Urteil im Verleumdungs-Prozess:Balsam für die Bayern

Der Vorwurf, der FC Bayern hätte das Uefa-Cup-Halbfinale 2008 gegen St. Petersburg absichtlich 0:4 verloren, wog über Jahre schwer. Nun hat das Amtsgericht den ehemaligen Chefermittler der Uefa und dessen freien Mitarbeiter zu Geldstrafen verurteilt - wegen übler Nachrede und Verleumdung.

Ralf Wiegand, Hamburg

Der FC Bayern München, daran lassen die Verantwortlichen des Klubs bei keiner Gelegenheit einen Zweifel, ist nicht nur der erfolgreichste deutsche Fußballverein, er hat darüber hinaus eine Bastion der Anständigkeit zu sein. Dafür, dass der Klub keine krummen Geschäfte macht, soll schon allein der Name Uli Hoeneß bürgen: Der eben erst 60 Jahre alt gewordene Präsident des FC Bayern hält Integrität mindestens für so wertvoll wie ein prall gefülltes Vereinssäckel.

Fußball - Zenit St. Petersburg - FC Bayern München 4:0

0:4 in St. Petersburg: Oliver Kahn geht enttäuscht vom Spielfeld.

(Foto: dpa)

Umso härter muss es die Moralinstanz des deutschen Fußballs getroffen haben, als er seinen Namen im Zusammenhang mit schier unglaublichen Vorwürfen gelesen hat. Der FC Bayern sei möglicherweise in eine massive Spielmanipulation verwickelt gewesen, bei Hoeneß, dessen Vorstandskollegen Karl Hopfner und einem Spieler hätten sogar Hausdurchsuchungen stattgefunden.

Seit Donnerstag ist die Ehre dieser Herren zumindest zum Teil wiederhergestellt. Das Amtsgericht Hamburg verurteilte den ehemaligen Chefermittler der europäischen Fußball-Union Uefa, Peter L., und dessen freien Mitarbeiter Robin B. zu Geldstrafen wegen übler Nachrede bzw. Verleumdung in mehreren Fällen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass B. gegenüber Journalisten des Nachrichtenmagazins Stern mehrmals behauptet hatte, er könne sogar belegen, dass es die Hausdurchsuchungen gegeben habe, dass eine "kleine, nicht korrupte Staatsanwaltschaft in Bayern" gegen den FC Bayern ermittle und dass er Kontoauszüge beschaffen könne, aus denen der Eingang von 40 Millionen Euro auf einem Konto des FC Bayern hervorgehe. Für diese Summe habe der Klub das Uefa-Cup-Halbfinale gegen Zenit St. Petersburg absichtlich mit 0:4 Toren verloren gegeben. Beim Spieler, so der Informant weiter, sei überdies Rauschgift und Bargeld gefunden worden - gleich eine Million Dollar.

Mit diesen Informationen versuchte B. eine Geschichte weiterzuspinnen, die in Spanien ausgelöst worden war: Dort hatten Ermittler in einer anderen Sache Telefongespräche russischer Krimineller mitgeschnitten und dabei Details aufgeschnappt, die auf eine Manipulation des Spiels vom Mai 2008 hindeuteten. Nachdem die spanische Zeitung ABC aus dem Abhörprotokoll zitiert hatte, hatte auch die Uefa unter der Führung von L. Ermittlungen aufgenommen. Als L. nicht weiterkam, begegnete ihm Robin B., dessen Insiderwissen ihn beeindruckte.

Der falsche Draht in die Szene

Der hohe Uefa-Funktionär L., inzwischen vom Verband freigestellt, vertraute einem u. a. wegen Einführung einer Kriegswaffe vorbestraften Mann, der im Gericht angab, über den Hauptschulabschluss hinaus keinerlei Ausbildung absolviert zu haben. L. glaubte aber, der Mann sei bestens vernetzt, gehöre tatsächlich Nachrichtendiensten oder dem Verfassungsschutz an: "Hinter ihm stand etwas Größeres. Er kam an Informationen, die man nicht so leicht bekommt", sagte L. vor Gericht.

L. selbst war in der Zentrale des europäischen Fußball-Verbandes Chefermittler auf dem Feld der Wettmanipulation - von B. erhoffte er sich einen direkten Draht in die Szene. Als der in München lebende Robin B. ihm von den angeblichen staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen den FC Bayern berichtete, glaubte ihm L.

Auch gegenüber den Reportern des Stern soll Peter L., ein ausgebildeter Jurist, den Darstellungen B.s über Hausdurchsuchungen, Millionenzahlungen und die spektakulären Funde im Hause des Spielers nicht widersprochen und ebenfalls Belege in Aussicht gestellt haben - glaubte aber, mit den Journalisten in absoluter Vertraulichkeit gesprochen zu haben.

Doch von den Behauptungen im Fall des FC Bayern konnte Robin B. keine einzige belegen. Es gab nie staatsanwaltliche Ermittlungen, Hausdurchsuchungen oder gar Geld- bzw. Drogenfunde. Der Stern veröffentlichte denn auch nicht die Story über den womöglich korrupten FC Bayern, sondern über die seltsamen Ermittlungsmethoden der Uefa und deren Berater Robin B. Den hatte L. auf eigene Faust mit Dienst-Handy und Uefa-Visitenkarte ausgestattet - heute sind beide auf Arbeitssuche.

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