert in der NBA fortan seine letzten Spiele - die Preise ziehen an, zum Auftakt verliert er in Philadelphia.

Von Jürgen Schmieder

Die beiden Jazzmusiker James "Spider" Rich und Homer "Boots" Randolph sind nichts anderes als Genies. Die beiden komponierten in den 1960er Jahren eine Melodie, die einem sogleich die Mundwinkel nach oben zieht. Das Lied "Yakety Sax" enthält ein wunderbares Saxofon-Solo, das als Titelmelodie der Benny Hill Show bekannt wurde. Da spätestens seit Dirk Nowitzki und Holger Geschwindner bekannt ist, dass Basketball viel mit Jazz gemeinsam hat, kann man dieses Lied mit einer Partie der nordamerikanischen Profilliga NBA in Verbindung bringen.

Am Dienstagabend nämlich spielten die Philadelphia 76ers gegen die Los Angeles Lakers. Vor 15 Jahren noch, da hätten Basketball-Gourmets bei der Ankündigung dieser Partie genüsslich mit der Zunge geschnalzt, die beiden Vereine standen sich im Jahr 2001 sogar in der Finalserie gegenüber. Mittlerweile aber sorgt diese Partie eher für eine Irritation der Geschmacksnerven, schließlich hatten die Lakers vor diesem Spiel eine Bilanz von 2:14, und die 76ers hatten gar jedes ihrer 18 Spiele in dieser Saison verloren. Die beiden Vereine hatten zuletzt dermaßen schlecht agiert, dass eine Zusammenfassung der jeweils schlimmsten Momente dieser Spielzeit durchaus eine Folge der Benny-Hill-Show füllen könnte.

Die 76ers erhoben jedoch für diese Partie einen kräftigen Zuschlag auf die Eintrittspreise. Die billigsten Tickets kosten gewöhnlich neun Dollar, der gleiche Sitzplatz kostete gegen die Lakers: 68 Dollar. Der gewaltige Anstieg lag am einzigen Sportler, der sowohl am Dienstag als auch bei den NBA-Finals im Jahr 2001 auf dem Parkett stand: Kobe Bryant hatte am vergangenen Sonntag in einem sentimentalen Brief ("Dear Basketball") seinen Rücktritt zum Saisonende verkündet.

Gegen die 76ers absolvierte er die letzte Partie seiner Karriere in der Stadt, in der er vor 37 Jahren geboren worden war. Der Stadionsprecher kündigte den Spielmacher der Lakers derart begeistert an, als würde der für die 76ers spielen - und natürlich vergaß er nicht zu erwähnen, dass Bryant mit der in einem Vorort von Philadelphia angesiedelten Lower Marion High School im Jahr 1996 den Titel in Pennsylvania gewonnen hatte.

Das Publikum - zum ersten Mal in dieser Saison waren trotz der horrenden Preise alle 21 600 Sitze belegt - johlte und applaudierte, es durfte vor dem Spiel sogar Selfies mit Bryant machen und brüllte währenddessen ständig seinen Namen. Genau so hatte sich Bryant den Beginn seiner Abschiedstour vorgestellt.

"Ich wollte das nun verkünden, damit wir jeden einzelnen Moment genießen können, den wir noch miteinander haben", schrieb Bryant in seinem Brief an die Sportart Basketball. Er ist einer der besten Basketballspieler der Geschichte, natürlich darf er den Zeitpunkt seines Rücktritts selbst bestimmen, es ist seine Karriere. Das mit dem Genießen jedoch ist derzeit eine etwas knifflige Sache, es führt zurück zu diesem Basketballspiel und zu diesem Jazzlied. Bryant traf gegen die 76ers seine ersten drei Würfe, nach dem Spiel sagte er dazu grinsend: "Ich glaube schon, dass die Jungs gedacht haben: 'Oh, könnte das wieder so eine 81-Punkte-Situation werden?'" Diese Markte ist Bryants Karrierebestwert.

Um es kurz zu machen: Nach den ersten Treffern warf Bryant 22 von 26 Versuchen neben den Korb, die Lakers verloren mit 91:103. Die 76ers hatten nach saisonübergreifend 28 Partien ohne Sieg (ein Negativrekord über alle vier prägenden Sportarten in den USA hinweg) endlich mal wieder gewonnen. Gegen die Lakers, die offensichtlich noch schlechter sind als der Verein mit der noch immer schlechtesten Bilanz der Liga. Natürlich war dieses Spiel kein Leckerbissen für die Anhänger geschmeidiger Bewegungen, genauer Pässe und gezielter Würfe. Wer jedoch keine 68 Dollar für eine Eintrittskarte bezahlte, der konnte diese schreckliche Partie daheim am Fernseher verfolgen - und wenn er im Hintergrund "Yakety Sax" laufen ließ, dann sorgte das Zusammenspiel von Saxofonsolo und grotesken Fehlern dennoch für beste Unterhaltung.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: