U21: Ilkay Gündogan:"Geld spielt gar keine Rolle"

Als nächster Deutsch-Türke muss sich Ilkay Gündogan vom 1. FC Nürnberg entscheiden, für welches Land er spielen will. Und er bekennt sich zum DFB - solange die Perspektive stimmt.

Carsten Eberts

Im zweiten Anlauf hat es geklappt. Seine erste Einladung für ein U21-Länderspiel musste Ilkay Gündogan noch vergrippt absagen. Am Montagabend, im kalten Sportpark in Unterhaching, spielte der 19-Jährige nun erstmals für die höchste deutsche Juniorenmannschaft. "Ein besonderer Moment in meiner Karriere" sei das gewesen, sagte Gündogan nach der Partie, die Deutschland durch zwei Tore von André Schürrle 2:1 gegen die Ukraine gewann. Gündogan spielte eine Halbzeit, leitete mit einem geschickten Pass das 1:0 ein, wurde dann ausgewechselt, weil er angeschlagen war. "Nun kann ich mich als U21-Nationalspieler bezeichnen", sagte Gündogan, "das macht einen umso mehr stolz".

Ilkay Gündogan U21 Nationalmannschaft

Tor für Deutschland, und Ilkay Gündogan jubelt: Beim 2:1 gegen die Ukraine feierte der Deutsch-Türke sein Debüt in der U21-Nationalmannschaft des DFB (rechts: Torschütze Andre Schürrle)

(Foto: imago sportfotodienst)

Gündogans Aussage ist in gewisser Hinsicht bemerkenswert. Er ist zwei Jahre jünger als Mesut Özil, der Mittelfeldstratege der "großen" Nationalmannschaft - und dürfte zusammen mit seinem Nürnberger Mannschaftskollegen Mehmet Ekici der nächste sein, der vor einer wichtigen Entscheidung steht: Für welches Land wollen sie ihr Leben lang spielen? Deutschland oder Türkei? Auch Gündogan und Ekici sind Deutsch-Türken, in Deutschland aufgewachsen, mit familiären Wurzeln in der Türkei. Beide Verbände melden Ansprüche an.

Die große Aufregung um Özil, der beim Länderspiel gegen die Türkei in Berlin über 90 Minuten schmerzhaft ausgepfiffen wurde, hat Gündogan natürlich mitbekommen. Auch die Äußerungen von Hamit Altintop, der sinngemäß vermutete, Özil hätte sich nur gegen die Türkei entschieden, weil er durch Auftritte im deutschen Team seinen Marktwert steigern kann. Özil, ein cleverer Geschäftsmann, dem seine Herkunft egal ist? "Das glaube ich, ehrlich gesagt, nicht. Gerade bei Nationalmannschaften spielt das Geld doch gar keine Rolle", sagt Gündogan zu sueddeutsche.de: "Jeder soll dort spielen, wo er sich am wohlsten fühlt und wo er seine Leistung am positivsten einbringen kann. Mesut hat sich für Deutschland entschieden, bei den Altintops oder Nuri Sahin ist es die Türkei gewesen. Deswegen kann ich die Entscheidung von Mesut voll respektieren."

Würde sich Gündogan vor seinem ersten A-Länderspiel doch noch für die Türkei entscheiden, wie es etwa der Dortmunder Nuri Sahin tat, wäre das ein Schlag für den Deutschen Fußballbund (DFB). Gündogan hat von der U18 alle Nationalmannschaften durchlaufen, gilt hinter den Spitzen oder auf der Sechserposition als eines der hoffnungsvollsten Talente. Er ist im Pott aufgewachsen, in Gelsenkirchen, seine Eltern hingegen in der Türkei. Deshalb buhlt auch der türkische Verband um ihn, allen voran Erdal Keser, der Leiter des Europabüros des türkischen Fußballverbands in Köln. Keser sagt: "Wir bedrängen keinen Spieler. Aber wenn er sagt, dass es ihn stolz macht, für die Türkei zu spielen, öffnen wir ihm Türen."

Gündogan sagt dergleichen nicht: "Natürlich spielt meine türkische Herkunft eine Rolle. Ich habe auch sehr viele Sympathien für das Land. Aber ich bin hier geboren, hier aufgewachsen und habe ein Stück weit die deutsche Mentalität angenommen." Käme die Einladung von Bundestrainer Joachim Löw, würde Gündogan keinesfalls ablehnen: "Ich habe immer gesagt, dass ich mich beim DFB sehr wohl fühle. Solange ich hier eine Perspektive sehe, gibt es für mich keinen Grund, den Verband zu wechseln."

Das bedeutet auch: Lässt Löws Einladung zu lange auf sich warten, könnte sich Gündogan auch der türkischen Auswahl anschließen. Es geht ihm um die Perspektive, Nationalspieler zu werden, nicht um das große Geld. "Ich weiß nicht, ob es bei Mesut deswegen Überlegungen gab, ob er besser für Deutschland oder die Türkei spielt", sagt er und schiebt hinterher: "Bei mir spielt der Gedanke keine Rolle".

Ob er stattdessen Druck verspürt? Gündogan lacht: "Nein, überhaupt nicht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: