TV-Rechte:Die Raubkopien nehmen zu

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Das Problem schien schon gelöst. Doch jetzt zeigt sich, dass ein Piratensender aus Riad wohl weitere Rechteinhaber weltweit abzapft. Nach der Weltmeisterschaft droht eine Klagewelle.

Von Thomas Kistner

Die WM 2018 in Russland läuft, das Turnier 2026 wurde an USA/Kanada/Mexiko vergeben - jetzt beginnt das Ringen um die WM 2022. Zwar wurde die längst an Katar vergeben, doch für viele Kräfte im Weltfußball ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Schon gar nicht für zwei mächtige Nachbarn Katars: Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie orchestrieren einen Boykott gegen den Wüstenstaat, ein Kernziel dieser Blockade ist es, Katar die WM abspenstig zu machen.

Das Zerwürfnis der sportlich bedeutungslosen Golfländer, die aber wirtschaftlich zu den Global Playern zählen, strahlt seit dem Eröffnungsspiel auf die WM ab. Katars TV-Sender beIN Sports hat die WM-Rechte für Nordafrika und den Mittleren Osten erworben, doch in Boykottländern werden die WM-Bilder nun illegal übertragen - von einem Piratensender, der das raubkopierte Rechtematerial von BeIN schon seit Herbst 2017 ausstrahlt: Champions League, Premier League und andere Ligen. Der Rechte-Dieb trägt den beziehungsreichen Namen BeoutQ und operiert über den Satelliten "Arabsat" in Riad. Seit Monaten betätigt beIN alle Hebel, um seine teuren Rechte zu schützen, der europäische Verband Uefa hat schon im Mai amerikanische Fachanwälte an den Fall gesetzt.

Nach der 0:5-Pleite im Eröffnungsspiel gegen Russland beschwerten sich saudische Offizielle über Aussagen in der zugehörigen beIn-Sendung, sie drohten mit Klage. Gerügt wurde ein Dutzend Aussagen, bis in die Expertenrunde. Derweil versucht Katar fieberhaft, die Verschlüsselung der WM-Bilder technisch zu verfeinern.

Das scheint möglicherweise gelungen zu sein. Zu Wochenbeginn wurden erneut Piraterie-Vorwürfe gegen BeoutQ laut - allerdings aus ganz anderen Teilen der Welt. Telemundo, der spanischsprachige Ableger des US-Senders NBC Universal, sowie der britische Sender Eleven Sports Network beklagen nun ebenfalls den Diebstahl ihrer Exklusiv-Rechte. Telemundo teilte am Montag über die Nachrichtenagentur Bloomberg mit, dass BeoutQ seine Live-Übertragungen abzapfe und über den saudischen Satellitensender ausstrahle. "Wir nehmen Verletzungen des geistigen Eigentums ernst", erklärte NBC Universal; man kooperiere mit der Fifa, um die eigenen Rechte zu schützen. NBC Universal hat dem Weltverband für die WM-Rechte 2018 und 2022 im spanischsprachigen US-Gebiet 600 Millionen Dollar bezahlt.

Damit spitzt sich das Problem um die Raubkopierer zu. Es wird allmählich gefährlich für Fifa-Boss Gianni Infantino. Dessen große Nähe zu Saudi-Arabien und dortigen Investoren ist längst ein Dauerthema im Weltfußball, bis auf fromme Bekenntnisse - die Fifa teilte Freitag mit, sie prüfe alle Optionen, um solche Vergehen zu unterbinden - ist bisher nichts passiert. Konnte im Streitfall mit beIN Sports noch der regionale Handelsboykott angeführt werden, zeigt die Causa Telemundo, dass sich nun jeder Fifa-Rechtehalter fragen sollte, ob ihn der Weltverband vor Piraterie - sobald sportpolitische Interessen der Fifa berührt werden. Denn BeoutQ in Riad ist kein Desperado-Sender, sondern ganz offenkundig staatlich gestützt.

Bestohlen sieht sich auch Eleven Sports. Der in London ansässige Sender hat Rechte an Premier League und anderen Großevents und will alle Maßnahmen zu seinem Schutz ergreifen. Nach der WM droht eine Klagewelle. Und dann muss sich zeigen, wo die Fifa wirklich steht. .

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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