TV-Rechte:Klage gegen die Piraten

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Die Klagewelle rollt: Sie könnte nun die engsten Verbündeten des Fifa-Präsidenten Gianni Infantino treffen. (Foto: Yuri Kadobnov/AP)

Die Uefa und die englische Premier League gehen gegen den aus Saudi-Arabien operierenden Piratensender Beout-Q vor, der Exklusivmaterial ausstrahlt.

Von Thomas Kistner

Kaum hatte Fifa-Präsident Gianni Infantino seine sehr exklusive Sicht auf die WM in Russland - "die beste aller Zeiten!" - dargetan, rollte sie los: die Klagewelle gegen unsaubere Geschäftstouren in Saudi-Arabien; dort, wo Infantinos engste Verbündete sitzen. Eine hohe Quelle in der europäischen Fußball-Union bestätigte der SZ am Samstag, die Uefa habe gemeinsam mit der englischen Premier League Klage gegen den Piratensender Beout-Q in Riad eingereicht. Andere Verbände, die von den TV-Raubzügen betroffen sind, werden folgen. Dem Vernehmen nach hat auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) Kontakt mit dem obskuren Sender in der saudischen Kapitale aufgenommen. Diese Vorgänge bringen nun den Weltverband Fifa unter Druck.

Der in Katar domizilierte TV-Sender BeIN Sports hat die WM-Rechte für Nordafrika und den Mittleren Osten erworben. Doch eine aus Saudi-Arabien operierende Firma mit dem beziehungsreichen Namen Beout-Q hat das WM-Bildmaterial einfach kopiert und illegal in der Region übertragen. So, wie auch anderes von BeIN für teures Geld erworbenes Exklusivmaterial an Champions League, Premier League, Bundesliga, aber auch an Wimbledon, der Formel 1 und anderen hochkarätigen Sportveranstaltungen. Schon seit Herbst 2017 wird das Raubgut ausgestrahlt. Wie zumeist in der Golfregion, hat auch dieser Streit einen gravierenden politischen Hintergrund. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten pflegen seit Mitte 2017 eine Wirtschaftsblockade gegen Katar, weil das Emirat angeblich Terrorismus unterstütze. Zu den erklärten Zielen der Boykotteure zählt, Katar die WM 2022 wegzunehmen. Die Krise kostete BeIn Sports die Sendelizenz in der Region.

Dass deshalb aber teures Rechtematerial einfach kopiert und verkauft werden darf, bezweifeln die betroffenen Rechtehalter in der Sportwelt. Zumal das TV-Rechtegeschäft die Basis des milliardenschweren Fußballgewerbes ist. Daher hat die Uefa Anfang Mai US-Fachanwälte mit der Prüfung und Einleitung einer Klage beauftragt.

Dass nun juristische Schritte erfolgen, dürfte Infantino nicht ins Konzept passen. Dem umstrittenen Fifa-Boss laufen die Sponsoren in der westlichen Welt davon, bei der WM zierten überwiegend Firmen aus Russland, China und der Golfregion die Werbebanden. Beim Wahlkongress im Juni 2019 will der Schweizer seinen Fifa-Thron verteidigen, dafür braucht er solvente Geschäftspartner, die frisches Geld in die Verbandskassen spülen. Mit offenkundig saudischen Hinterleuten hatte Infantino seinem Fifa-Rat jüngst eine 25-Milliarden-Dollar-Offerte für zwei neue Turnierformate auf den Tisch geworfen. Die Investoren hinter diesem Versuch, mit sanfter Gewalt anonymes Geld in den Weltfußball zu schleusen, wollte er nicht preisgeben. Das war selbst den Fifa-Räten zu obskur. Der Vorstoß wurde abgeschmettert. Aufgegeben hat der Autokrat an der Fifa-Spitze sein Milliardenprojekt damit nicht.

Wie fest der mit dem saudischen Königshaus Ende 2017 geschlossene Bund ist, hat die Fifa auch im Umgang mit den raubkopierten WM-Bildern verraten: Während sie bei der WM jeden Kleinstverstoß gegen Marketingrichtlinien mit gewaltigen Geldstrafen belegte, hat sie für die Raubzüge des aus Riad gesteuerten Piratensenders Beout-Q nur fromme Kritik und vage Ankündigungen parat.

Weil die Allianz der Boykotteure am Golf auch Katars WM 2022 torpedieren will, gerät das Emirat nun in den Würgegriff von Riad und Fifa. Die beiden Parteien wollen das Turnier von 32 auf 48 Teams aufpumpen, eine solche neue Dimension würde zur Auslagerung von WM-Spielen und -Quartieren in feindliche Nachbarländer führen. Offiziell beantragt hat die Aufblähung Alejandro Dominguez, Infantinos enger Getreuer an der Spitze des nur zehn Länder starken Südamerika-Verbandes Conmebol. Dass Dominguez, dessen Name Ende 2017 in den New Yorker Fifa-Korruptionsprozessen gefallen ist, bei dieser großangelegten Rochade aber nur den Büchsenspanner spielt, ist branchenbekannt.

Am Wochenende hat im katarischen Sender Al Jazeera, zu dem auch BeIn Sports gehört, Nasser al-Khater Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Allerdings nur formal und erkennbar gallig. Der Vize-Generalsekretär der WM-2022-Organisation erklärte: "Conmebol hat warum auch immer diesen Vorschlag gemacht, sie scheinen das für vorteilhaft für den Südamerika-Verband zu halten." Er sei aber "nicht frustriert", sagte al-Khater, jetzt müsse ja erst einmal eine Machbarkeitsstudie gefertigt werden - und "wir sind froh, dass die Fifa entschieden hat abzuwarten, bis diese Studie erstellt ist". Im Übrigen liefen die WM-Vorbereitungen weiter nur auf ein Turnier mit 32 Teams hinaus.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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