Uefa sperrt FC Malaga:Billiges Signal gegen die Kaufmannssucht

Uefa sperrt FC Malaga: Sperre gegen Malaga, aber wann werden die Großen belangt? Uefa-Boss Platini muss sich entscheiden.

Sperre gegen Malaga, aber wann werden die Großen belangt? Uefa-Boss Platini muss sich entscheiden.

(Foto: AFP)

Malaga, Bukarest, Belgrad: Die europäische Fußball-Union sanktioniert erstmals Vereine wegen Finanzverstößen. Weil es sich bei den bestraften Klubs aber um eher kleinere Fairplay-Verletzer handelt, lautet die spannende Frage: Werden in Zukunft auch diejenigen gesperrt, die mächtige Netzwerke hinter sich haben?

Von Thomas Kistner

Ob es Lobpreisungen hagelt für Michel Platini? Die Europäische Fußball-Union Uefa hat soeben - auf der Grundlage ihres neuen Financial-Fairplay-Gebots -, den FC Malaga und weitere Vereine wie Hajduk Split, NK Osijek, Partizan Belgrad, Rapid und Dinamo Bukarest für kommende internationale Wettbewerbe gesperrt oder mit Sperren auf Bewährung belegt. Am härtesten traf es den FC Malaga: Der aktuelle Champions-League-Achtelfinalist wurde von der nächsten Europapokal-Saison ausgeschlossen. Finanzier des spanischen Klubs ist Abdullah bin Nasser Al Thani. Der Scheich ist ein entfernter Spross des Herrscherstammes von Katar. Das verleiht dem Uefa-Bann eine pikante Note: Die Sache ist politisch angelegt, es geht nicht nur um offene Rechnungen und unbezahlte Gehälter des Vereins. Der Fall betrifft den neuen Global Player im Fußballgeschäft: Katar.

Scheich Abdullah hat 2010 den FC Malaga gekauft. 2011 erwarb der Staatsfonds Qatar Sport Investment (QSI) den französischen Spitzenklub Paris St. Germain, allein die erste 70-Prozent-Tranche kostete 130 Millionen Euro, ins neue Pariser Team um Topstürmer Zlatan Ibrahimovic wurden 86 Millionen Euro gesteckt. Und 2010, als Katar um die Austragung der WM 2022 warb, schaffte es dieser märchenhaft flüssige Fonds zudem als erster Sponsor der Sportgeschichte, die Trikotbrust des FC Barcelona zu erobern, mit der Rekordsumme von 165 Millionen Euro.

In der Saison 2013/14 wird dort ein anderes Logo prangen: das der staatseigenen Fluggesellschaft Qatar Airways. Zusätzlich kaufte sich Katar über den nationalen TV-Sender Al-Dschasira in den europäischen und speziell den französischen Fußballrechte-Markt ein: Hier fließen insgesamt weitere 90 Millionen Euro. Pro Jahr.

Als im Februar QSI einen gewissen Laurent Platini für ihre Chefetage anheuerte, gestand plötzlich dessen Vater Michel, dass er als Mitglied des Fifa-Vorstands Ende 2010 für die WM-Vergabe an Katar gestimmt habe. Das sei aber nicht auf die unübersehbaren Beziehungen zurückzuführen, sondern allein auf sein Gefühl, es sei Zeit, die Golfregion für den Fußball zu erschließen, wo jetzt noch Kamelrennen und Falkenjagd dominieren.

Katar, die Erbmonarchie am Golf von der Größe Nordhessens, pumpt Irrsinnssummen in den Fußball. Dass Europas Funktionäre diese Supermacht trotz wachsender wirtschaftlicher und familiärer Vernetzungen an der kurzen Leine führen, ist das Signal, das die einjährige Europacup-Sperre gegen Malaga aussenden soll. Es ist jedoch ein billiges Signal: Denn es tut dem Fußball und der Uefa nicht weh, weil Malaga international bislang ein glanzloser Verein ist - und ein überzeugendes Zeichen ist es ohnehin nicht.

Richtig in Schieflage geraten Europas Fußballfinanzen ja durch Umstände, welche die Uefa eigentlich schon lange vor ihrem Financial Fairplay verboten hatte: den Mehrfach-Besitz von Vereinen durch eine Person oder eine Firma. Was also geschieht, wenn es um Geflechte geht, oder um Familienstämme - wie das katarische Geblüt der Al Thanis? Schon jetzt müssen die Uefa-Granden vor der nächsten Champions-League-Auslosung zittern: Sollten etwa Paris und Malaga, das diese Saison noch zu Ende spielen darf, im Viertelfinale aufeinandertreffen, stünde ein Duell von zwei Al-Thani-Klubs an. Auch der FC Barcelona gehört in solche Gedankenspiele einbezogen - als der attraktivste Werbeträger Katars. Barça ist im übrigen weiterhin zahlungskräftig, trotz aller Finanznöte in Spanien: Lionel Messi, 25, der teuerste Kicker des Globus, verlängerte soeben seinen Vertrag bis 2018.

