Turn-WM:Bloß nichts riskieren!

Die Strategie für das Teamfinale: Nach dem dritten Platz in der Qualifikation soll bei den deutschen Herren niemand aus übertriebenem Ehrgeiz vom Pferd fallen.

Volker Kreisl

So ein dritter Platz in der Qualifikation sieht hervorragend aus. Davor liegen nur die als unschlagbar erscheinenden Chinesen und Japaner, aber den Rest der Welt führen die deutschen Turner jetzt an. Wie tief die Befriedigung über dieses Ergebnis saß, war nach dem Wettkampf in den Gesichtern abzulesen, aber irgendwann stellte sich die Frage, was sie jetzt eigentlich konkret anfangen mit diesem dritten Platz. Seit Donnerstagmorgen ist er ja wieder getilgt aus allen aktuellen Listen, denn mit dem Mannschaftsfinale der besten Acht beginnt alles von vorne, Noten aus der Qualifikation werden nicht berücksichtigt. Dennoch weigerten sich beim DTB alle, auf der Höhe des Erfolges tiefzustapeln: Platz drei wird als Chance begriffen, als Medaillenchance.

Turn-WM: Fabian Hambüchen: keine Fehler machen.

Fabian Hambüchen: keine Fehler machen.

(Foto: Foto: dpa)

Alle sind im Geiste jenes Gedankenspiel durchgegangen, das Trainer Wolfgang Hambüchen später listig formulierte. Zwischen Chinesen und Japanern besteht eine große Rivalität, zudem eine Erfolgstradition. In China sind Turner wie Mehrkampfweltmeister Yang Wei Sporthelden, in Japan, dessen Riege vom WM-Zweiten 2006, Hiroyuki Tomita, angeführt wird, ist es ähnlich: "Nicht Platz zwei zählt, nicht drei, nicht vier, nicht fünf - nur Platz eins'', sagt Wolfgang Hambüchen, der als Student längere Zeit in Japan verbracht hatte.

Die Deutschen wollen nun von einer besonders unerbittlichen Auseinandersetzung profitieren, beiden Rivalen geht es um das Prestige vor den Spielen in Peking. Die Chinesen beginnen den Mannschaftswettkampf an den Ringen, einer sehr berechenbaren Übung, und da haben sie ihre Kraftteile derart stark verbessert, dass sie, so schätzt Hambüchen, mit gut 1,5 Punkten in Führung gehen werden - vielleicht werde der Druck auf die Japaner daraufhin zu groß. Die müssten bei den Flugelementen antworten, gut möglich sei es, dass einer in seinem Ehrgeiz vom Gerät fliegt. "Das ist unser trojanisches Pferd'', sagt Hambüchen. Jeder Patzer der Favoriten könnte helfen.

Für die Riege des DTB gilt die umgekehrte Strategie. Sie dürfen nichts riskieren, im Grunde müssen sie nur ihren konzentrierten Einsatz vom Dienstag wiederholen. Ein Beispiel dafür war Philipp Boy, der als Zehnter ins Mehrkampffinale einzog, und einen ungewöhnlich konstanten Wettkampf zeigte. "Ich könnte die Schwierigkeiten an einigen Geräten aufstocken, aber das werde ich nicht tun'', sagte Boy. Im Mannschafts- wie im Mehrkampffinale will er fortsetzen, was er angefangen hatte: "Möglichst wenig Fehler machen.''

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