Uefa-Cup:Klose und Anti-Klose

Im Uefa-Cup-Rückspiel gegen Aberdeen steht Bayerns Sturmduo unter Beobachtung. Luca Toni und Trainer Ottmar Hitzfeld reden Miroslav Klose stark.

Michael Neudecker

Vor ein paar Tagen war es wieder überall zu hören und zu lesen: Die Experten, hieß es, seien sich einig. Dieser Toni - drei Tore gegen Hannover! - sei der beste Bayern-Stürmer seit langem, eine Art fleischgewordener Stürmertraum. Man weiß nicht genau, wer "Die Experten" eigentlich sind, es ist ja nicht so, dass sie mit einem Schild um den Hals herumlaufen, auf dem steht: ,,Ich weiß Bescheid''.

Luca Toni Miroslav Klose Bayern

Im Fokus: Luca Toni (M.) traf zuletzt fast nach Belieben, während sich bei Miroslav Klose eine Krise andeutet.

(Foto: Foto: Reuters)

Man kann sich aber vorstellen, dass das ein paar sehr schlaue Männer sind, die von Zeit zu Zeit an einem geheimen Ort zusammenkommen und beschließen, was gut ist im Fußball und was böse. Mark van Bommel hält nicht viel von diesen Experten, und das aus zwei verschiedenen Gründen.

Erstens: Weil die Experten, wie van Bommel sagt, ihm einen solchen Stempel verpasst haben, auf dem aggressive leader steht, sinngemäß: beispielhafter Vorgrätscher. ,,So einen Stempel kriegst du einfach auf den Kopf'', sagt van Bommel, er hat wohl vergessen, dass in diesem Fall auch sein Trainer Ottmar Hitzfeld einer der Experten war.

Wunderstürmer und Dienstbote

Zweitens: wegen dieser Toni-Sache. Van Bommel sagt: ,,Wenn man die Mannschaftsleistung betrachtet, muss man sehen, dass Miro fast wichtiger ist, weil er viel Vorarbeit für Luca leistet.'' Aber das, fährt er fort, ,,das sehen die Experten ja nicht". Er fordert sie also auf, an diesem Donnerstagabend um 18.45Uhr genau hinzusehen, wenn der FC Bayern mit dem aggressive leader van Bommel, dem Wunderstürmer Toni und dem Dienstboten Klose gegen die Schotten aus Aberdeen antritt, um nach dem 2:2 im Hinspiel ins Achtelfinale des Uefa-Cups einzuziehen.

Sie werden genau hinsehen, und sie werden vor allem darauf achten, ob dieser Toni schon wieder das Tor trifft, und ob Klose wieder nur vorlegt. Was van Bommel da gesagt hat, kann ja auch als vorbeugende Maßnahme verstanden werden: Weil Klose zurzeit zwar ganz nett vorbereitet und passabel mitspielt, aber eben seine Hauptaufgabe als Stürmer - Tore zu schießen - weitgehend verfehlt, fangen sie beim FC Bayern schon mal an, ihn besonders zu loben.

Trainer Ottmar Hitzfeld sagt, Klose sei wichtig, weil er Löcher aufreiße, weshalb Bayern "ein ideales Sturmduo" habe. Sie fürchten, dass Klose wieder in eines dieser tiefen Leistungslöcher stürzen könnte, in die er in der Vergangenheit immer wieder mal gefallen ist, ob nun in Diensten des 1. FC Kaiserslautern oder SV Werder Bremen.

Es gibt nur wenige Fußballer, deren langfristige Leistungskurve einer derart heftigen Amplitude unterworfen ist wie bei Klose. Zu Beginn der Saison, da war er herausragend, es ging sogar darum, ob er den sagenhaften 40-Tore-Rekord von Gerd Müller brechen könnte. Jetzt ist es, als sei dies nie das Thema gewesen.

"Es waren doch keine Schotten, oder?"

In solchen Phasen verändert sich auch das Wesen des Miroslav Klose: Extrovertiert und lustig war er zwar nie, aber in Phasen des Glücks ist er zumindest höflich und bemüht. Wenn es aber nicht läuft, dann ist er genervt, zurückhaltend, beinahe depressiv. Er verhält sich, als ginge ihn das alles nichts an, nicht die Reporterfragen, nicht die Fanrufe, nicht das Toreschießen. So ist es zurzeit: Miroslav Klose wirkt genervt, so richtig genervt. Luca Toni ist, so gesehen, der Anti-Klose.

Allein sein Auftritt an der Säbener Straße am Mittwoch: Obwohl der Presseraum mal wieder überfüllt war und die Frage-Antwort-Prozedur sich scheinbar ewig zog, war Toni locker, gut gelaunt. Was mit dem Einbruch in seinem Haus in Italien sei? "Es waren doch keine Schotten, oder?", antwortete er, und lachte. Ob er gegen Aberdeen Druck verspüre? Ja klar, aber, ah, ist doch "tutto bene". Ob er das zu erwartende körperbetonte Spiel möge? "Mmh, körperlicher Kontakt mit Männern, da steh ich nicht so drauf."

Mundwinkel bis zum Ohr

Und was mit Miroslav Klose los sei? "Eh, Miro, er ist ein hervorragender Spieler, einmal trifft er, ein ander mal treffe ich, ist doch wunderbar." Schließlich: Was an dem Gerücht dran sei, der AC Milan wolle ihn verpflichten? "Da weiß ich nichts davon, ich bin hier bei Bayern, Milan interessiert mich nicht." Und immer wieder setzte Toni dieses Tonilachen auf, bei dem er die Schultern nach oben zieht, die Mundwinkel annähernd bis zum Ohr öffnet und seine Augen weit aufreißt.

Ein Wechsel Tonis zu Milan wäre theoretisch ein denkbarer Zug - die Bayern verkaufen Toni, 30, gewinnbringend nach Mailand, um dann einen jungen Stürmer wie Mario Gomez nach München zu holen. Die Experten würden das vermutlich begrüßen, aber das ist jetzt egal. Jetzt ist Uefa-Cup, Aberdeen, jetzt zählt nur der Moment, es ist nicht wichtig, was morgen ist. Außer für Miroslav Klose vielleicht.

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