Auch in Malaga hat Scheich Abdullah bin Nasser Al Thani bereits 58 Millionen Euro in Spieler investiert. Trotz Berichten, er habe sich aus der Finanzierung von Malaga zurückgezogen, schoss er jüngst sieben Millionen nach und signalisiert, das erforderliche Geld für die noch offenen Rechnungen sei da. Malaga will gegen den Uefa-Bann vorgehen - notfalls, so droht der Klub, werde man alle juristischen Register ziehen. Spannend wird es, falls dies auch europäische Gerichte einschließt.

Entlarvt durch die Realität

Michel Platinis Fairplay-Idee ist eine Schimäre, entlarvt schon jetzt durch die Realität. Ein dramatisches Beispiel dafür liefert Katars oberster Investmentfonds QIA (Qatar Investment Authority), der über Laurent Platinis QSI siedelt und den Erwerb des Schweizer Sportrechte-Konzerns Infront anpeilt. Diese Agentur, eng vernetzt mit den Rechten des Fußball-Weltverbandes Fifa, führt ein gewisser Philippe Blatter, der Neffe des Fifa-Bosses Sepp Blatter. Bizarre Interessenskonflikte sind im Fußball-Milliardenbusiness eher die Regel als die Ausnahme - auch dank einer Autonomie, die der Sport aus Turnvater Jahns Zeiten herübergerettet hat. Die Politik traut sich nicht einzugreifen in den populären Fußball, so haben Vetternwirtschaft und Postenschieberei dort eine Wirtschaftswelt entstehen lassen, die nirgendwo als Krimi-Drehbuch akzeptiert würde.

Der russische Konzern Gazprom, Besitzer von Zenit Petersburg, sponsert neuerdings - neben Klubs wie Schalke 04 - die Champions League der Uefa. Dies und die Konstruktion bei Zenit selbst entsprechen dem Geist des Financial Fairplay so wenig wie die Verhältnisse bei Paris St. Germain oder bei Manchester City, wo die Scheichs von Abu Dhabi herrschen und das Etihad-Stadion den Namen ihrer Fluglinie trägt.

Die Bundesliga, kommerziell das stabilste Modell, zeigt, wie sich schlimmste Auswüchse bekämpfen lassen. Etwa durch die 50-plus-1-Regel, nach der die Anteilsmehrheit in Klub-Besitz verbleiben muss, was Übernahmen durch Scheichs ausschließt. Generell aber läuft das Fußballgeschäft seit Jahrzehnten tumb nach dem gleichen Schema ab: Kaum einer denkt langfristig, fast jeder giert nach kurzfristigen Geldschüssen. Diese helfen im Einzelfall - und kurzfristig. Längerfristig sind zusätzliche Geldgeber aber der größte Risikofaktor.

So liegen die Strukturprobleme des europäischen Fußballs nicht in Split, Osijek oder Bukarest. Bei den dortigen Klubs aber lässt sich schmerzlos durchgreifen - während Weltkonzerne und Königsgeschlechter den Spitzenfußball an sich reißen. Dabei lässt sich ausmalen, was passiert, wenn einem geltungssüchtigen Besitzer sein teures Spielzeug nicht mehr gefällt. Das macht immer mehr Spitzenklubs zu tickenden Zeitbomben.

Deshalb ist nicht Malaga, sondern Paris Saint-Germain die Nagelprobe für den neuen Financial-Fairplay-Prüfstempel der Uefa. Denn der Klub des katarischen Sportfonds QSI besiegelt gerade einen märchenhaften Sponsorvertrag, der ihm bis 2016 rund 600 Millionen Euro bringen soll - von Katars Tourismus-Behörde QTA. Winkt Michel Platini diesen Insiderdeal von Sohnemanns Firma durch? Die Causa liegt dem französischen Fußball-Kontrollorgan DNCG vor. Der Deal soll sogar rückwirkend für die laufende Saison Geld in die PSG-Kassen spülen. Topspieler wie Zlatan Ibrahimovic kosten Paris offenbar zu viel - und Real Madrids Trainer José Mourinho soll nun auch noch kommen. Hier, nicht in Osijek oder Malaga, steht Michel Platinis Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: