TSV 1860 München:"Vorne nichts, hinten nichts"

Fussball 2. Bundesliga / TSV 1860 Muenchen-Fortuna Duesseldorf

Der Anfang vom alten Lied: Rouwen Hennings (links) trifft zum 1:0 für Fortuna Düsseldorf, Münchens Verteidiger Maxi Wittek und Torwart Jan Zimmermann sehen dem Ball entsetzt hinterher.

(Foto: Frank Hoermann/Sven Simon)

Ein Punkt aus fünf Spielen. Die jüngste Negativserie des TSV 1860 München geht noch weiter. Beim 1:3 gegen Düsseldorf sorgt vor allem die erste Hälfte für großen Unmut.

Von Philipp Schneider

Zu den Dingen, die Thomas Eichin lernen musste in den 16 Wochen seit seinem Amtsantritt als Sportchef in München, gehört neben der Gewissheit, dass es sich beim TSV 1860 um den kompliziertesten Verein der Welt handelt, vermutlich auch die Erkenntnis, dass er der Fußballklub mit den weitesten Wegen ist. 4563 Kilometer Luftlinie trennen die Grünwalder Straße vom Firmensitz des nicht immer zuverlässig erreichbaren Klub-Investors Hasan Ismaik in Abu Dhabi, der seit der Präsidentschaft von Peter Cassalette der wichtigste Entscheider ist.

Als Eichin am Sonntag nach dem 1:3 (0:3) gegen Fortuna Düsseldorf vor die Journalisten trat und angesichts einer Ausbeute von nur einem Punkt aus fünf Spielen nach der Zukunft von Trainer Kosta Runjaic gefragt wurde, sagte er: "Es gibt einen Trend hier bei uns." Allein, was bedeutet bei Sechzig wir und was bedeutet hier? "Wir müssen sehen, dass wir gemeinsam die Fehler abstellen", ergänzte Eichin. Es sei auch so: In einer Krisensituation spreche er, Eichin, grundsätzlich nicht über den Trainer, denn: "Wenn ich sage hundertprozentig, dann kommt die nächste Frage: bis Saisonende? Bis Freitag?"

Am Freitag steht das nächste Spiel an für 1860 - auswärts beim VfB Stuttgart. Eine Begegnung mit einem Bundesligaabsteiger wäre in der Tat keine, die sich ein neuer Trainer wünscht zum Einstand. Und so blieb nach dem trostlosen Spiel gegen die Fortuna nur eine gesicherte Beobachtung: "Das war heute hinten nichts, in der Mitte nichts - und vorne nichts" sagte Eichin. "Die erste Halbzeit war schockierend."

Am wenigstens überraschte noch der Umstand, dass Sechzigs Spiel hinten nichts war. Schließlich war schon am Samstag bekannt geworden, dass Sebastian Boenisch nicht mitspielen würde. Ausgerechnet der erst nach Ablauf der Wechselfrist für Vertragsspieler erworbene Außenverteidiger, der Sechzigs wacklige Innenverteidigung stabilisieren sollte, hatte sich im Training verletzt. Für die Münchner bewahrheitete sich auf düstere Weise eine Prognose von Bayer Leverkusens Sportchef Rudi Völler, der Boenischs auslaufenden Vertrag im Frühjahr nicht verlängert hatte: "Ich bin sicher, dass er den Löwen mit seiner Erfahrung und Abgeklärtheit helfen wird - wenn er denn fit bleibt."

"Es ist sehr mühsam, jedes Mal nach dem Spiel über individuelle Fehler diskutieren zu müssen."

Weil Boenisch nicht fit blieb, änderte Runjaic seine Aufstellung im Vergleich zum 0:2 in Würzburg nur auf einer Position: Der 23-jährige Nico Karger verdrängte Daylon Claasen auf der linken Außenbahn und durfte erstmals von Beginn an spielen. Er blieb unauffällig. Und die einzige gute Gelegenheit für Sechzig vergab Sascha Mölders nach einem Fehlpass von Adam Bodzek - Torwart Michael Rensing klärte mit dem Kopf (20.).

Ansonsten war diese Partie schnell entschieden. 50 Sekunden waren gespielt, da trat Michael Liendl bei einem Pass in den Rasen, verlor den Ball, und es war sein Glück, dass Jan Zimmermann den folgenden Konter über Rouwen Hennings entschärfte. Fünf Minuten später machte der es besser. Eine kluge Spielverlagerung von Marcel Sobottka auf Axel Bellinghausen am linken Flügel hebelte die Ordnung der Münchner derart aus, dass Hennings in der Mitte eine Flanke empfangen konnte - das 1:0 (6.). Die weiteren Gegentore fielen nach individuellen Fehlern: Zunächst riss Karim Matmour nach einem Freistoß und ohne überzeugenden Anlass Robin Bormuth am langen Pfosten um, den fälligen Strafstoß verwandelte Ihlas Bebou (25.). Und vor dem 3:0 umkurvte Marcel Sobottka mit dem Ball am Fuß Bülow und Busch wie Pylonen. "Es ist sehr mühsam, jedes Mal nach dem Spiel über individuelle Fehler diskutieren zu müssen", klagte Liendl. Und Eichin kündigte an, künftig diejenigen Spieler auf den Platz zu schicken "die Fehler vermeiden, die im bezahlten Fußball extremst bestraft werden".

In der Pause reagierte Runjaic, er brachte Rodnei für Bülow in der Innenverteidigung und Victor Andrade für Adlung im Mittelfeld. Ertrag brachten die Änderungen nicht, aber immerhin rollte der Ball nun auch in der Hälfte der Düsseldorfer. Der Brasilianer Andrade, im Sommer auf Leihbasis von Benfica Lissabon gewechselt, sorgte für einigen Wirbel auf dem linken Flügel. Zum Teil war das allerdings auch dem Umstand geschuldet, dass sich von Friedhelm ("Betonfriedl") Funkel trainierte Mannschaften nach Drei-Tore-Führungen traditionell noch mehr nach hinten orientieren als ohnehin. Die ersten Nachlässigkeiten schlichen sich erst in das Spiel der Fortuna, als es für Sechzig zu spät war. Neun Minuten vor Ende rempelte Akpoguma den eingewechselten Mugosa im Strafraum um, er sah Gelb-Rot, den Strafstoß verwandelte Liendl.

Der TSV 1860 steht auf Platz 14, drei Punkte trennen ihn von einem direkten Abstiegsplatz. "Ich weiß, was hier in den letzten Jahren gemacht worden ist, als man auch da unten drin stand", sagte Eichin. "Das hat ja auch nicht viel gebracht."

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