TSV 1860: Pacult über Wildmoser:"Er war eine starke, barocke Figur"

Peter Pacult, einst Spieler und Trainer beim TSV 1860 München, über die Präsenz, die Tricks und das Erbe des gestorbenen Ex-Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser.

Interview: Gerald Kleffmann

Achtung, hieß es: Peter Pacult sei generell nicht so sehr erpicht darauf, Interviews zu geben. Also: erst einmal eine SMS, zum Herantasten. Und siehe! Nur wenige Sekunden später ruft er schon zurück. Es ist Pacult - das wird schnell klar - eine Herzensangelegenheit, über den verstorbenen früheren Löwen-Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser zu reden, den er aus seiner Zeit als 1860-Spieler und -Trainer bestens kennt. Bei den Sechzigern ist der Österreicher Pacult ein Held, er schoss die Löwen 1994 in die erste Liga. Inzwischen trainiert er Rapid Wien.

TSV 1860: Pacult über Wildmoser: Karl-Heinz Wildmoser (l.) mit seinem Sohn (2. v. r.) und Peter Pacult (r.) 2002 auf dem Oktoberfest.

Karl-Heinz Wildmoser (l.) mit seinem Sohn (2. v. r.) und Peter Pacult (r.) 2002 auf dem Oktoberfest. 

SZ: Herr Pacult, wie sehr hat Sie der Tod Karl-Heinz Wildmosers getroffen?

Pacult: Wir sind ja gerade hier in Sofia, wir treten in der Europa-League-Qualifikation an. Am Mittwochnachmittag hat mir die Fanbeauftragte vom Tod berichtet. Ich war schockiert. Vor allem auch deshalb, weil man ja erst noch das Foto in den Zeitungen gesehen hat, auf dem er beide Daumen nach oben zeigt und andeutet: alles in Ordnung! Sein Tod macht mich traurig.

SZ: Sie kannten sich gut, tauchen jetzt wieder Momente von früher im Kopf auf?

Pacult: Selbstverständlich. Gerade als ich die Bilder bei n-tv im Fernsehen gesehen habe, habe ich gleich an unsere Zeit gedacht. Wir sind einen langen Weg zusammen gegangen. Und es hat auch eine Zeit gegeben, in der ich sehr eng mit ihm war - befreundet wäre vielleicht zu viel gesagt, er war ja immer auch der Präsident. Aber wir haben uns gut verstanden.

SZ: Wie haben Sie Wildmoser erlebt?

Pacult: Ich weiß noch, wie ich ihm das erste Mal begegnet bin. Ich hatte ein kurzes Telefonat mit ihm, bevor ich zu Sechzig gekommen bin, dann haben wir uns getroffen. Wildmoser war eine unglaubliche Erscheinung. Er kam mit Lederhose und trug damals noch diesen prächtigen Schnauzbart. Er war ein richtiges bayerisches Mannsbild, stark, selbstbewusst, eine irre Präsenz. Das hat mir imponiert. Jeder Mensch hat seine Ecken und Kanten, aber was Wildmoser bei 1860 sportlich erreicht hat, ist aller Ehren wert.

SZ: Wildmoser war aber auch ein durchtriebener Geschäftsmann, oder?

Pacult: Natürlich, aber nur so kann man Erfolge feiern, die Gastronomie und der Profifußball sind ja keine einfachen Branchen. Dort muss man mal unpopuläre Entscheidungen treffen. Ich glaube auch nicht, dass die heutigen reichen Leute nur durch braves Arbeiten zu ihrem Geld gekommen sind. Du musst schon Wege und Tricks finden, um erfolgreich zu sein. Das hat Wildmoser gekonnt. Er war sehr konsequent, in seinem Beruf und als Präsident. Man sieht das ja jetzt: Seitdem er nicht mehr Präsident ist, kommt Sechzig nicht mehr zur Ruhe.

SZ: Sie klingen, als hätten Sie viel gelernt von Wildmoser.

Pacult: Ja, absolut. Er hat es vorgelebt: Man darf sich nie von seinem Weg abbringen lassen, und auf diesem Weg gehört es auch dazu, dass es nicht immer mit Streicheleinheiten geht. Das ist ganz klar. Diese Haltung habe ich in mein Berufsleben mitnehmen können.

"Du Trottel"

SZ: Sind Sie dann nie mit ihm aneinander geraten?

Pacult: Natürlich hatten wir auch mal die eine oder andere Auseinandersetzung, vor allem in den zwei Jahren, als ich Cheftrainer war. Es war immer in dem Sinn: Er ist der Boss, der Arbeitgeber. Aber er hat meine Meinung auch gelten lassen. Und er hat trotz allem immer versucht, mit seinen Aussagen zu helfen.

SZ: Können Sie sich an eine typische Wildmoser-Szene erinnern?

Pacult: Ich habe das immer wieder in Erinnerung, wie wir in Meppen aufgestiegen sind. Wir saßen dann im Bus nebeneinander, und ich sagte spaßeshalber zu ihm: "Na, Präse, dein Plan, dass wir in drei Jahren aufsteigen, ist ja nicht ganz aufgegangen. Jetzt sind wir gleich im ersten Jahr aufgestiegen." Da hat er mir auf den Schädel gehaut und gesagt: "Du Trottel." Er hat das natürlich nett gemeint, es war halt seine typische Art.

SZ: Was bedeutet jetzt der Tod Wildmosers für 1860?

Pacult: Damit endet ein wichtiges Kapitel der Vereinsgeschichte, auch wenn er seit 2004 nicht mehr bei 1860 war. Dieser Präsident geht absolut in die Geschichte dieses Vereins ein, er war ein Original, ein Macher. Und er repräsentierte auch einen Typ, den es immer seltener in München gibt, er war eine starke, barocke Figur. Es wurde viel auf ihn eingedroschen, aber viele vergessen, dass Wildmoser auch viel für den Verein getan hat.

SZ: Am kommenden Mittwoch findet um 15 Uhr auf dem Waldfriedhof die Trauerfeier statt - werden Sie kommen?

Pacult: Wir haben ja noch am Dienstag das Europapokalrückspiel gegen PFC Beroe Stara Zagora. Danach werde ich selbstverständlich nach München kommen. Das ist mir wichtig.

SZ: Wie sehr verfolgen Sie noch das Geschehen bei 1860?

Pacult: Ich interessiere mich natürlich für die Löwen. Die Situation ist nicht einfach, es gibt viele Probleme im Verein, aber herumzujammern, hilft jetzt nicht. Jetzt muss gute Arbeit gemacht werden. Ich hoffe, dass Reiner Maurer als Trainer Ruhe hineinbringt.

SZ: Sie galten ja auch kürzlich als Trainerkandidat für 1860, nachdem Ewald Lienen gegangen war. Schließen Sie aus, dass Sie nochmal zu den Löwen gehen?

Pacult: Im Fußball gibt's kein "Nie". Im Fußball ist alles möglich.

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